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Beitrag begonnen von schlagsahne am 21.06.2024 um 10:01:23

Titel: Antrag_Fiktionsbescheinigung
Beitrag von schlagsahne am 21.06.2024 um 10:01:23
Hallo zusammen,

Ich befinde mich gerade mit einem nationalen Visum in Deutschland und möchte demnächst einen anderen Aufenthalt beantragen.

Nun ist es aber so, dass die Bearbeitungszeiten sehr lange betragen (brauche ich ja gar nicht mal erwähnen), ja sogar dass man nach Monaten überhaupt erst mal einen Termin zur Vorsprache bekommt und mein Visum läuft ja wahrscheinlich davor schon ab. Ich weiss, dass mein jetziges Visum noch fortbesteht bis man sich über meinen Antrag entschieden hat.

Wie geht es aber mit einer Fiktionsbescheinigung in der Zwischenzeit, damit man problemlos aus- und einreisen darf? Muss ein Notfall bestehen, damit ich eine Fiktionsbescheinigung beantragen kann oder kann man das einfach? Oder wird das von der Ausländerbehörde selber ausgestellt, wenn sie meinen Antrag entgegennehmen?


Danke im Voraus!

Titel: Re: Antrag_Fiktionsbescheinigung
Beitrag von Petersburger am 21.06.2024 um 10:21:39
Für das Eintreten der im Gesetz - § 81 AufenthG - festgelegten Fiktionswirkung ist eine rechtzeitige Antragstellung Voraussetzung.

Falls Deine ABH dem Buchstaben nach auf dieser Voraussetzung besteht, kann man den Antrag wirksam schriftlich stellen. Dazu genügt ein formloses Schreiben, das man z.B. im Behördenbriefkasten einwirft oder per Einschreiben schickt. (Einzelheiten zur ggf. erforderlichen Beweisführung über die Antragstellung spare ich mir hier mal.)

Falls Deine ABH bereits einen gebuchten Termin als ausreichend für das Eintreten der Fiktionswirkung ansieht, dann reicht eben auch die Terminbuchung.

Nach dem Buchstaben des Gesetzes muss die ABH in einem solchen Fall eine Fiktionsbescheinigung nach bundeseinheitlichem Vordruck ausstellen. (§ 81 Abs. 5: "... ist ... auszustellen.").
Eine solche FB nach § 81 (4) gestattet in Verbindung mit dem Aufenthaltstitel dann auch Einreisen.

Ein Notfall ist keine Voraussetzung für das Ausstellen einer FB nach bundeseinheitlichem Vordruck und darf auch nicht gefordert werden. Denn § 81 schreibt ja einfach vor, dass die auszustellen ist. Ohne Wenn oder Falls.

Aber natürlich habe ich dafür Verständnis, dass eine unterbesetzte und/oder in der Arbeit abgesoffene ABH für das Ausstellen einer solchen FB nicht einfache "Ich will" - Begründungen haben will, sondern geeignete Belege für ein tatsächliches Reisevorhaben sehen möchte.


Zwei Dinge noch nebenbei:
Eine FB kann man nicht beantragen, weil sie kein Verwaltungsakt ist. Sie ist nur eine Bestätigung, dass ein Verwaltungsakt beantragt wurde.

Und sie ist nicht nur für Aus- und Wiedereinreisen aus dem / in den Schengen-Raum erforderlich, also über Schengen-Außengrenzen, sondern bereits für Aus- und Wiedereinreisen aus dem / ins Bundesgebiet.
Denn grundsätzlich darf man von den Vollzugsbehörden anderer Schengen-Staaten nicht erwarten, dass die angesichts eines abgelaufenen nationalen Visums im Pass Erklärungen über Terminbuchung/Fiktionswirkung/Bearbeitungszeiten akzeptieren.
Und sie können auch nicht einfach so bei der betroffenen ABH nachfragen.

Titel: Re: Antrag_Fiktionsbescheinigung
Beitrag von dim4ik am 21.06.2024 um 18:24:35

Petersburger schrieb am 21.06.2024 um 10:21:39:
Aber natürlich habe ich dafür Verständnis, dass eine unterbesetzte und/oder in der Arbeit abgesoffene ABH für das Ausstellen einer solchen FB nicht einfache "Ich will" - Begründungen haben will, sondern geeignete Belege für ein tatsächliches Reisevorhaben sehen möchte.

Wäre eine solcher Wunsch der ABH noch rechtmäßig? Dann würden sie noch mehr Zeit und Aufwand verschwenden um die Belege anzufordern, deren Eingang abzuwarten, sie dann anschließend auf Würdigkeit/Vollständigkeit zu prüfen und ggf. weitere Belege nachzufordern anstatt stillschweigend dem Gesetz folgen und einfach mal die FB ausstellen. Sollte die ABH daher nicht ohne weiteres die FB verweigern auszustellen, empfiehlt sich ohne Zögern die Fachaufsicht einzuschalten und/oder sogar einen Eilantrag beim VG zu stellen. Manche mögen dies als etwas übertrieben ansehen, wenn aber die ABH so ein Zirkus treibt, ist sie selber schuld.

Titel: Re: Antrag_Fiktionsbescheinigung
Beitrag von Puncherfaust am 21.06.2024 um 18:46:54
Kenne das so dass die meisten ABHs zwei Fiktionsbescheinigungen haben. Eine ohne den vorgeschriebenen Vordruck, meist als DIN A4-Zettel, der auch einfach so ausgestellt wird. Reicht für andere öffentliche Stellen, Arbeit, usw.

