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Ausländerrecht >> EU- und Schengenrecht (inclusive Besuchsaufenthalte) >> Freizugigkeitstatbestand
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Beitrag begonnen von Mokus am 06.02.2015 um 15:07:16

Titel: Freizugigkeitstatbestand
Beitrag von Mokus am 06.02.2015 um 15:07:16
Schönen guten Tag,

ich möchte das Thema FreizügG/EU mit euch besprechen. Es geht um die Daueraufenthaltsbescheinigung für EU-Bürger nach 5 Jahren Aufenthalt in Deutschland.

zB. Fall meiner Frau, sie ist 2010 nach D zu mir gekommen, in dieser Zeit hat sie Arbeit gesucht, leider klappt davon nix, da es 2 Gründe dafür vorlagen, erster war dass Ungarer/Innen bräuchten eine Arbeitserlaubnis, zweiter Grund war, dass Uni-Abschluss meiner Frau entspricht nicht, was die AG in D sehen möchten.

Zusammenfassung 1 : in den ersten 2 Jahren war nicht wirklich erfolgreich mit einem Job. ( ganz kurzfristige Tätigkeiten )

Nach diesen 2 Jahren hat sie entschieden das Studium in D anzufangen, während des Studiums hatte sie eine Beschäftigung von ca 13 Monaten gehabt, ( Sozialversicherungsplichtig ), danach keine Arbeit mehr bis Heute.

Zusammenfassung 2 : in diesen ca 5 Jahren hat sie nur ca 2 Jahren gearbeitet.


Auf vielen Seiten habe ich gelesen, dass als Voraussetzung für die Bescheinigung des Daueraufenthaltsrechts ist, dass der EU-Bürger während der gesamten ersten 5 Jahren Freizügigkeitsberechtigt war.

Leistungen jeglicher Art wurden nie von uns bezogen.

Krankenversichert war sie immer seit 2010 mit mir oder durch AG als sie  Tätig war.

Wovon wir bisher gelebt haben, war immer anders, Zeiten mit Unterstützung der Eltern, und gab Zeiten durch Arbeit, auch Zeiten wo beides durch Eltern und Job.

könnte bitte jemand uns die Sachlage erklären, ob meine Frau während dieser Zeit Freizügigkeitsberechtigt war.


Vielen Dank




Titel: Re: Freizugigkeitstatbestand
Beitrag von Aras am 06.02.2015 um 15:11:14
Wurde von der Ausländerbehörde in den 5 Jahren die sie hier ist der Verlust der Freizügigkeitsberechtigung festgestellt?

Titel: Re: Freizugigkeitstatbestand
Beitrag von Mokus am 06.02.2015 um 15:14:13

von der ABH wurde nix festgestellt, ich selber habe vor kurzem die Verlängerung meiner Aufenthaltskarte-EU bekommen.

Was mich aber zweifelt ist, dass ich damals die Aufenthaltskarte-EU erst nachdem Ende der Übergangsfrist bekommen habe, als ob damals die ABH meine Frau in dieser Zeit als nicht Freizügigkeitsberechtigt angesehen haben, allerdings etwas schriftliches haben sie ihr nie gegeben.

Titel: Re: Freizugigkeitstatbestand
Beitrag von Aras am 06.02.2015 um 15:19:00
Also ich lese aus § 4a nur, dass es auf die 5 Jahre rechtmäßigen Aufenthalt ankommt.

Da die Ausländerbehörde in den ganzen Jahren nicht die Freizügigkeit widerrufen hat...

Ich lese nicht heraus, dass man jetzt großartig viel nachweisen muss.

Titel: Re: Freizugigkeitstatbestand
Beitrag von Mokus am 06.02.2015 um 15:50:08
@ Aras vielen Dank.



Titel: Re: Freizugigkeitstatbestand
Beitrag von erne am 06.02.2015 um 16:39:41

Mokus schrieb am 06.02.2015 um 15:07:16:
Es geht um die Daueraufenthaltsbescheinigung für EU-Bürger nach 5 Jahren Aufenthalt in Deutschland.


Ähem, was genau meinst du damit?

