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Kein § 23 (1) AufenthG wenn Botschaft Pass verweigert? (Gelesen: 2.092 mal)
schweitzer
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Beziehung zum Thema Ausländerrecht: Ehegatte von ehem. Ausländer/in
Staatsangehörigkeit: Bundesrepublik Deutschland
Zeige den Link zu diesem Beitrag Kein § 23 (1) AufenthG wenn Botschaft Pass verweigert?
25.09.2007 um 08:30:38
 
Hallo Forum,

ich bin vor wenigen Tagen mit einer Anfrage konfrontiert worden, auf die ich keine wirkliche Antwort wusste und weiß:

Ein langjährig in Deutschland aufhältiger junger Mann mit Duldung hat einen Antrag auf Erteilung einer AE nach § 23 (1)/104a AufenthG gestellt. Er erfüllt alle Voraussetzungen bis auf das Erfordernis des Passes. Aber auch darum hat er sich bemüht. Nach Vorsprache bei der Botschaft seines Herkunftslandes ist er allerdings nun ratlos. Ihm wurde dort nämlich mitgeteilt, dass ihm ein Pass nur ausgestellt würde, wenn bzw. nachdem er seinen Wehrdienst in seinem Herkunftsland ableisten würde.

*

Das Problem betrifft zunächst nicht meinen Klientenkreis, insoweit verfüge ich kaum über weitere Infos. Die Konstellation hat mich allerdings doch ganz schön "aufgeschreckt", denn die dürfte so einmalig nicht sein.

Zusammengefassst die Fragen, die mich in dem Zusammenhang bewegen:

Hat er eine Chance ohne Pass die begehrte AE zu bekommen?

Wenn ja, wie wäre es später mit Blick auf eine Aufenthaltsverfestigung bei fortgesetzter Passlosigkeit aus dem gleichen Grunde?

Wenn nicht, bedeutet das in der Konsequenz, dass alle theoretisch alle Männer (auch Familienväter von Familien, die ansonsten alle Bedingungen des § 104 a AufenthG erfüllen)), die im Herkunftsland bislang keinen Wehrdienst geleistet haben und deshalb keinen Pass erhalten von der Bleiberechtsregelung ausgeschlossen sind?

=schweitzer=


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Janey
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Beziehung zum Thema Ausländerrecht: Mitarbeiter/in Ausländerbeh.
Staatsangehörigkeit: deutsch
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Antwort #1 - 25.09.2007 um 17:34:28
 
Hallo Schweitzer,

Ich versuche mal, Dir zu antworten, in der Hoffnung, dass ich berichtigt werde, sofern ich daneben liege.  Zwinkernd

§ 104 I AufenthG sagt, dass die AE abweichend von § 5 Abs.1 Nr.1 + Abs. 2 AufenthG erteilt werden soll.
Das bedeutet wiederum, dass die Passpflicht nach § 5 Abs.1 Nr.4 AufenthG als Regelerteilungsvoraussetzung grundsätzlich erfüllt sein muss.

Gem. § 5 Abs. 3 S.2 AufenthG kann bei Aufenthaltserlaubnissen nach Kapitel 2 Abschnitt 5 von der Anwendung der Absätze 1 und 2 abgesehen werden.

Sieht die ABH von der Anwendung der Absätze 1 + 2 ab, würde die AE als Ausweisersatz (AWE) gem. § 48 Abs.4 AufenthG erteilt.

Allerdings handelt es sich bei § 5 Abs.3 S.2 AufenthG um eine Ermessensnorm und wir würden uns um die Frage kümmern müssen, ob die Ableistung des Wehrdienstes zumutbar ist.

Hier hilft § 5 II Nr.3 AufenthV, der besagt, dass die Erfüllung der Wehrpflicht zumutbar ist. (auch wenn es hier eigentlich um Reiseausweise für Ausländer geht)

Von daher würde ich sagen, dass die AE ohne Heimatpass nicht möglich ist. Andererseits ist mit Sicherheit auch die individuelle Situation des Antragstellers zu berücksichtigen.
Möglich ist auch, dass die ABH im o.g. Ermessen von der Erfüllung der Passpflicht absieht und die AE als AWE erteilt.

