schweitzer schrieb am 01.10.2012 um 13:10:27:Es ist schon seit längerem so, dass Jobcenter Mietkautionen nicht übernehmen müssen. (Der Katalog der einmalig zu gewährenden Leistungen ist seit einigen Jahren abschließend definiert - Mietkautionen gehören nicht dazu.) - Die Praxis ist, dass das Jobcenter Deine Kaution zunächst begleicht, Dir insoweit aber (nur) ein zinsloses Darlehen gewährt, das Du dann in Raten abstottern musst. ...
Die Praxis als solche ist, wie gesagt, nicht zu beanstanden.
§ 22 Abs 6
SGB II regelt, dass Mietkautionen als Darlehen übernommen werden können. Der zum 1.1.2011 neu eingeführte § 42 a
SGB II regelt, dass solche Darlehen anders als bisher mit dem laufenden Regelsatz des Darlehensnehmers zu verrechnen sind und dieser hierzu um 10 % gekürzt werden darf.
Die Darlehensgewährung setzt mE eine Darlehensvereinbarung mit dem Jobcenter, zumindest aber einen an beide Partner gerichteten Bescheid über die Gewährung der Kaution nur als Darlehen voraus.
Rückwirkend eine zunächst vorbehaltlos gewährte Leistung zum "Darlehen" zu erklären ist unzulässig, es bleibt dann bei dem Zuschuss.
Vorliegend wäre im Hinblick auf die Höhe der Kürzung zudem zu prüfen, ob beide Partner Darlehensnehmer sind.
Ggf sollte daher gegen die Kürzung rechtlich vorgegangen werden.
Zudem muss bezweifelt werden, ob die Neuregelung verfassungskonform ist, denn das BVerfG hat festgestellt, dass "Art. 1 Abs. 1
GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1
GG verlangt, dass das Existenzminimum in jedem Fall und zu jeder Zeit sichergestellt sein muss" und: "Der elementare Lebensbedarf eines Menschen kann grundsätzlich nur, er muss aber auch in dem Augenblick befriedigt werden, in dem er entsteht" (aus: AsylbLG-Urteil des BVerfG v. 18.7.2012, Rn 98 und 120, die zitierten Aussagen gelten aber für In- und Ausländer gleichermaßen).
Mit diesen Grundsätzen des BVerfG verträgt sich nicht die Verrechnung einmaliger Beihilfen zur Wohnungsbeschaffung mit dem laufenden Existenzminimumsbedarf.
Der Verfassungsverstoß sollte im Widerspruch ebenfalls geltend gemacht werden, muss aber ggf wohl durch alle Instanzen durchgeklagt werden.
Da
Widerspruch und Klage gegen die Kürzung aufschiebende Wirkung haben, kann durch den Rechtsbehelf erreicht werden, dass die Aufrechnung zunächst nicht durchgeführt wird, bis der Fall abschließend entschieden ist (so ausdrücklich Nomos Kommentar (LPK) zum
SGB II, 4. Auflage 2011, § 42a Rn 19 und § 39 Rn 13).