Der 2003/109/EG (Daueraufenthaltsrecht von Drittstaatenangehörigen) ist nur für Drittstaatsausländer, also nicht für EU-ler.
Und der § 9a Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EG im AufenthG nimmt Bezug auf 2003/109/EG, also auch nicht für EU-ler.

EU-Bürger brauchen den Kaderadatsch nicht.


Titel: Re: Freizugigkeitstatbestand
Beitrag von Aras am 06.02.2015 um 16:40:43
Es geht hier um die Daueraufenthaltsbescheinigung. Nicht zu verwechseln mit Daueraufenthalt-EU

Titel: Re: Freizugigkeitstatbestand
Beitrag von Mokus am 06.02.2015 um 16:54:47

Aras schrieb am 06.02.2015 um 16:40:43:
Es geht hier um die Daueraufenthaltsbescheinigung.



Genau.

Titel: Re: Freizugigkeitstatbestand
Beitrag von dgstein am 06.02.2015 um 17:23:39
Hallo,


Aras schrieb am 06.02.2015 um 15:19:00:
Also ich lese aus § 4a nur, dass es auf die 5 Jahre rechtmäßigen Aufenthalt ankommt.

Da die Ausländerbehörde in den ganzen Jahren nicht die Freizügigkeit widerrufen hat...

Ich lese nicht heraus, dass man jetzt großartig viel nachweisen muss.

ganz so einfach ist es dann aber doch nicht. Ja, Unionsbürger, die sich seit 5 Jahren in Deutschland ständig rechtmäßig aufhalten, erlangen von Gesetzes wegen ein Daueraufenthaltsrecht. Voraussetzung für einen "ständigen rechtmäßigen Aufenthalt" ist aber, dass der Unionsbürger sich in diesem Zeitraum durchgängig freizügigkeitsberechtigt im Sinne von Art. 7 Abs. 1 der UnionsRL hier aufgehalten hat (EuGH, Urteil vom 21.12.2011, C-424.10).

Der rechtmäßige Aufenthalt im Sinne des AufenthG genügt nicht. Dies folgt schon aus dem Wortlaut des Art. 16 Abs. 1 und 2 der UnionsRL.

Entsprechende Nachweise über ein Freizügigkeitsrecht in den vergangenen 5 Jahre wären also wohl doch erforderlich.

Viele Grüße

dgstein



Titel: Re: Freizugigkeitstatbestand
Beitrag von Mokus am 06.02.2015 um 17:27:19

dgstein schrieb am 06.02.2015 um 17:23:39:
Der rechtmäßige Aufenthalt im Sinne des AufenthG genügt nicht. Dies folgt schon aus dem Wortlaut des Art. 16 Abs. 1 und 2 der UnionsRL.

Entsprechende Nachweise über ein Freizügigkeitsrecht in den vergangenen 5 Jahre wären also wohl doch erforderlich.


widerspricht das dann nicht die bekannte Aussage, " ein EU-Bürger bleibt freizügigkeitsberechtigt, solange die ABH nicht das Gegenteil festgestellt hat "


Titel: Re: Freizugigkeitstatbestand
Beitrag von reinhard am 06.02.2015 um 17:31:08
Nein. Wenn Du genau liest, siehst Du den Unterschied.

Ohne diese Nachweise bleibt er oder sie freizügigkeitsgeberechtigt. Es geht aber um das Daueraufenthaltsrecht mit weitergehenden Rechten, das man nach fünf Jahren (die nachzuweisen sind) bekommt.

Titel: Re: Freizugigkeitstatbestand
Beitrag von Mokus am 06.02.2015 um 17:38:28
Nicht wirklich nachvollziebar, entweder man ist Freizügigkeitsberechtigt oder eher nicht.

was denkt ihr bitte über den geschilderten Fall.


Titel: Re: Freizugigkeitstatbestand
Beitrag von reinhard am 06.02.2015 um 17:52:27

Mokus schrieb am 06.02.2015 um 17:38:28:
Nicht wirklich nachvollziebar, entweder man ist Freizügigkeitsberechtigt oder eher nicht.


Genau. Und es wird selten überprüft.

