Bori H. schrieb am 01.01.2010 um 14:39:52:„Darüber hinaus unterliegt der Ausländer ebenso wie ein Deutscher den unterhaltsrechtlichen Verpflichtungen des BGB (z. B. aus §§ 1360, 1601 und 1602 Absatz 2 BGB). Die Geltung dieser Jedermannpflicht wird auch im Aufenthaltsgesetz vorausgesetzt.“
Diese Ausführungen in der Verwaltungsvorschrift sind leider falsch. Die zivilrechtlichen Vorschriften des BGB sind keine "Jedermannpflichten". Stattdessen gelten sie gem. Art. 3 EGBGB nur dann, wenn die Kollisionsnormen des EGBGB, des Europa- oder Völkerrechts dies ausdrücklich bestimmen. Hier einschlägig ist das Haager Übereinkommen über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht vom 2. Oktober 1973. Danach ist das am gewöhnlichen Aufenthalt des Unterhaltsberechtigten geltende Recht anzuwenden. Bei einer AsylBlG-Berechtigten kann, muss aber der gewöhnliche Aufenthalt nicht in Deutschland liegen. Ist nicht deutsches, sondern ausländisches Unterhaltsrecht anwendbar, kann der Unterhaltsanspruch um ein Vielfaches niedriger liegen als der Anspruch nach deutschem Recht, so dass in der Folge selbst dann der
LU der Tochter gesichert wäre, wenn davon auszugehen wäre, dass die Sicherung ihrer Unterhaltspflichten zur Sicherung des eigenen Lebensunterhalts gehört.
Diese Auffassung, der die Verwaltungsvorschrift, anders als noch die Vorläufigen Anwendungshinweise, anhängen, ist aber im Übrigen ohnehin falsch.
- Der § 2 Abs. 3
AufenthG verknüpft den Begriff der Sicherung des Lebensunterhalts mit dem negativen Tatbestandsmerkmal der Inanspruchnahme öffentlicher Mittel. Öffentliche Mittel werden grundsätzlich nicht für die Sicherung des Lebensunterhalts Dritter bezogen werden, sondern die Ansprüche entstehen bei den Berechtigten in eigener Person.
- Die §§ 27 Abs. 3, 55 Abs. 2 Nr. 6
AufenthG wären unter Zugrundelegung der Auffassung der
VwV überflüssig.
- Auch der Vergleich von § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
AufenthG mit § 9a Abs. 2 Nr. 2
AufenthG spricht eine eindeutige Sprache.
Siehe die sehr gründliche Entscheidung des OVG Berlin-Brandenburg vom 27.08.09, 11 B 1.09,
hier.
Dass die Bundesregierung und ihr folgend manche
ABH dennoch dieser erkennbar irrigen und im Grunde unvertretbaren Auffassung anhängen, ist schade, wird jedoch vor Gericht mit hoher Wahrscheinlichkeit die erforderliche Korrektur erfahren.
nixwissen schrieb am 04.01.2010 um 22:24:34:In die Richtung geht auch meine Erinnerung an die Frage bei der
FZF meiner Frau. Ich wurde gefragt ob in meinem Haushalt Personen leben, denen gegenüber ich unterhaltspflichtig bin.
Es wird ja alles Mögliche gefragt. Bei der
FZF gibt es in § 27 Abs. 3
AufenthG eine Versagungsmöglichkeit nach Ermessen, wenn für Haushaltsangehörige (die keine Familienangehörige sein müssen) Leistungen bezogen werden. So erklärt sich die Dir gestellte Frage. Bei erwachsenen Familienangehörigen kann aber jedenfalls ausländerrechtlich nicht danach differenziert werden, ob diese im selben Haushalt leben oder nicht, weil ein sachlicher Differenzierungsgrund hier m.E. nicht besteht. Dies auch dann nicht, wenn es, wie etwa bei § 9a Abs. 2 Nr. 2
AufenthG, auch auf die Unterhaltssicherung der Angehörigen des Ausländers ankommt. Denn wieso soll derjenige benachteiligt werden, der auch noch dadurch, dass er keine Anmietung einer weiteren Wohnung auf Kosten des Leistungsträgers provoziert, zu einer sparsamen Haushaltsmittelbewirtschaftung beiträgt?