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Ausländerrecht >> Sonstiges zum Thema Ausländerrecht >> Problem mit der Wohnsitznahme
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Beitrag begonnen von Lemmy am 02.12.2011 um 19:10:06

Titel: Problem mit der Wohnsitznahme
Beitrag von Lemmy am 02.12.2011 um 19:10:06
Hallo,

ich hoffe ihr könnt mir weiter helfen

Eine  Bekannte von mir ist iranische Staatsangehörige und ist schwerpflegebedürftig
Bis vor Kurzem lebte sie mit ihrer Tochter in Sachsen. Die Tochter besitzt  eine Aufenthaltserlaubnis ohne Beschränkung der Wohnsitznahme. Meine  Bekannte  eine Aufenthaltserlaubnis mit Wohnsitznahme in Sachsen. Dort  bezog  sie Pflegegeld.

Nun ist sie mit der Tochter nach Niedersachsen gezogen und erhält nun kein Pflegegeld mehr. Außerdem hatte sie einen Antrag auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung beantragt, diese wurde aber auch abgelehnt.

Nun ist meine Frage, was sie nun dagegen tun kann.
Vielen Dank schon mal für die Hilfe  ;)

Titel: Re: Problem mit der Wohnsitznahme
Beitrag von Helfer am 02.12.2011 um 19:29:32
Hallo,
wurde denn von Seite der ABH dem Umzug zugestimmt?
Wenn nicht, kann dies ein Grund sein, warum keine Leistung zugestimmt wird.
Die Wohnsitzauflage bei der Bekannten wurde ja als Nebenbestimmung in die AE aufgenommen, weil sie Sozialleistungen bezogen wurde. Hat sicher § 25 IV oder V AufenthG. Der Normalweg ist, das man eine Anfrage zum Umzug bei der zuständigen ABH macht, diese fragt dann bei der zukünftigen ABH an und diese Stimmt zu oder nicht, dann kann umgezogen werden.

Titel: Re: Problem mit der Wohnsitznahme
Beitrag von Lemmy am 03.12.2011 um 11:08:23
Die ABH wurde nicht gefragt. Muss sie denn nun wieder zurückziehen oder kann man etwas von hier aus unternehmen?
Sie hat § 25 III AufenthG.

Soweit ich, dass hier im Forum sehe ist das nicht ganz so einfach die Wohnsitznahme los zu werden. Gibts da denn einen Paragraphen der einem dabei hilft?


Titel: Re: Problem mit der Wohnsitznahme
Beitrag von Helfer am 03.12.2011 um 17:50:49
Hallo,
Paragraphen kenne ich leider nicht dazu.
Man könnte aber bei der alten ABH so argumentieren, das sie auf die Tochter angewiesen ist, Stichwort Pflegebedürftigkeit und wird unter anderem von der Tochter betreut, wenn dem so ist und in der alten Stadt ganz alleine wäre.
Los wird ,am so zwar nicht die Wohnsitzauflage, aber man könnte wenn die neue ABH zustimmt umziehen.

Titel: Re: Problem mit der Wohnsitznahme
Beitrag von schweitzer am 03.12.2011 um 22:22:49
Das Problem ist vertrackter als Ihr glaubt.

Die Streichung der Wohnsitzauflage hätte vor dem Umzug bei der ABH am (damaligen) Hauptwohnsitz beantragt werden müssen. - Regelmäßig erfolgt eine solche Streichung nur dann, wenn sicher ist, dass am Ort des künftigen Hauptwohnsitzes der LU hinreichend und nachhaltig gesichert ist. - Dass das bei einer pflegebedürftigen älteren Frau nicht mehr zu erwarten ist, ist klar.

Deshalb wird solchen Anträgen in solchen Fällen auch regelmäßig nicht entsprochen. Eine Ausnahme wäre eventuell einzelfallbezogen möglich gewesen, wenn die Tochter durch einen wesentlichen Mehrverdienst am Ort des beabsichtigten neuen Wohnsitzes ganz oder wenigstens mehr für den LU hätte aufkommen können als am bisherigen Hauptwohnsitz.

Aber nochmal, regelmäßig erfolgt das bei einer Konstellation wie hier nicht. - Die neue Behörden sind nun wegen der noch bestehenden Wohnsitzauflage für die pflegebedürftige Frau "örtlich unzuständig" - daher können und dürfen gar keine Leistungen für sie bewilligt werden. - Womit sich die Katze in den Schwanz gebissen hat.

Ob die Behörden jetzt im Nachhinein "Good Will" walten lassen und den durch die beiden Frauen herbeigeführten Zustand akzeptieren, ist zweifelhaft. - Nicht ganz unberechtigterweise würde vor allem die Behörde am Zuzugsort Befürchtungen hegen, damit ein "nachahmenswertes Exempel" zu sanktionieren. (Besonderes größere Städte "befürchten", wohl nicht ganz zu Unrecht, dass, wenn solche Beispiele Schule machen, ein erheblicher Zuzug von potenziellen auf Sozialleistungen angewiesenen Menschen mit ausländischer Staatsangehörigkeit zu ihnen erfolgen würde, ohne dass sie dafür einen Ausgleich von irgendwoher bekämen).