Aber wenn man dauer-freizügigkeitsberechtigt ist und darüber den Nachweis will, dann muss man eben irgendwie belegen, dass man fünf Jahre freizügigkeitsberechtigt war. Sonst kann ich morgen losfahren und mir 27 Karten in 27 Ländern abholen, wenn kein Nachweis gefordert wird.

Titel: Re: Freizugigkeitstatbestand
Beitrag von Mokus am 06.02.2015 um 18:05:07

reinhard schrieb am 06.02.2015 um 17:52:27:
Sonst kann ich morgen losfahren und mir 27 Karten in 27 Ländern abholen, wenn kein Nachweis gefordert wird.


Gut, du hast es erwähnt.

ich werde hier das Ergebnis berichten, wenn die Sache abgeschlossen ist.

falls noch Tipps, Vielen Dank

Titel: Re: Freizugigkeitstatbestand
Beitrag von Muleta am 06.02.2015 um 19:46:38

Mokus schrieb am 06.02.2015 um 17:27:19:
widerspricht das dann nicht die bekannte Aussage, " ein EU-Bürger bleibt freizügigkeitsberechtigt, solange die ABH nicht das Gegenteil festgestellt hat "


nach den jüngsten Entscheidungen des EuGH dürfte diese Aussage nicht mehr haltbar sein. Ein Unionsbürger kann sich durchaus jahrelang in Deutschland aufhalten, ohne ein Recht zum Aufenthalt (Freizügigkeitsrecht) zu haben. Nur macht das relativ wenig, weil er trotzdem nicht ausreisepflichtig ist und ein Aufenthaltsrecht jederzeit wieder erlangt werden kann, wenn er wieder einen Freizügigkeitstatbestand erfüllt. Nur wenn die Behörde das Fehlen eines Aufenthaltsrechts feststellt (was also bereits vor der Feststellung entfallen sein muss, denn sonst könnte man dort nichts feststellen), dann würde der Unionsbürger auch ausreisepflichtig werden. Insofern: Daueraufenthalt gibt's nur, wenn   5 Jahre ein Aufenthaltsrecht bestand. National-rechtlich liegt die Beweislast dafür beim Antragsteller, ob der EuGH hier unionsrechtlich andere Maßstäbe anlegen würde, ist mir nicht bekannt.

Titel: Re: Freizugigkeitstatbestand
Beitrag von Mokus am 06.02.2015 um 20:25:41
Vielen Dank Muleta für die Erklärung.

Ich stelle jetzt eine eindeutige Frage.

wie kann jetzt ein EU-Bürger seine Freizügigkeitberechtigung nachweisen. Übergangszeiten bitte berücksichtigen, sie war bei mir kranenversichert und keine Lestungen bezogen, einige Bewerbungen liegen auch vor.

Titel: Re: Freizugigkeitstatbestand
Beitrag von Aras am 06.02.2015 um 23:07:37
durchgehender Krankenversicherungsschutz und regelmässiges Einkommen in Form von eigener Arbeit bzw. Unterhaltszahlungen des Ehemannes bzw. der Eltern.

Titel: Re: Freizugigkeitstatbestand
Beitrag von mgb am 06.02.2015 um 23:25:45
Eigentlich sollte eine Meldebescheinigung vom Einwohnermeldeamt über den betreffenden Zeitraum reichen als Nachweis für das Daueraufenthaltsrecht.
Was anderes ist im FreizügG bzw. in den Verwaltungsvorschriften nicht vorgesehen.

Titel: Re: Freizugigkeitstatbestand
Beitrag von Muleta am 07.02.2015 um 08:10:45

Mokus schrieb am 06.02.2015 um 20:25:41:
wie kann jetzt ein EU-Bürger seine Freizügigkeitberechtigung nachweisen. 


Da in Deutschland inzwischen eine Krankenversicherungspflicht besteht (der ggf. auch nachträglich noch genügt werden muss) und der fehlende Bezug von Sozialleistungen jedenfalls auf ausreichende Existenzmittel schließen lässt, könnte man argumentieren, dass außer eine Meldebescheinigung nichts erforderlich. Es läge dann bei der ABH, entsprechende Prüfungen anzustellen.

