Mick schrieb am 07.01.2006 um 02:14:20:Hi,
das dürfte eine reine Orga-Frage sein.
Das sehe ich anders. Der Ausländer braucht seinen Pass ja um sich anderswo auszuweisen, ins Ausland zu fahren etc. Der - teils über Wochen oder Monate - praktizierte Einzug des Passes ist ein schwerwiegender
Eingriff in seine Persönlichkeitsrechte und gesetzlich normalerweise nur bei Asylsuchenden und vollziehbar Ausreisepflichtigen (Geduldeten usw.) vorgesehen.
Um die erforderlichen Prüfungen vorzunehmen ist der Pass normalerweise gar nicht nötig. Die Behörde kann einen neuen Termin vereinbaren auch ohne den Pass einzuziehen. Läuft zwichenzeitlich der Aufenthaltstitel ab, ist auf dem dafür nach dem in der Anlage zur Aufenthaltsverordnung veröffentlichen Formularvordruck aus der Bundesdruckerei eine "Fiktionsbescheinigung" auszustellen.
Aus der
Berliner Praxis muss ich allerdings folgendes berichten:
- der Pass wird über Wochen und Monate eingezogen, "Fiktionsbescheinigungen" werden statt auf amtlichem Formular auf von der Behörde erfundenem A 4 Vordruck - ausgestellt
(Fiktionsbescheining "microsoft-word") -, Fiktionsbescheinigungen werden bis zu einem Jahr und mehr für jeweils 3 oder sogar 6 Moante verlängert, der Ausländer kann nicht reisen usw.,
- bei rechtzeitiger Vorsprache zur Verlängerung der
AE wird der Termin zur erneuten Vorsprache ca. 6 bis 8 Wochen später nur auf "Post-it" Zettel bestätigt, trotz zwischenzeitlichen Auslaufens der
AE aber keine "Fiktionsbescheinigung" ausgestellt -
(Fiktionsbescheining "post-it"),
- spricht der Ausländer wg. Verlängerung der
AE entsprechend frühzeitig (3 Monate vor Ablauf) vor, wird er abgewiesen und um Vorprache erst etwa 14 Tage vor Ablauf der
AE gebeten,
- ist der Ausländer Asylbewerber oder geduldet, wird seine Aufenthaltsgestattung oder Duldung teilweise trotz unstrittigen Vorliegens der Voraussetzungen nicht verlängert, sondern eingezogen und stattdessen auf einer von der Ausländerbehörde selbst erfundenen DIN A 4 "Bescheinigung" wegen "heute unerwartet hohem Publikumsaufkommen" ein neuer Vorprachetermin erst 2 oder 3 Moante später(!) bescheinigt, ohne Angabe über Aufenthaltsstatus, Erwerbstätigkeit oder sonstwas -
(Bescheinigung "microsoft-word"). Da das natürlich kein offiziell vorgesehenes amtliches Formular ist, kommt es damit schon mal zu Festnahmen der Betroffenen durch die Polizei etc.
Insbesondere letzteres halte ich für kriminell. Die
Bundesregierung hat die selbst erfundenen Berliner "Fiktionsbescheinigung" kürzlich gerügt:
Berlin: (hib/WOL)
(...) erklärt die Bundesregierung in der Antwort (16/323 http://dip.bundestag.de/btd/16/001/1600323.pdf - online erst ab ca. nächster Woche) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (16/166 http://dip.bundestag.de/btd/16/001/1600166.pdf ). Die Fraktion hatte sich darauf bezogen, die Aushändigung einer so genannten "Fiktionsbescheinigung" bei Einbehaltung des Flüchtlingspasses während der Zeitdauer der Überprüfung der Asylgewährungsvoraussetzungen habe zu Unruhe unter den Betroffenen geführt.
Laut Regierung ist es rechtlich erforderlich, die Annerkennung als Asylberechtigter unverzüglich zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen dafür nicht mehr vorliegen (...)
Eine "Fiktionsbescheinigung" werde im Übrigen nur bei Beantragung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels ausgestellt. Duldungen seien kein Aufenthaltstitel, wird in der Antwort klargestellt. Im Übrigen habe die Bundesregierung nach Kenntnis abweichender Praktiken die Bundesländer mit Rundschreiben vom 13. September 2005 "erneut" darauf hingewiesen, dass für "Fiktionsbescheinigungen" zwingend vorgegeben sei, dazu ein im Aufenthaltsgesetz abgedrucktes Muster zu verwenden. Außerdem enthalte das Aufenthaltsgesetz auch eine Sonderregelung für Fälle, in denen der Betroffene bereits einen Aufenthaltstitel besaß. In solchen Fällen gilt die Verlängerung eines Aufenthaltstitels oder die Beantragung etwa einer Niederlassungserlaubnis bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde "als fortbestehend".Gefragt war u.a. "Ist der Bundesregierungbekannt, dass keine einheitliche Form der „Fik-
tionsbescheinigungen“, sondern unterschiedliche Formen (als Klebeetikett
im Pass, als eigenständiges Dokument oder ein Papier in Form eines DIN-A4-
Blattes mit und ohne Passfoto) ausgegeben werden?"
schöne grüße
gc