Im schlimmsten Fall kann es also sein, dass beide Frauen wieder an den bisherigen Hauptwohnsitz zurückkehren müssen.

Den Versuch noch mal mit den beteiligten Behörden zu reden, würde ich sicher auch machen - die beiden sollen dabei versuchen, eine Beratungsstelle zur Unterstützung zu finden.

Aber ich sage nochmals, und tue dies aus viele Jahre währender, bisweilen schmerzlicher Beratungserfahrung, die Chancen stehen gering.

Tut mir leid, aber Ehrlichkeit ist mir insoweit allerwichtigstes Gebot!


=schweitzer=

Titel: Re: Problem mit der Wohnsitznahme
Beitrag von gc am 04.12.2011 um 01:29:54
Fragen dazu:

Weshalb ist die Tochter nach Nds. umgezogen, hat sie dort eine Arbeit gefunden, gibt es weitere Angehörige, wie lange sind sie schon dort etc.?

Was konkret spricht derzeit gegen die Rückkehr nach Sachsen?

***

Solche Wohnsitzauflagen sind rechtlich und integrationspolitisch fragwürdig, zumal die Auflagen nicht im Gesetz stehen, sondern nur auf einer in der VwV zu § 12 Abs. 5 AufenthG vereinbarten Verwaltungspraxis beruhen. Vgl. zur Kritik:
http://www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/pdf/Classen_Residenzpflicht_Berlin_220210.pdf
dort "3. Residenzpflicht für Ausländer mit Aufenthaltserlaubnis"

Die Auflagen verstoßen nach Auffassung des UNHCR gegen internationales Recht:
http://www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/pdf/UNHCR_Wohnsitzauflage.pdf

Agumentativ hilfreich wäre es ggf., wenn die Tochter in Niedersachsen gebunden ist (Arbeit, Wohnung, schulpflichtige Kinder, Angehörige etc.), und ob das Sozialamt/Jobcenter ggf. der Tochter (und ihren Angehörigen, und der Mutter) den Umzug nach und die Wohnungsbeschaffung in Sachsen bezahlen würde.

Zudem ggf. die praktisch konkrete, physische und psychische Unzumutbarkeit und Unmöglichkeit des Rückumzugs nach Sachsen für die Mutter erläutern, und zwar auch für den Fall, dass die Mutter alleine dorthin ziehen müsste (ärztliche Stellungnahme!). Der Tochter kann niemand vorschrieben nach Sachsen umzuziehen.

Würde man die Mutter allein dorthin schaffen, wäre sie dort auf institutionelle Pflege angewiesen, mit den entsprechenden Mehrkosten. Mit den Grundsätzen des Sozialhilferechts (§ 16 SGB XII) und dem GG (Art 1 und 6 GG) wäre dieses Ergebnis kaum vereinbar.


Also: Schriftlichen Antrag auf Aufhebung, hilfsweise Änderung der Wohnsitzauflage bei der Ausländerbehörde in Sachsen. Da (nicht nur) die dortigen Behörden derartige Fälle häufig aussitzen statt Lösungen zu ermöglichen, gegebenenfalls (wenn Aussicht auf Erfolg) ergänzend mit anwaltlicher Hilfe bei Gericht 1. einen Eilantrag beim VG gegen die Behörde in Sachsen auf Genehmigung des Umzugs und 2. einen weiteren Eilantrag auf vorläufige Sozialleistungen beim SG in Niedersachsen.

Beratungsmöglichkeiten in Niedersachsen:
http://www.nds-fluerat.org/adressen-und-anlaufstellen/



Nach der VwV zu § 12 AufenthG müssen die beteiligten Behörden bei pflegebedürftige Angehörigen den Umzug genehmigen:
http://www.verwaltungsvorschriften-im-internet.de/pdf/BMI-MI3-20091026-SF-A001.pdf

12.2.5.2.4.2 Darüber hinaus ist die Zustimmung – unabhängig von der Sicherung des Lebensunterhalts oder den genannten migrations- und integrationspolitischen Interessen – zu erteilen, wenn mindestens eine der folgenden Voraussetzungen
vorliegt: (...)

- Der Umzug der Verwandten dient der dauerhaften und nachhaltigen Verbesserung der benötigten Pflege von Betroffenen, die wegen ihres Alters oder wegen ihrer Krankheit oder Behinderung pflegebedürftig sind. Entsprechendes gilt, wenn der Pflegebedürftige zu den Verwandten zieht.



Problematisch ist allerdings, dass auch die Tochter erst jetzt nach Nds umgezogen ist. Von daher käme es wohl auch auf ihre Bindungen in Nds und auf die (Un)zumutbarkeit der Rückkehr für alle Beteiligten an.






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