Ich hoffe, ich konnte ein wenig helfen (und ich liege einigermaßen richtig).

Gruß, J.  Durchgedreht
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ronny
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Beziehung zum Thema Ausländerrecht: Mitarb. Standesamtsaufsicht
Staatsangehörigkeit: deutsch
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Antwort #2 - 25.09.2007 um 17:51:06
 
Janey schrieb am 25.09.2007 um 17:34:28:
Ich hoffe, ich konnte ein wenig helfen (und ich liege einigermaßen richtig).
 


Hi Janey und Schweiter

ich denke die Einschätzung trifft zu, es wird darauf hinauslaufen , ob die Mitwirkung bei der Passausstellung zumutbar ist.

Dazu eine Erläuterung (dem HTK)

aus: Zeitler, HTK-AuslR / § 5 AufenthV 10/2005 Nr. 3

Zitat:
Gem. § 5 Abs. 3 AufenthV wird ein Reiseausweis für Ausländer in der Regel nicht ausgestellt, wenn der Herkunftsstaat die Ausstellung eines Passes oder Passersatzes aus Gründen verweigert, auf Grund derer auch nach deutschem Passrecht, insbesondere nach § 7 PassG oder wegen unterlassener Mitwirkung nach § 6 PassG, der Pass versagt oder sonst die Ausstellung verweigert werden kann. Auch hier wird wiederum das deutsche Passrecht zum Maßstab für die Zumutbarkeit der ausländischen Entscheidung gemacht. Sind die Tatbestandsvoraussetzungen des Absatzes 3 in Verbindung mit einer Versagungsbestimmung des Passgesetzes erfüllt, ist die Behörde bereits aus Rechtsgründen an der Ausstellung des Reiseausweises gehindert. Ein Ermessensspielraum öffnet sich hier nur in atypischen Ausnahmefällen. Das sind Fälle, die sich grundlegend von denjenigen anderer passloser Ausländer unterscheiden. Absatz 3 kommt auch bei Unzumutbarkeit der Passbeschaffung zur Anwendung.


sowie:

die korrespondierende Regelung des deutschen PassG:

Zitat:
§ 7 Paßversagung

(1) Der Paß ist zu versagen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme begründen, daß der Paßbewerber

1.
    die innere oder äußere Sicherheit oder sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährdet;
2.
    sich einer Strafverfolgung oder Strafvollstreckung oder der Anordnung oder der Vollstreckung einer mit Freiheitsentziehung verbundenen Maßregel der Besserung und Sicherung, die im Geltungsbereich dieses Gesetzes gegen ihn schweben, entziehen will;
3.
    einer Vorschrift des Betäubungsmittelgesetzes über die Einfuhr, Ausfuhr, Durchfuhr oder das Inverkehrbringen von Betäubungsmitteln zuwiderhandeln will;
4.
    sich seinen steuerlichen Verpflichtungen entziehen oder den Vorschriften des Zoll- und Monopolrechts oder des Außenwirtschaftsrechts zuwiderhandeln oder schwerwiegende Verstöße gegen Einfuhr-, Ausfuhr- oder Durchfuhrverbote oder -beschränkungen begehen will;
5.
    sich einer gesetzlichen Unterhaltspflicht entziehen will;
6.
    sich unbefugt zum Eintritt in fremde Streitkräfte verpflichten will;
7.
    als Wehrpflichtiger eines Geburtsjahrganges, dessen Erfassung begonnen hat, ohne die nach § 3 Abs. 2 des Wehrpflichtgesetzes erforderliche Genehmigung des Kreiswehrersatzamtes den Geltungsbereich des Wehrpflichtgesetzes für länger als drei Monate verlassen will;
8.
    als Wehrpflichtiger ohne die nach § 48 Abs. 1 Nr. 5 Buchstabe b oder § 48 Abs. 2 des Wehrpflichtgesetzes erforderliche Genehmigung des Kreiswehrersatzamtes den Geltungsbereich des Wehrpflichtgesetzes verlassen will;

9.
    als anerkannter Kriegsdienstverweigerer ohne die nach § 23 Abs. 4 des Zivildienstgesetzes erforderliche Genehmigung des Bundesamtes für den Zivildienst den Geltungsbereich des Zivildienstgesetzes für länger als drei Monate verlassen will.

