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Beitrag begonnen von Glue am 17.05.2011 um 11:20:17

Titel: Einbenennung Stiefkind
Beitrag von Glue am 17.05.2011 um 11:20:17
Hallo allerseits,

war heute beim Standesamt, um Infos über die Einbenennung nach §1618 BGB zu bekommen, und bin nun leider ziemlich enttäuscht! Also, hier der Fall:

Meine Frau und mein Stiefsohn, 8 J. alt, leben seit über einem Jahr mit mir zusammen in Deutschland. Meine Frau und ich haben einen gemeinsamen Familiennamen (meinen) seit unserer Heirat in den Philippinen. Um mit einem anderen Namen nun nicht immer "aussenvor" zu sein, dachte ich an seine Einbenennung. Er trägt bisher den Geburtsnamen meiner Frau. Klar, die Einbenennung hätte nur Bedeutung in Deutschland, sein philippinischer Pass hätte weiterhin den alten Namen. Alles kein Problem, dachte ich, ...

Nun hat mich aber die Standesbeamtin ziemlich abgewimmelt  :'( Es hätte so einen Fall hier noch nie gegeben (westdeutsche Großstadt)... da er Filipino wäre, sollten wir uns an philippinische Behörden wenden. Mein Einwand, dass es die "Einbenennung" nach philippinischem Recht nicht gäbe, und dass es doch hauptsächlich darum ginge, dass unser Sohn sich nicht ausgesondert fühlt, fruchteteten nicht.

Wer weiß Rat? Weiter nachhaken, oder ist das wirklich ein Weg, von dem so stark abzuraten ist? (Adoption ist auch geplant, dauert aber natürlich sehr lange, und benötigt zudem die Zustimmung des leiblichen Vaters).

Vielen Dank!

Titel: Re: Einbenennung Stiefkind
Beitrag von Runenwolf am 17.05.2011 um 11:46:25
Hallo Glue,

unter Umständen könnt ihr dem Kind natürlich euren gemeinsamen Ehenamen erteilen. Die rechtliche Grundlage hierfür ist das Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB).
Ich habe die entsprechende Vorschrift mal eingefügt und das für dich wichtige fettgedruckt.

Art 10
Name
(1) Der Name einer Person unterliegt dem Recht des Staates, dem die Person angehört.
(2) Ehegatten können bei oder nach der Eheschließung gegenüber dem Standesamt ihren künftig zu führenden Namen wählen
1.nach dem Recht eines Staates, dem einer der Ehegatten angehört, ungeachtet des Artikels 5 Abs. 1, oder
2.nach deutschem Recht, wenn einer von ihnen seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat.
Nach der Eheschließung abgegebene Erklärungen müssen öffentlich beglaubigt werden. Für die Auswirkungen der Wahl auf den Namen eines Kindes ist § 1617c des Bürgerlichen Gesetzbuchs sinngemäß anzuwenden.
(3) Der Inhaber der Sorge kann gegenüber dem Standesamt bestimmen, daß ein Kind den Familiennamen erhalten soll 1.nach dem Recht eines Staates, dem ein Elternteil angehört, ungeachtet des Artikels 5 Abs. 1,
2.nach deutschem Recht, wenn ein Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, oder
3.nach dem Recht des Staates, dem ein den Namen Erteilender angehört.
Nach der Beurkundung der Geburt abgegebene Erklärungen müssen öffentlich beglaubigt werden.
(4) (weggefallen)

Zunächst solltet ihr überlegen, wer die Personensorge für das Kind hat, deine Frau alleine? Wenn ja, dann kann sie gegenüber dem Standesamt erklären, dass sie als Personensorgeberechtigte bestimmt, dass das Kind einen Familiennamen nach deutschem Recht erhalten soll und zwar entweder weil sie selbst in Deutschland lebt oder weil du als Deutscher dem Kind einen Namen erteilen willst.

Hat sie das Sorgerecht zusammen mit dem Vater, der ja wohl auf den Philippinen lebt, dann sollte sie zunächst versuchen, das alleinige Sorgerecht zu bekommen. Denn sonst müsste auch der Vater diese Erklärung zur Rechtswahl ins deutsche Recht unterschreiben und das wird wohl kaum möglich sein.

Das war der erste Streich, damit holt ihr sozusagen das philippinische Kind uns deutsche Namensrecht.

Dann kommt der zweite Teil. Ich gebt die Erklärung nach § 1618 BGB ab, dazu müsst ihr wiederum den Nachweis zur Personensorge vorlegen, den Nachweis, dass ihr einen Ehenamen führt und das Kind bei euch im Haushalt lebt. Der Vater des Kindes wird bei einer solchen Entscheidung nur dann befragt, wenn er entweder das Sorgerecht (auch gemeinsam) hat oder das Kind seinen Namen führt. Das tut es in dem Fall wohl nicht.

Sollte die Standesbeamtin das nicht hinbekommen, empfehle ich euch ein Gespräch mit dem Vorgesetzten. Solch eine Einbenennung ist eigentlich gar nicht schwierig.
Und den Satz ... das gabs bei uns noch nicht ... den liebe ich wie Magenkrämpfe. Alles hat man irgendwann zum ersten Mal und jeder Standesbeamte hat eine Aufsichtsbehörde. Und die Aufsichtsbehörde müsste das Procedere bei Einbenennungen mit Auslandsbeteiligung wissen.

