Liebes Forum,
es geht um die Frage des Nichteintritts der neuen Versicherungspflicht "für Unversicherte" bei Ausländern, die eine befristete
AE besitzen.
Ähnliche Fragen wurden hier ja schon ein paar Mal angesprochen, aber zu unserem konkreten Fall, in dem wir zwischen allen Stühlen zu sitzen scheinen, und würde gern die ein oder andere Einschätzung von Euch bekommen.
Insbesondere habe ich jetzt einen Bescheid von der KK bekommen, der mich einigermaßen ratlos macht.
Ich entschuldige mich vorab für das überlange Posting, aber ich finde einfach keinen Weg, diesen etwas komplizierten Fall in geraffterer Form zu referieren, ohne dass es unverständlich wird.
1. AufenthaltsstatusMeine Frau C. kommt aus Chile und lebt mit ihrem heute 6-jährigen Sohn Pipe seit verg. April bei mir. Zunächst waren die beiden nur als Besucher in Deutschland, nach unserer Heirat im Juni erhielten sie zunächst eine Fiktionsbescheinigung und nach bestandenem
A1 (Deutsch-Test) meiner Frau im Dezember 2009 nun eine Aufenthaltserlaubnis, die zunächst für genau ein Jahr befristet ist. Sie wird anschließend natürlich problemlos verlängert, soweit wir weiter verheiratet bleiben. Der Aufenthalt ist
naturgemäß auf Dauer angelegt.
Für den Kleinen (AE gem. § 32 Abs. 3
AufenthG - Kindernachzug zur ausländischen Mutter) habe ich mich gegenüber der Ausländerbehörde in der Verpflichtungserklärung u. a. dazu verpflichten müssen,
für ausreichenden Krankenversicherungsschutz zu sorgen. Für meine Frau brauchte ich keine solche
VE abzugeben, da sie im Rahmen des Familiennachzugs zum deutschen Ehegatten (AE gem. § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AufenthG) unabhängig von der Sicherung des Lebensunterhalts ein Aufenthaltsrecht besitzt.
2. KrankenversicherungIch selbst bin schon seit Geburt immer nur privat krankenversichert, arbeite selbstständig und bin noch nie versicherungspflichtig gewesen.
C. und Pipe sind bis jetzt noch über eine Reisekrankenversicherung für Besucher in Deutschland versichert (so gen.
Incoming-Versicherung). Diese Versicherung ist aber grundsätzlich nur für vorübergehende Aufenthalte gedacht und lässt sich längstens ein Jahr lang aufrecht erhalten (also höchstens bis einschließlich kommenden März).
Meine
private KV hat sich geweigert, meine Familie aufzunehmen. Grund ist wohl der, dass Pipe an einer autistischen Störung leidet (fällt unter "seelisch behindert") und die Versicherung das Risiko scheut (obgleich bis auf einige Ausnahmen alles, was an Therapien notwendig ist, ohnehin vom Sozialträger und nicht von der
KV übernommen werden muss, aber seisdrum). Bei C. wurde eine notwendige Zahnersatzbehandlung als Ausschlussgrund genannt, was sich allerdings mittlerweile erledigt hat, da wir die Behandlung auf eigene Kosten schon haben machen lassen.
3. Berufliche SituationC. ist zwar aufgrund ihres Aufenthaltstitels jetzt unbeschränkt zu jeder Erwerbstätigkeit berechtigt, arbeitet aber nicht und wird aufgrund der noch bestehenden Sprachschwierigkeiten, der Betreuung des (behinderten) Kindes und auch wegen fehlender Anerkennung ihrer Zeugnisse in absehbarer Zeit keine Anstellung bekommen können.
Eine Beschäftigung als Familienangehörige bei mir (um Versicherungspflicht herbeizuführen) kommt faktisch auch nicht in Frage, es sei denn in Form einer Scheinbeschäftigung, aber sowas wollen wir (obwohl die private
KV es zwischen den Zeilen "anregt") keinesfalls machen, zumal die Kassen Angehörigen-Beschäftigungsverhältnisse mittlerweile wohl auch sehr genau überprüfen.
4. VersicherungspflichtAlso haben wir für C. (und das dann ggf. automatisch familienmitversicherte Kind) die Mitgliedschaft bei einer gesetzlichen Kasse beantragt, wurden aber abgewiesen, weil sie nicht versicherungspflichtig war, denn sie hatte zu diesem Zeitpunkt nur eine
FB und noch keinen Aufenthaltstitel.
Die neue Versicherungspflicht "für Nichtversicherte" nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V besteht gemäß § 5 Abs. 11 SGB V für Nicht-Unionsbürger nur unter bestimmten Bedingungen, u.a. der, dass ein
Aufenthaltstitel mit Geltungsdauer von mehr als einem Jahr vorliegen muss. Alle anderen Bedingungen waren in unserem Fall erfüllt, denn eine
ausländerrechtliche Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhalts (die ebenfalls zum Ausschluss der Versicherungspflicht nach Nr. 13 für Ausländer führt), besteht für C. als nachziehende Ehegattin eines Deutschen wie gesagt
nicht.