Ggf. wäre eine Krankenversicherungsbescheinigung über den Zeitraum und -sofern das zuständige Jobcenter das macht- eine Negativbescheinigung über (fehlenden) Sozialleistungsbezug als Nachweis geeignet. Sofern in der überwiegenden Zeit zumindest geringfügig gearbeitet wurde, könnten auch Lohnabrechnungen oder ein Rentenversicherungsverlauf ausreichen.

Titel: Re: Freizugigkeitstatbestand
Beitrag von mgb am 07.02.2015 um 10:55:02
Nach 5.5.1.1 allgemeine Verwaltungsvorschrift FreizügG kann das Nichtbestehen der Freizügigkeit nur in den ersten 5 Jahren festgestellt werden. Danach ist einfach das Daueraufenthaltsrecht entstanden.

Titel: Re: Freizugigkeitstatbestand
Beitrag von Muleta am 07.02.2015 um 11:00:14

mgb schrieb am 07.02.2015 um 10:55:02:
Nach 5.5.1.1 allgemeine Verwaltungsvorschrift FreizügG kann das Nichtbestehen der Freizügigkeit nur in den ersten 5 Jahren festgestellt werden.


nein: selbst die VwV macht deutlich, dass eine Feststellung nur vor Erwerb eines DA-Rechts in Frage kommt und das für ein DA-Recht ein rechtmäßiger(!) Aufenthalt über fünf Jahre vorangegangen sein muss. Der Verweis auf  § 5 Absatz 5 Satz 1 ist insofern völlig eindeutig und unmissverständlich. Die ggf. unklare Formulierung einer VwV ändert insofern nichts in der Rechtslage.

Titel: Re: Freizugigkeitstatbestand
Beitrag von mgb am 07.02.2015 um 11:16:48
Das Daueraufenthaltsrecht wird nicht erworben, sondern das gibt es einfach wenn 5 Jahre abgelaufen sind. Ob der Betroffene es nun will oder nicht.
Deine Fundstelle kannst du sicher genauer präzisieren.

Titel: Re: Freizugigkeitstatbestand
Beitrag von Mokus am 07.02.2015 um 11:26:54
Vielen Dank für die Antworten. wir sammeln dann alles mögliche und beantragen die genannte Bescheinigung.



mgb schrieb am 07.02.2015 um 10:55:02:
Nach 5.5.1.1 allgemeine Verwaltungsvorschrift FreizügG kann das Nichtbestehen der Freizügigkeit nur in den ersten 5 Jahren festgestellt werden. Danach ist einfach das Daueraufenthaltsrecht entstanden.


Ja schon, bin mir aber ganz sicher, dass die ABH eine Menge Unterlagen verlangen wird. Und Zeit und Nerven was dagegen zu unternehmen haben wir ehrlich nicht ...

Titel: Re: Freizugigkeitstatbestand
Beitrag von grisu1000 am 07.02.2015 um 12:25:41

mgb schrieb am 07.02.2015 um 11:16:48:
Das Daueraufenthaltsrecht wird nicht erworben...


Das stimmt, wenn jemand 5 Jahre EU-Freizügigkeit nach der Richtlinie genossen hat, bekommt er diese laut Gesetzeskraft.

Nach der aktuellen Rechtssprechung des EUGH reicht aber IMHO ein reiner Aufenthalt dazu nicht mehr aus. Sozialhilfebezug bedeutet damit kein Aufenthalt nach der Richtlinie 2004/38/EG, da damit das Existenzminimum nicht gesichert ist.

Das ist unabhängig davon, ob eine Behörde eine Feststellung trifft, dass eine EU-Freizügigkeit nicht mehr vorliegt. Man kann also ein Daueraufenthaltsrecht nach der Richtline  2004/38/EG nicht mehr ersitzen.

mgb schrieb am 07.02.2015 um 11:16:48:
...sondern das gibt es einfach wenn 5 Jahre abgelaufen sind. Ob der Betroffene es nun will oder nicht.


eben nicht mehr. Damit werden die ABH in Zukunft vermehrt prüfen, ob während des Zeitraums das Existenzminimum gesichert war und eine KV bestand.

