Angel83 schrieb am 28.02.2011 um 22:48:23:Inwieweit kann man in Tunesien dt. Ehevertragsklauseln (Unterhalt, Versorgungsausgleich usw.) vereinbaren? Diese gibt es ja normalerweise in Tunesien nicht. Und daher frage ich mich, ob ein Notar dort überhaupt was damit anfangen kann?
Aber ich weiß, das dort ein Ehevertrag vor der Hochzeit vorgeschrieben ist und später normalerweise nicht mehr geändert werden kann.
- Damit ein Ehevertrag nach deutschem Recht wirksam ist, muss er vor einem Notar vereinbart werden. Meiner Meinung nach muss es ein deutscher Notar sein. Der Notar ist vorgeschrieben, weil er sicherstellt, dass keiner der Partner über's Ohr gehauen wird und die Partner vor Abschluss des Vertrags über die Folgen aufgeklärt sind. Das kann ein tunesischer Notar gar nicht.
- In D können Eheverträge sowohl vor der Hochzeit als auch nach der Hochzeit geschlossen werden.
- Eheverträge können immer geändert werden, aber nicht einseitig, sondern nur im Einvernehmen. Ich würde mich wundern, wenn das in Tunesien anders wäre.
- Es ist sicher möglich, in den tunesischen Ehevertrag eine Klausel aufzunehmen, dass die Scheidungsfolgen nach deutschem Recht in einem separaten, vor einem deutschen Notar geschlossenen Ehevertrag geregelt werden.
Saxonicus schrieb am 01.03.2011 um 01:12:24:Du kannst im Ehevertrag keinen Unterhalt/Versorgungausgleich vereinbaren und die dann entstehenden Kosten dem Steuerzahler "auf's Auge drücken". Eine solche Vereinbarung wäre nicht anwendbar.
Nur mal so am Rande, das stimmt in dieser Absolutheit nicht.
Richtig ist:
- Regelungen im Ehevertrag, bei denen zum Zeitpunkt, an dem der Ehevertrag geschlossen wird, vorhersehbar ist, dass sie im Falle einer Scheidung zur Bedürftigkeit eines Partners führen, sind unwirksam.
- Regelungen im Ehevertrag, bei denen im Zeitpunkt der Scheidung vorhersehbar ist, dass sie zur Bedürftigkeit eines Partners führen, sind in der Regel nicht anwendbar.
Jedoch, falls keine von beiden Bedingungen erfüllt sind, sind die entsprechenden Regelungen im Ehevertrag durchaus anwendbar, auch dann, wenn zu einem späteren Zeitpunkt Bedürftigkeit eintritt und diese Bedürftigkeit ohne Ehevertrag durch entsprechende Unterhaltszahlungen vermieden werden könnte.
Ein Beispiel zur Verdeutlichung.
A und B heiraten. Beide verdienen sehr gut, aber doch unterschiedlich (sagen wir A verdient 8000 Euro netto im Monat und B hat 4000 Euro netto im Monat; keine Kinder).
Möglichkeit 1:
Kein Ehevertrag. Dann kann B von A nach einer Scheidung Aufstockungsunterhalt (§1573 BGB; ca. 3000 Euro im Monat) verlangen. Nehmen wir an, 5 Jahre nach der Scheidung wird B auf einmal schwer krank und kann nicht mehr arbeiten. Dann kann B von A Unterhalt wegen Krankheit verlangen. §1572 BGB:
Ein geschiedener Ehegatte kann von dem anderen Unterhalt verlangen, solange und soweit von ihm vom Zeitpunkt
1. der Scheidung,
2. der Beendigung der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes,
3. der Beendigung der Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung oder
4. des Wegfalls der Voraussetzungen für einen Unterhaltsanspruch nach § 1573
an wegen Krankheit oder anderer Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann.
Nr. 2, 3, 4 nennt man "Anschlusstatbestände". Unterhalt wegen Krankheit kann bei weit zurückliegender Scheidung nur verlangt werden, wenn vorher ein Unterhaltsanspruch aus einem anderen Grund bestand.
In diesem Fall bleibt das Sozialamt außen vor. A muss B unterhalten, falls der Bedarf von B aus irgendwelchen Gründen über das übliche Maß hinaus erhöht ist, notfalls bis zum Selbstbehalt. Kommt B z. B. in ein Pflegeheim, was 5000 Euro im Monat kostet (nach Abzug der Pflegeversicherung), dann muss A auch dafür aufkommen.
Möglichkeit Nr. 2:
A und B schließen zu Beginn der Ehe einen Ehevertrag, in dem sie wechselseitig Unterhaltsansprüche, auch "in Zeiten der Not", für den Fall einer Ehescheidung ausschließen. Offenkundig ist eine solche Klausel weder zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch zum Zeitpunkt der Scheidung in irgendeiner Weise "sittenwidrig", da beide Ehepartner sich selbst versorgen können. Wird nun B 5 Jahre nach der Scheidung plötzlich schwer krank, so kann B vom Sozialamt nicht darauf verwiesen werden, vom Ex-Ehepartner Unterhalt zu verlangen. Denn mangels Anschlusstatbestand besteht gar kein Unterhaltsanspruch mehr!
Im Ergebnis führt der Ehevertrag also dazu, dass der Staat zahlen muss. Im Falle eines Falles auch die 5000 Euro für ein Pflegeheim.
(Was ich persönlich auch völlig OK finde, denn die schwere Krankheit und die daraus resultierende Bedürftigkeit steht in keinem Zusammenhang mit der Ehe. Warum soll A lebenslang für B haften, nur weil die beiden mal verheiratet waren.)