Zunächst mal bin
ich ganz persönlich der Meinung, daß der § 39
AufenthV hier mißbraucht würde.
Er wird zwar in solchen Fällen gern zur Rechtfertigung benutzt, warum ein Ehepartner nun doch nicht seinen Antrag im Heimatland stellen muß, aber das führt zu ... nein, das erst ein paar Sätze weiter.
Erst die formale Begründung meiner Meinung:
Ein Schengenvisum ist ein Visum für Kurzaufenthalte. Das darf schon deswegen nicht zur Einreise zum Daueraufenthalt benutzt werden, weil der Antragsteller sich in seinem Antrag verpflichtet, vor Ablauf der Visumgültigkeit auszureisen.
Das ist das Gemeinsame bei allen Schengen-Visa - auch bei Fünfjahresvisa.
Bei einem Visum zur einfachen Einreise kommen dann auch noch falsche Angaben im Visumverfahren hinzu - wer heiraten und in Deutschland bleiben will, schreibt das nicht in einen Schengen-Antrag. Der würde abgelehnt wegen fehlender Rückkehrbereitschaft.
Die Nutzung eines solchen Visums ist bereits bei der Einreise eine Straftat nach § 95
AufenthG.
Bei buchstabengetreuer Auslegung der
AufenthV "sofern die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach der Einreise entstanden sind" müßte bei Eheschließung in Deutschland niemals vorab ein Antragsverfahren zum Daueraufenthalt durchlaufen werden - der Anspruch entsteht erst mit der Heirat, also in Deutschland, also nach der Einreise.
Mit anderen Worten: Eine Verordnung von Bundesregierung und Bundesministerium des Innern setzt das vom Bundestag beschlossene und vom Bundespräsidenten unterzeichnete Aufenthaltsgesetz für eine konkrete Anwendung außer Kraft?
Wozu machen sich dann Bundestag und Bundespräsident überhaupt die Mühe?
Die
AufenthV ist dem
AufenthG nachrangig!
Ich weiß auch, daß es sogar schon Gerichtsurteile gibt, die eine andere Auffassung vertreten - das hindert mich aber nicht, bei meiner Meinung zu bleiben.
WEIL:
Würde das meiner Meinung entsprechend konsequent durchgesetzt, entfiele ein für mein Empfinden
absolut unwürdiger Zustand:
Da kommt eine junge Frau daher und will mit einem jungen Mann probieren zusammenzuleben.
Ja und?
Das passiert fast überall in der Welt dauernd - sollen sie doch!
Geht das jetzt aber über Landesgrenzen, stellt sie einen Visumantrag für drei Monate, weil der junge Mann in Deutschland lebt und sie im Drittland, dann ist die Auslandsvertretung
gezwungen, fehlende Rückkehrbereitschaft festzustellen und den Visumantrag abzulehnen.
Das wäre sie nicht, wenn das übliche Antragsverfahren auch von den
ABH nicht umgangen würde.
Das führt zum gegenwärtigen Zustand, führt dazu,
daß die Ehrlichen die Dummen sind, die Lügner (die ihre wahren Ansichten im Visumverfahren verschweigen und stattdessen etwas anderes hinschreiben - ist das keine Lüge?) aber dann in Einzelfällen das Antragsverfahren umgehen können und erfolgreich sind.
Ich zitiere hier aus dem Gedächtnis ein Gerichtsurteil, das ich jüngst las:
"Das Verschweigen des wahren Reiseziels im Visumverfahren ist vor dem Hintergrund des grundgesetzlichen Schutzes von Ehe und Familie weniger streng zu bewerten und kann nicht als Begründung für das Versagen einer
AE dienen."
Das ist ein Schlag ins Gesicht für alle die, die ihre Absichten offen und ehrlich sagen/schreiben (wollen) oder das mal getan haben und dadurch dann Schwierigkeiten in den Auslandsvertretungen haben/hatten.
Es ist eine offene Aufforderung, die Auslandsvertretungen mit falschen Angaben zu täuschen und so Visa zu erhalten, die es bei wahren Angaben nicht gäbe. Und das von einem deutschen Gericht.
Ich selbst gehöre zu denen, die die "kleine Lüge" vor einer Behörde ablehnen. Einmal mußte ich deswegen schon vor Gericht erkämpfen, worauf meine Frau einen Anspruch hatte - sie hat es bekommen. Und viele Bekannte mit absolut ähnlichen Situationen nutzten die "kleine Lüge" und bekamen sofort und problemlos, was sie wollten. Die haben mich ausgelacht.
Trotzdem bleibt das auch weiterhin mein Weg.
Ende meines Seelenschmalzes zum Thema.
Jetzt haut mich nicht für meine Meinung, die ändert sich dadurch auch nicht.
Mir wäre es lieber, mich mit der erwähnten jungen Frau in Ruhe unterhalten und im Brustton der Überzeugung sagen zu können: "Das Visum können Sie schon bekommen, sie können sogar heiraten während Ihres Aufenthaltes. Aber gleich dableiben - keine Chance!"
Dann soll sie doch drei Monate "Ehe auf Probe" führen.
Dann wäre ein würdevoller Umgang mit den Antragstellern möglich, die tatsächlich ohne Antragsverfahren-Umgehungsgedanken etwas wollen, was es im Moment nicht geben kann.Argumente, wie § 39
AufenthV hier vielleicht "ins Boot geholt" werden könnte, gibt es aber von mir nicht.
Fakt ist:
Die
ABH Stuttgart verlangt die Einhaltung des üblichen Antragsverfahrens.
Also muß das so sein, die werden sich - vermute ich mal - auf keine Anwendung des § 39
AufenthV einlassen.
Hat Deine Frau Deinen Namen angenommen, wird sie in RUS erst ihren Inlands- und danach ihren Reisepaß neu beantragen müssen. Das dauert erfahrungsgemäß etwa zwei Monate.
Wichtig ist, daß die deutsche Heiratsurkunde apostilliert sein muß.
Danach dann das Antragsverfahren in der für den Wohnort zuständigen Auslandsvertretung. Das dauert dann nochmal etwa vier Wochen + Bearbeitungszeit in der
ABH.