Als Nachweise kommen IMHO in Frage. Bescheinigung, dass KV über 5 Jahre bestand. Rentenversicherungsnachweis, Steuererklärungen. Unterhaltsbescheide. Bescheinigung des Arbeitgebers usw.

Titel: Re: Freizugigkeitstatbestand
Beitrag von mgb am 07.02.2015 um 13:07:27
Die Krux an der Sache ist es ist den Mitgliedsländern gestattet durch nationales Recht die Betroffenen besser zu stellen als in Richtlinie 2004/38/EG vorgesehen, aber nicht schlechter.
Der Verzicht auf Freizügigkeitsbescheinigung, Absehen der Überprüfung nach 5.3.1.1 VwV, Einschränkung des Zeitraums des Feststellung des Nichtbestehens nach 5.5.1.1 sind Besserstellungen nach nationalem Recht.
Eine Ablehnung der Daueraufenthaltsbestätigung, trotz bestehendem Daueraufenthaltsrechts, nach dem komisch formulierten Satz 1 von 5.5.1.3 ist eine Verschlechterung und damit nicht zulässig.

Titel: Re: Freizugigkeitstatbestand
Beitrag von grisu1000 am 07.02.2015 um 13:26:21

mgb schrieb am 07.02.2015 um 13:07:27:
durch nationales Recht die Betroffenen besser zu stellen als in Richtlinie 2004/38/EG vorgesehen, aber nicht schlechter.


VwV sind keine Gesetze. Und Entscheidungen des EUGH sind für die Mitgliedsstaaten bindend, auch wenn sie eine Verschlechterung gegenüber der ursprünglichen Praxis darstellen.

Titel: Re: Freizugigkeitstatbestand
Beitrag von Muleta am 07.02.2015 um 15:57:32

mgb schrieb am 07.02.2015 um 11:16:48:
Das Daueraufenthaltsrecht wird nicht erworben, sondern das gibt es einfach wenn 5 Jahre abgelaufen sind. 


das ist falsch: das Freizügigkeitsrecht wird natürlich erworben - nur dass es dazu keines Verwaltungsaktes bedarf, sondern der Erwerb kraft Gesetzes eintritt. Aber natürlich nur dann, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen zu irgendeinem Zeitpunkt auch tatsächlich erfüllt waren. Und § 4a Abs. 1 Satz 1 Freizügigkeitsgesetz fordert nunmal einen rechtmäßigen Aufenthalt von 5 Jahren Dauer. "Rechtmäßig" ist in diesem Sinne unionsrechtlich auszulegen und kann daher nur "mit Freizügigkeitsrecht" bedeuten. Ein Aufenthalt ohne Freizügigkeitsrecht, der vom Unionsstaat toleriert wird, ohne dass eine entsprechende Feststellung getroffen wird, genügt daher nicht und führt zu einer Unterbrechnung: die Uhr wird dann zurückgesetzt.


mgb schrieb am 07.02.2015 um 11:16:48:
Deine Fundstelle kannst du sicher genauer präzisieren.


Die VwV lautet insofern:


Zitat:
Der Verlust bzw. das Nichtbestehen des Freizügigkeitsrechts aufgrund des Fehlens der Ausübungsvoraussetzungen (§§ 2 bis 4) kann nur innerhalb der ersten fünf Jahre nach Begründung des ständigen Aufenthalts festgestellt werden, § 5 Absatz 5 Satz 1


§ 5 Abs. 5 S. 1 regelt die Ausstellung einer Daueraufenthaltsbescheinigung, welche (natürlich) nur dann ausgestellt werden darf, wenn das Daueraufenthaltsrecht tatsächlich erworben wurde (s. oben zum Erwerb). Der Verordnungsgeber ist bei der Abfassung der VwV ersichtlich noch davon ausgegangen, dass nach 5 Jahren das Daueraufenthaltsrecht auf jeden Fall erworben wird. Insofern eindeutig auch Nr. 5.5.1.3: "Eine Entscheidung gemäß § 5 Absatz 5 kann nach fünf Jahren rechtmäßigen Aufenthalts auch dann nicht getroffen werden..." Wie man es also auch dreht und wendet: eine schlichte Verlustfeststellung kommt nur dann nicht mehr in Betracht, wenn zuvor das DA-Recht tatsächlich erworben wurde. Daran ändern auch Unklarheiten in der VwV letztlich nichts.


