Hallo Bayraqiano, danke für deine Ansicht.
Zitat:Das ganze könnte man auf viele Weisen interpretieren. Etwa den Halbsatz in dem Erwägungsgrund Nr. 7 in der dt. Fassung "damit sie keine Last für den betreffenden Mitgliedstaat werden" kann schon wegen der gewählten Zeitform schließen lassen, dass der Mitgliedsstaat prüfen kann, ob der Antragsteller auf Dauer in der Lage ist ausreichende Einkünfte zu erzielen.
Wenn man sich den Halbsatz betrachtet, dann bezieht es sich auf die Einkünfte und auf die Krankenversicherung. Vergleichbar mit den Regelungen der Unionsfreizügigkeit. Wie lässt sich erklären, dass die steuerlichen Verpflichtungen im gleichen Satz mit den Beiträgen zu den Alterssicherungssystem genannt werden? Der VGH BW meint:
Zitat:Auch der Umstand, dass sich der Vorschlag Deutschlands in den Richtlinien-Beratungen nicht durchsetzen konnte, 60 Beitragsmonate in der gesetzlichen Rentenversicherung als zwingende Voraussetzung eines Daueraufenthaltsrechts zu normieren (vgl. Renner/Dienelt, AuslR, 9. Aufl. 2011, § 9a
AufenthG Rn. 37 m.w.N.), führt schließlich nicht zu einer anderen Auslegung von Art. 5 Abs. 1 lit. a der Richtlinie. Hieraus kann vielmehr gefolgert werden, dass die Richtlinie es dem Drittstaatsangehörigen frei stellt, seine gesicherte Altersversorgung etwa auch durch eine private Rentenversicherung, durch Rentenanwartschaften im Ausland oder sonstige
feste
Vermögenswerte nachzuweisen.
Nochmal: Steuerliche Verpflichtungen und Beiträge zu den Alterssicherungssystemen im gleichen Satz? Da drängt sich doch direkt auf, dass nur die staatlichen Alterssicherungssysteme gemeint sein können.
dim4ik schrieb am 20.11.2016 um 23:39:21:Wolltest Du damit sagen, dass man durch die Präzisierung der Definition von festen und regelmäßigen Einküften in § 9c keine weiteren als die in § 9a aufgezählten Voraussetzungen hinzufügen dürfte, auch wenn es hier um die "bloße" Aufschlüsselung eines (unbestimmten?) Rechtsbegriffs geht?
Kann man so sagen.
dim4ik schrieb am 20.11.2016 um 23:39:21:Wie soll man hier die Wörter "in der Regel" verstehen? Heißt das, dass es (Einzel-)Fälle geben kann, wo trotz der Erfüllung aller in § 9c aufgezählten Voraussetzungen keine feste und regelmäßige Einkünfte vorliegen?
Gute Frage. Dann müsste man die Ausnahme suchen. Wenn man beispielsweise in eine deutschen Rente bezieht, dann hat man ein Einkommen. Jedoch zahlt man davon keine Rentenbeiträge.
So wie es aber angeblich vom deutschen Gesetzgeber vorgesehen sein soll, geht es darum, dass der Ausländer irgendwann auch in Rente geht und dann potentiell Sozialhilfebezieher sein könnte. Darum soll der Ausländer bitteschön auch für seine Rente vorsorgen.
Nur gibt es da mehrere Probleme (in Anknüpfung an Bayraqiano):
1. Was ist denn angemessene Altersvorsorge? Die deutsche Rente wird selbst vom deutschen Staat nicht mehr als die einzige ausreichende Altervorsorge angesehen. Der Durchschnittsbürger soll ja u.a. in Rührup- und Riester-Rente investieren bzw. zahlen Kinder ihren Eltern auch Unterhalt.
2. Warum soll denn ausgerechnet durch 60 Beiträge in die Deutschen Rente eine angemessene Altersvorsorge vorliegen?
3. Erwägung Nr. 9 der Richtlinie besagt:
Zitat:(9) Wirtschaftliche Erwägungen sollten nicht als Grund
dafür herangezogen werden, die Zuerkennung der
Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten
zu versagen, und dürfen nicht so aufgefasst werden, dass
sie die entsprechenden Bedingungen berühren.
Angemessene Altersvorsorge kann also nicht als Ablehnungsgrund dienen, da es ja dann offensichtlich wirtschaftliche Erwägungen sind, die DA-EU zu verweigern. So auch Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht,
AufenthG § 9c Lebensunterhalt Rn. 7.
dim4ik schrieb am 20.11.2016 um 23:39:21:Sprich, das Urteil des VGH BW war doch europarechtkonform? Nach dem Motto: alles, was der
ABH von der Richtlinie 2003/109 nicht explizit verboten ist, von den Ausländern für die Erteilung einer EzDA-EU an Unterlagen/Nachweisen zu fordern, ist erlaubt.
Die Richtlinie darf nicht mit weiteren Erschwernissen für den Ausländer ins nationale Gesetz umgesetzt werden. D.h. weitere Erschwernisse sind nicht erlaubt. Wenn die nationale Gesetzgebung aber Erleichterungen abweichend der Richtlinie für den Ausländer vorsieht, dann ist das erlaubt.
dim4ik schrieb am 20.11.2016 um 23:39:21:Kann man mit der Frage vor EuGH ziehen, was meinst Du?
Denke schon. Aber schau dir das Urteil vom VGH BW an. Die Argumente die ich dir hier geschrieben habe, sind vom Kläger beim VGH BW angeführt worden. Aber was hat das VGH BW gemacht?
Zitat:Nach alledem sieht der Senat keine Veranlassung, die Frage der Auslegung von Art. 5 Abs. 1 lit. a der Daueraufenthalts-Richtlinie 2003/109/EG im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 267 AEUV dem Gerichtshof der Europäischen Union vorzulegen. Für den Senat ist - gerade auch im Hinblick auf den insoweit hinreichend eindeutigen Erwägungsgrund Nr. 7 - die Antwort klar (
acte clair
i.S.v. EuGH, Urteil vom 06.10.1982, Rs. 283/81 ), dass es die Richtlinie den Mitgliedstaaten nicht verbietet, im Rahmen der nachzuweisenden festen und regelmäßigen Einkünfte auch zumindest geringfügige Rentenanwartschaften zu fordern.
Das VGH BW hat also alles wegargumentiert und auch die Vorlage ans EuGH verweigert. Wenn man es in einem anderen Bundesland als Baden-Württemberg macht, hat man ggf. die Chance dass es dem EuGH vorgelegt wird. Wenn überhaupt.