Im Dezember haben C. und der Kleine dann wie gesagt ihre Aufenthaltserlaubnis bekommen, die (wie bei erstmaliger Erteilung eines solchen Titels üblich)
genau für 12 Monate gilt (also nicht
"mehr als zwölf Monate", wie der Wortlaut des Gesetzes verlangt).
Trotzdem ging ich grundsätzlich erstmal davon aus, dass jetzt eigentlich eine Versicherungspflicht eintreten müsste, da der Aufenthalt meiner Familie ja naturgemäß auf Dauer angelegt ist. Sinn und Zweck der Ausschlussklausel für Ausländer ist es ja nach hM offenbar nur, kurzfristige Aufenthalte von der Anwendbarkeit der Versicherungspflicht nach Nr. 13 auszuschließen.
Zur Not, so unser Gedanke, bestünde ja auch die Möglichkeit, dass
die Ausländerbehörde im Wege der Ermessensausübung die AE um ein paar Tage verlängert, sodass die Bedingung
"mehr als zwölf Monate" dann erfüllt wäre. Einer entsprechenden Voranfrage begegnete die AB jedenfalls nicht grundsätzlich ablehnend (Härtefall und Kindeswohl könnten hier vielleicht ermessensrelevant sein), wollte aber eine schriftliche Auskunft der Krankenkasse sehen, wonach die Versicherungspflicht nur an der Dauer des Aufenthaltstitels scheitert.
Das wurde mir von der Krankenkasse mündlich auch zunächst bestätigt:
"Gilt die AE nur einen Tag länger als ein Jahr", so sagte der Mitarbeiter,
"ist Ihre Frau versicherungspflichtig und wird problemlos aufgenommen."Nun teilt uns aber die Krankenkasse aber schriftlich Folgendes mit:
Zitat:"Die Beurteilung der Möglichkeit einer Aufnahme zur gesetzlichen Krankenkasse muss an dem Tag des Zuzugs nach Deutschland erfolgen. Ein späterer Erhalt einer Aufenthaltserlaubnis kann für eine erneute Prüfung leider nicht herangezogen werden. Da Ihnen eine solche Aufenthaltserlaubnis am Tag des Zuzugs nach Deutschland nicht vorgelegen hat, kann eine Mitgliedschaft ... auch nach Vorbringen der neuen Aspekte leider nicht erfolgen."
Wenn das so stimmt,
würde eine gesetzliche Versicherungspflicht für die nachgezogene Ehegattin eines privat Versicherten ja völlig ausscheiden, bis C. irgendwann einmal eine versicherungspflichtige Beschäftigung aufnähme (was jedenfalls momentan nicht absehbar ist). Denn wer hat schon zum Zeitpunkt der Wohnsitznahme eine mehr als 12 Monate befristete
AE?
Nach der langen Vorrede (sorry nochmal!)
jetzt also meine Frage an Euch:Kann das sein? Eine Rechtsgrundlage hat die Versicherung nicht genannt und ich finde im Gesetzestext und im
DVKA-Rundschreiben zur Versicherungspflicht der bisher Nichtversicherten (dort unter Punkt 2.5 auf S. 34) auch keinerlei Hinweis darauf, dass es bei Ausländern nur auf die Situation zum Zeitpunkt des Zuzugs ankäme und danach keine Versicherungspflicht mehr eintreten könnte.
5. PerspektiveWenn das so stimmt, bliebe wohl nur noch die Möglichkeit einer sehr teuren
Versicherung bei der PKV zum Basistarif für die beiden (ca. 570+280 EUR mtl.). Für eine solche Pflichtversicherung besteht für die PKV ggf. (wenn tatsächlich keine Versicherungspflicht besteht) Kontrahierungszwang und die Ausschlussklausel für Ausländer gilt in diesem Zusammenhang nicht.
Die in manchen Fällen möglichen Beitragsermäßigungen in der PKV-Basisversicherung kommen bei uns nicht in Frage, weil ich dafür dann wieder "zuviel" verdiene und finanzielle
Hilfebedürftigkeit keinesfalls eintritt.
Eventuell würde meine Frau jetzt auch (da die Zähne ja saniert sind) doch noch normal als freiwillige PKV-Versicherte aufgenommen, das Kind aber aufgrund der Behinderung offenbar definitiv nicht (auch nicht zum doppelten Beitrag oder mit Ausschlüssen), sodass da auf jeden Fall nur eine private Pflichtversicherung zum Basistarif in Frage käme. In jedem Fall würden also zwei Beiträge fällig.
Wenn
entgegen den Aussagen der gesetzlichen Kasse nun aber doch Versicherungspflicht bestünde, so fielen diese Erschwernisse weg. Daher würde ich gern sichergehen, dass das von der Kasse jetzt vorgebrachte Argument (
Prüfung nur zum Zeitpunkt des Zuzugs) Hand und Fuß hat und nicht nur vorgeschoben oder konstruiert ist, um sich einfach aus der Affäre zu ziehen.
Und hätte es Eurer Einschätzung nach noch Sinn, den Fall
bei der AB vorzutragen und um Erteilung eines (um wenige Tage) längeren Titels zu bitten?
Für jede Hilfe sehr dankbar!
Jordi
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