mgb schrieb am 07.02.2015 um 10:55:02:
Danach ist einfach das Daueraufenthaltsrecht entstanden.


eben nicht. Die VwV (und insbes. Nr. 5.5.1.1) regeln nämlich überhaupt nicht den Erwerb des Daueraufenthaltsrechts.


grisu1000 schrieb am 07.02.2015 um 12:25:41:
Sozialhilfebezug bedeutet damit kein Aufenthalt nach der Richtlinie 2004/38/EG, da damit das Existenzminimum nicht gesichert ist. 


aber genau das ist auch nicht richtig - Beispiel: ein italienischer Staatsangehöriger reist mittellos ein, beantragt Sozialleistungen und sucht eineinen Job. Nach 3 Monaten hat ein Landsmann Erbarmen mit ihm und beschäftigt ihn als Küchenhilfe für 350 EUR im Monat. Nach einem Jahr wird die Pizzaria geschlossen und er ist wieder drei Monate arbeitslos, danach findet er ein weiteres Restaurant, wo er auch für 350 EUR im Monat arbeitet. Nach fünf Jahren hat er selbstverständlich sein Daueraufenthaltsrecht erworben und zwar obwohl er die ganzen fünf Jahre vollständig oder ergänzend Sozialleistungen bezogen hat. Für seine mit ihm eingereiste spanische Ehefrau, die in der ganzen Zeit überhaupt nicht gearbeitet hat, gilt das natürlich auch.

Insofern sollte man sich davor hüten, mit Begriffen wie "gesicherter Lebensunterhalt" o.ä. im Rahmen des Freizügigkeitsgesetzes zu argumentieren.

Es ist also ggf. eine ziemlich komplexe Angelegenheit, zu prüfen, ob ggf. ein Recht zur Arbeitsplatzsuche (§ 2 Abs. 1a) bestanden bzw. fortbestanden hat oder ob der Umfang einer Erwerbstätigkeit zur Freizügigkeits nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 FreizügigkG führt. Und insofern ist es für die Ausländerbehörden auf Grund der materiellen Beweislast naturgemäß einfacher, den Antrag auf Erteilung einer Daueraufenthaltskarte abzulehnen als die (naturgemäß sehr temporäre) Feststellung des Nichtbestehens eines Freizügigkeitsrechts zu treffen.

Titel: Re: Freizugigkeitstatbestand
Beitrag von Mokus am 07.02.2015 um 16:37:00
Vielen Dank nochmals für die Hilfe.

Ich sehe das Thema FreizügigG ist gar nicht so einfach.

wenn ich jetzt die Antworten verstanden habe, es geht darum, ob man in den letzten 5 Jahren rechtsmässig  aufgehalten hat oder nicht.

Hier eröffnet sich dann die nächste Frage, was versteht man dann unter " rechtmässig " wird das für EU-Bürger nach dem FreizügigG oder nach AufenthG definiert.

Was bedeutet das konkret.

Jemand der immer krankenversichert war / ist und  keinen Cent dem Staat geschuldet hat, hat einpaar Jahren gearbeitet und hat Studium angefangen und ist fast fertig.

Wenn die ABH in diesem Fall wirklich der Meinung wäre, meine Frau sei irgendwann nicht rechtsmässig aufgehalten, dann einfach Kopf schütteln.

Mokus


Titel: Re: Freizugigkeitstatbestand
Beitrag von DoctorZ am 07.02.2015 um 19:22:06

Mokus schrieb am 07.02.2015 um 16:37:00:
was versteht man dann unter " rechtmässig " wird das für EU-Bürger nach dem FreizügigG oder nach AufenthG definiert.


