Muleta schrieb am 04.07.2012 um 16:32:46:oder man argumentiert, dass für unseren tunesischen
TS gar keine Beiträge geleistet werden (für Familienangehörige werden ja keine zusätzlichen Beiträge fällig) und somit die erbrachten Leistungen der
KV für ihn gerade nicht mehr auf Beiträgen beruhen. (m.E. auch nicht richtig, aber es gibt durchaus VG-Richter, die so eine Argumentation mal aufgreifen würden)
Ich hoffe doch nicht... denn es gibt sicher viele tausende von Ausländern in D, deren LU-Sicherung darauf basiert, dass sie bei Ihrem Ehepartner oder ihren Eltern familienversichert ist (z. B. ausländische Stiefkinder von Deutschen) . Nach dieser Argumentation müssten diese nun alle "extra" versichert werden.
Was nun diese Argumentationskette betrifft:
erne schrieb am 04.07.2012 um 16:20:15:ZAKs Argument war, wenn ich es richtig verstanden habe, folgendes:
1. Nabil kann ggf. in die
KV Familienversicherung seines Vaters.
2. die
KV Versicherung seines Vaters wird aber durch das JobCenter finanziert.
3. Wenn Nabil in der KV-Familienversicherung seines Vaters ist, wird eben auch die
KV von Nabil vom Jobcenter und damit öffentlich finanziert (und nicht durch Beitragsleistungen seines Vaters)
4. damit nimmt Nabil über seinen Vater öfftl. Gelder in Anspruch, das widerspricht der Vorgabe für die
LU Sicherung seiner
AE §16
5. aufgrund von 4. kann die
AE §16 abgelehnt werden.
so fallen mir gleich 2 Argumentationen ein.
1. Im Gesetz steht nicht "öffentliche Mittel, die auf eigenen Beitragsleistungen beruhen", oder auch "Beitragsleistungen von Verwandten", sondern nur ganz allgemein "öffentliche Mittel, die auf Beitragsleistungen beruhen". Der Sinn dieser Vorschrift ist eine Abgrenzung zwischen den 2 Systemen sozialer Sicherung:
a) einerseits die Sozialhilfe, Wohngeld etc.; diese steuerfinanzierten Hilfen sollen im Wesentlichen nur den Deutschen zukommen,
b) anderseits die Sozialversicherung; da man von den Ausländern erwartet, dass sie in diese einzahlen, kann man ihnen natürlich nicht anschließend einen Strick daraus ziehen, wenn sie auch etwas rausbekommen.
Es war damit nicht beabsichtigt, dass die
ABH jedesmal feststellen muss, ob der Rente, Krankenversicherung etc. auch entsprechende Beitragszahlungen des Ausländers oder seiner Verwandten gegenüberstehen. Das ist m. E. eine Überinterpretation der Vorschrift.
(Das eigentliche Problem dahinter ist, dass mit der Einführung von ALG2, Grundsicherung etc. die saubere Trennung der Systeme aufgegeben wurde. Früher wurden die Arztrechnungen für die Sozialhilfeempfänger vom Sozialamt bezahlt, da stellte sich die Frage nach der Familienversicherung nicht. Heute sind diese Empfänger per Gesetz in der GKV pflichtversichert, das Amt oder die Arbeitsagentur zahlen den Mindestbeitrag an die Krankenkasse und der Rest wird von der Solidargemeinschaft der gesetzlich Krankenversicherten (auch Ausländern, die selbst kein ALG2 bekommen können) getragen. Ein ziemliches Durcheinander - wer will da noch sagen, wer eigentlich für wen zahlt?)
2. Selbst wenn man 1. anders sieht, bleibt doch immer noch der Wortlaut im Gesetz: "Der Lebensunterhalt eines Ausländers ist gesichert, wenn er ihn einschließlich ausreichenden Krankenversicherungsschutzes ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bestreiten kann. " D. h. Nabil muss nur nachweisen, dass er die 75 Euro monatlich für die Krankenversicherung übrig hat, und schon erfüllt er die Bedingung. Da er aber ausreichenden Krankenversicherungsschutz (§2 Abs. 3 Satz 3 AufenthG) bereits durch seinen Vater hat, kann er mit diesen 75 Euro am Ende etwas anderes machen und muss sie nicht für seine
KV ausgeben. Absurd? Ja - aber das ist das logische Ergebnis, wenn man den Schnitt nicht zwischen die 2 Systemen legt, sondern versucht, innerhalb der GKV Trennlinien zu ziehen.