Und dann noch die formelle, die ausgestellt wird, wenn man z.B. reisen will oder sie explizit anfordert. Hat aber neben dem höheren Aufwand denke ich auch damit zu tun, dass die 13,00 € kostet.

Titel: Re: Antrag_Fiktionsbescheinigung
Beitrag von Aras am 21.06.2024 um 18:53:51
Ganz ehrlich: Als die AE meiner Frau abgelaufen war und sie ohne Fiktionsbescheinigung dastand hab ich einfach eine wichtige berufliche Reise in die Niederlande - sind ja nur 40 min mitm Zug oder Auto entfernt - als Grund für die Fiktionsbescheinigung angegeben. Gereist sind wir im Endeffekt nicht.

Offen gesagt würde ich nicht soviel Stress machen. Ein Ausländer braucht vielleicht keine FB, warum soll dieser 13 € dafür zahlen? Und die die eine FB brauchen, die sollen diese ausdrücklich fordern.

Titel: Re: Antrag_Fiktionsbescheinigung
Beitrag von Petersburger am 21.06.2024 um 21:12:41

dim4ik schrieb am 21.06.2024 um 18:24:35:
Manche mögen dies als etwas übertrieben ansehen, wenn aber die ABH so ein Zirkus treibt, ist sie selber schuld. 

Ich bin sicher auch in diesem Forum nicht unter Verdacht, unsägliches Handeln klaglos schlucken zu wollen.

Und wohl auch frei vom Verdacht, das Nichtausstellen von FB entgegen dem eindeutigen Gesetzestext gutzuheißen.

Was Du da vorschlägst, halt ich nun aber nicht für "etwas übertrieben", sondern für heftig übertrieben:
Wenn jemand eine FB auf bundeseinheitlichem Vordruck mit Echtheitsmerkmalen und Nummern und dem entsprechenden Aufwand bei den Behörden nicht braucht, weil er nirgendwo hin will, warum sollte der dann eskalieren?

Dies selbstverständlich unter der Voraussetzung, dass im Bedarfsfalle ohne Albernheiten unverzüglich eine FB ausgestellt wird.
Wobei ich persönlich den Bedarfsfall gar nicht eng definiere. Hat jemand betagte Eltern mit wenig überzeugendem Gesundheitszustand im Ausland, wäre das für mich klar ein Bedarfsfall, damit der Ausländer auch bei einem Freitag-Abend-Hilferuf sofort losfliegen kann.

Titel: Re: Antrag_Fiktionsbescheinigung
Beitrag von schlagsahne am 25.06.2024 um 14:42:51
Danke für die Antworten,

Erst musste ich alles gründlich durchlesen (ich dachte mein Deutsch reicht schon aus, musste mir aber schon Zeit nehmen : ) und daher ein etwas verspätetes Dankeschön.

Eines möchte ich noch aufklären.

Ich muss den Aufenthaltsantrag online stellen. Ich glaube es braucht mehrere Wochen, bis ein Sachbearbeiter sich die eingereichten Dokumente überhaupt erstmal angeschaut hat. Termine werden erst danach vergeben. Lege ich da falsch?

Vor Jahren, als ich noch in DE wohnte, ist man da einfach hingegangen, die Dokumente eingereicht, musste dann zu einem späteren Termin wieder erscheinen und hat unaufgefordert schon eine FB bekommen, falls AE abläuft.

Heisst es dann, ich kann nichts weiteres vornehmen, bis der zugeordnete Termin bekannt gemacht wird? Also keine Fiktionsbescheinigung verlangen, usw?

Danke



Titel: Re: Antrag_Fiktionsbescheinigung
Beitrag von reinhard am 25.06.2024 um 15:53:04
Wenn der Antrag gestellt ist, kannst Du sofort ohne Termin eine Fiktionsbescheinigung verlangen und bekommen.

Konkret ist das bei verschiedenen Ausländerbehörden verschieden. Es gibt solche mit robustem Sicherheitsdienst, die behaupten, ohne Termin dürfte man bei ihnen nicht durch. Andere verschicken die Fiktionsbescheinigung per Post.

Titel: Re: Antrag_Fiktionsbescheinigung
Beitrag von Petersburger am 25.06.2024 um 16:21:52

schlagsahne schrieb am 25.06.2024 um 14:42:51:
Ich muss den Aufenthaltsantrag online stellen. Ich glaube es braucht mehrere Wochen, bis ein Sachbearbeiter sich die eingereichten Dokumente überhaupt erstmal angeschaut hat. Termine werden erst danach vergeben. Lege ich da falsch?

Das hängt von der Organisation in der konkreten ABH ab.

Entscheidend ist, ob der Antrag wirksam gestellt wurde. Berlin hat z.B. längere Zeit (so formuliert, weil ich nicht weiß, ob das immer noch so ist) eine Terminbuchung als wirksame Antragstellung i.S.d. § 81 AufenthG betrachtet.

Dagegen spielt es für das Eintreten der Fiktionswirkung keine Rolle, wann die ABH sich nach einer wirksamen Antragstellung die Dokumente anschaut oder gar eine Entscheidung trifft. Das ist eine völlig andere Baustelle.

Und ab hier würde ich die Antwort #1 dieses Themas wiederholen.  ;)

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