Aufenthalt nach den Kriterien des § 2 FreizügG

Titel: Re: Freizugigkeitstatbestand
Beitrag von dgstein am 07.02.2015 um 19:45:41
Hallo,


Mokus schrieb am 07.02.2015 um 16:37:00:
Hier eröffnet sich dann die nächste Frage, was versteht man dann unter " rechtmässig " wird das für EU-Bürger nach dem FreizügigG oder nach AufenthG definiert.

genau diese Frage hatte ich dir in meinem letzten Beitrag schon beantwortet.

Voraussetzung für einen "ständigen rechtmäßigen Aufenthalt" ist, dass der Unionsbürger sich in diesem Zeitraum durchgängig freizügigkeitsberechtigt hier aufgehalten hat. Der rechtmäßige Aufenthalt im Sinne des AufenthG genügt nicht.


Zitat:
Was bedeutet das konkret.

Jemand der immer krankenversichert war / ist und  keinen Cent dem Staat geschuldet hat, hat einpaar Jahren gearbeitet und hat Studium angefangen und ist fast fertig.

Zeiten, in denen deine Frau gearbeitet hat, fallen unter den Freizügigkeitstatbestand des § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU.

Zeiten des Studiums fallen unter den Freizügigkeitstatbestand des § 4 FreizügG/EU, wenn in dieser Zeit Krankenversicherungsschutz bestand und der Lebensunterhalt ohne Inanspruchnahme von Sozialleistungen gesichert war.

Viele Grüße

dgstein

Titel: Re: Freizugigkeitstatbestand
Beitrag von Mokus am 07.02.2015 um 21:13:17

dgstein schrieb am 07.02.2015 um 19:45:41:
Zeiten des Studiums fallen unter den Freizügigkeitstatbestand des § 4 FreizügG/EU, wenn in dieser Zeit Krankenversicherungsschutz bestand und der Lebensunterhalt ohne Inanspruchnahme von Sozialleistungen gesichert war.



Sozialleistungen haben wir nie bezogen, krankenversichert waren / sind wir immer.

Die Frage ist ob die ABH schauen wird wie viel Geld genau zur Verfügung stand oder nicht, weil unsere Sorge ist, dass wir nicht immer die Summe von " 2*360 + Miete" zur Verfügung hatten, es waren Zeiten wo weniger zur Verfügung stand.

Vielen dank für Alle, die sich Zeit geopfert haben und uns hier helfen. :)

Titel: Re: Freizugigkeitstatbestand
Beitrag von Muleta am 08.02.2015 um 08:49:06

Mokus schrieb am 07.02.2015 um 21:13:17:
Sozialleistungen haben wir nie bezogen, krankenversichert waren / sind wir immer.


dann reicht es.


Mokus schrieb am 07.02.2015 um 21:13:17:
Die Frage ist ob die ABH schauen wird wie viel Geld genau zur Verfügung stand oder nicht, weil unsere Sorge ist, dass wir nicht immer die Summe von " 2*360 + Miete" zur Verfügung hatten, es waren Zeiten wo weniger zur Verfügung stand. 


was auch immer die Behörde tatsächlich machen wird: es kommt nicht drauf an. Anders als im AufenthG, wo der Lebensunterhalt prognostisch(!), also in die Zukunft bezogen, "gesichert" sein muss, ist es für die Freizügigkeit nur erforderlich, dass "ausreichende Existenzmittel" in der Vergangenheit zur Verfügung standen, so dass sie nicht "auf den Bezug von Sozialleistungen angewiesen war". Wenn also in der Vergangenheit keine Leistungen bezogen wurde, dann war sie auch nicht darauf angewiesen. Unionsbürger können insofern auch tatsächlich mit weniger Geld auskommen, als ihnen nach den Sozialleistungssätzen zustehen würde - das macht nichts. Weiterhin können die Mittel bei Unionsbürgern und auch unregelmäßig oder nicht zuverlässig zu Verfügung gestanden haben. Bei der rein rückwärts gerichteten Betrachtung ist insofern nur entscheidend, dass es "irgendwie" gereicht hat.

Titel: Re: Freizugigkeitstatbestand
Beitrag von Mokus am 08.02.2015 um 10:17:56
Vielen Dank an Alle,

Die Frage ist somit beantwortet. Ich berichte hier wenn die Sache abgeschlossen ist.

Schönen Sonntag wünsche ich Euch.

Mokus

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