(2) 1Von der Paßversagung ist abzusehen, wenn sie unverhältnismäßig ist, insbesondere wenn es genügt, den Geltungsbereich oder die Gültigkeitsdauer des Passes zu beschränken. 2Die Beschränkung ist im Paß zu vermerken. 3Fallen die Voraussetzungen für die Beschränkung fort, wird auf Antrag ein neuer Paß ausgestellt.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für die Versagung eines ausschließlich als Paßersatz bestimmten amtlichen Ausweises.

(4) Ein Paß oder Paßersatz zur Einreise in den Geltungsbereich dieses Gesetzes darf nicht versagt werden.

(5) (weggefallen)


Es langt also IMHO nicht aus, dass die ausl. Botschaft keinen Pass ausstellt.

Grüße
Ronny Zwinkernd
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Antwort #3 - 26.09.2007 um 08:39:30
 
Hallo Janey und Ronny,

vielen Dank für die beiden ausführlichen Antworten.

So wie ich das verstanden habe, habt Ihr eigentlich bereits zwei Ebenen die Ausgangsfrage betreffend geantwortet. Ich versuche mal die Extrakte zusammenzufassen, also:

1.
AE - erteilung wäre bei der gegebenen Konstellation im Rahmen einer einzelfallbezogenen Ermessensentscheidung nicht ausgeschlossen. Würde eine AE erteilt, dann würde diese in einen Ausweisersatz "hineinerteilt".

2.
Für die Ausstellung eines Reiseausweises für Ausländer wäre faktisch kein Ermessen gegeben, weil die Passbeschaffung ungeachtet der schwierigen Konstellation als zumutbar angesehen würde.

Das hieße - AE - Erteilung und weiterer Aufenthlat in Deutschland liegen im Rahmen des Möglichen - Reisen in andere Länder und Einladung von Verwandten (mit notwendiger VE) wären in der Folge für den Betroffenen aber in Ermangelung eines Passes nicht realisierbar.

Habe ich das so richtig kapiert?

Wie sähe es bei dieser Konstellation mit einer späteren Aufenthaltsverfestigung ( NE ) aus?


=schweitzer=
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DonCamillo
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Beziehung zum Thema Ausländerrecht: Ich oute mich später
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Antwort #4 - 26.09.2007 um 10:06:22
 
schweitzer schrieb am 26.09.2007 um 08:39:30:
Wie sähe es bei dieser Konstellation mit einer späteren Aufenthaltsverfestigung ( NE ) aus


spätestens dann sollte der Pass vorliegen


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Janey
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Antwort #5 - 26.09.2007 um 19:43:56
 
Zitat:

spätestens dann sollte der Pass vorliegen

DC


Das sehe ich nicht so.  Cool

In § 5 Abs.3 S.2 AufenthG heißt es:
In den übrigen Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 kann von der Anwendung der Absätze 1 und 2 abgesehen werden.
(Insofern habe ich oben falsch zitiert, da es nicht Aufenthaltserlaubnis sondern Aufenthaltstitel heißt.  Augenrollen)

Ein solcher Aufenthaltstitel wäre auch die NE nach § 26 Abs.4 AufenthG.

Also wenn die ABH von der Erfüllung der Passpflicht bei Erteilung der AE absieht und einen AWE ausstellt, kann sie es auch bei Erteilung der NE.

Allerdings schätze ich die Chancen noch immer mehr als gering ein, dass aus o.g. Gründen von der Erfüllung der Passpflicht abgesehen wird.

Gruß, J.  Zwinkernd
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