Nimm's der Standesbeamtin aber bitte nicht übel, Standesbeamte sind immer sehr sehr vorsichtig, wenn es drum geht, den Namen eines ausländischen Mitbürgers ins deutsche Recht zu holen und in eine Form zu ändern, die das Recht des Ausländers nicht kennt. Man nennt das hinkende Namensführung und das kann einem Ausländer jede Menge Schwierigkeiten machen.

Wenn du noch Fragen hast, einfach melden.

Gruß


Titel: Re: Einbenennung Stiefkind
Beitrag von Glue am 17.05.2011 um 12:35:56
Danke Runenwolf, das hilft schonmal eine ganze Ecke weiter bei der Einschätzung der Rechtslage.

Vielleicht findet sich ja noch jemand, der eine solche Namensänderung mit Beteiligung verschiedener Nationalitäten durchlaufen hat, und der von seinen Erfahrungen berichten kann. Falls nicht, werde ich berichten, wenn es klappt.

Titel: Re: Einbenennung Stiefkind
Beitrag von hge2001 am 18.05.2011 um 06:51:00

Runenwolf schrieb am 17.05.2011 um 11:46:25:
Hat sie das Sorgerecht zusammen mit dem Vater, der ja wohl auf den Philippinen lebt, dann sollte sie zunächst versuchen, das alleinige Sorgerecht zu bekommen. Denn sonst müsste auch der Vater diese Erklärung zur Rechtswahl ins deutsche Recht unterschreiben und das wird wohl kaum möglich sein.Das war der erste Streich, damit holt ihr sozusagen das philippinische Kind uns deutsche Namensrecht.


... sehr interessant was du schreibst. Das wird viele andere auch interessieren.

Glue schreibt, dass der Sohn jetzt den Geburtsnamen der Mutter hat. Daher gehe ich davon aus, dass sie nie mit dem biologischen Vater verheiratet war. In diesem Fall hat der Vater laut philippinischem Recht kein Sorgerecht, dann sollte sich das Problem "automatisch" lösen.

Meine Frage: Angenommen die Einbenennung nach deutschem Recht würde klappen, muss nicht die philippnische Botschaft diesem zustimmen? Denn es kommt ja sicherlich der Zeitpunkt, dass ein neuer Pass beantragt werden muss.

hge

Titel: Re: Einbenennung Stiefkind
Beitrag von Runenwolf am 18.05.2011 um 08:57:23

hge2001 schrieb am 18.05.2011 um 06:51:00:
Angenommen die Einbenennung nach deutschem Recht würde klappen, muss nicht die philippnische Botschaft diesem zustimmen? Denn es kommt ja sicherlich der Zeitpunkt, dass ein neuer Pass beantragt werden muss.


Nein, die philippinische Botschaft muss nicht zustimmen. Mit Rechtswahl ins deutsche Recht unterwirft sich das Kind sozusagen für den deutschen Rechtsbereich dem deutschen Sachenrecht. Und das deutsche Sachenrecht kennt im Rahmen von § 1618 BGB nur die Zustimmungspflicht des leiblichen Vaters unter bestimmten Voraussetzungen (er hat das Sorgerecht oder das Kind trägt seinen Namen). Der Ehemann der Mutter muss den Namen sozusagen miterteilen und die Mutter muss es beantragen.
Die Botschaft eines Heimatlandes zu fragen, ist nicht nötig, stell dir vor, du hast einen Doppelstaater ... dann müsstest du zwei fragen.

Das Problem mit der unterschiedlichen Namensführung kennt der TS aber, so habe ich das den Ausführungen entnommen. In Deutschland führt das Kind dann den Ehenamen der Mutter und des Stiefvaters und auf den Philippinen den Geburtsnamen der Mutter. Man nennt das "hinkende" Namensführung.

Im Pass selbst wird der Aufenthaltstitel auf den in Deutschland geführten Namen gemacht und mit dem Zusatz versehen, dass das Kind im Deutschen Rechtsbereich aufgrund einer Erklärung den Familiennamen der Mutter und des Stiefvaters führt.

Wir wissen nicht, ob der leibliche Vater tatsächlich Philippine ist, das kann genauso gut ein Deutscher sein oder sonst ein Staatsangehöriger. Deswegen hatte ich geschrieben, sie soll zunächst klären, wie das mit dem Sorgerecht ist.

Wir wissen auch nicht, ob die Mutter und der leibliche Vater verheiratet waren, allein aus einer unterschiedlichen Namensführung ist das nicht zu schließen. Nach philippinischem Recht kann bei einer Eheschließung die Frau auch ihren Namen behalten. Ähnlich ist das ja auch in Deutschland.

Im Normalfall bekommt ein eheliches Kind auf den Philippinen den Namen des Vaters, ob eventuell nach einer Scheidung die Möglichkeit besteht, dem Kind den Geburtsnamen der Mutter zu erteilen, kann ich nicht sagen. Vielleicht gibt es auch gar keinen Vater zu dem Kind, weil er nie die Vaterschaft anerkannt hat. Dann bekommt das Kind ja auch den Namen der Mutter.

Alles nur Mutmaßungen, deswegen der Rat, das mit dem Sorgerecht vorab zu klären. Hat die Mutter das alleinige Sorgerecht, wird es relativ einfach über die Bühne gehen.

Titel: Re: Einbenennung Stiefkind
Beitrag von hge2001 am 18.05.2011 um 09:20:36

Runenwolf schrieb am 18.05.2011 um 08:57:23:
Im Pass selbst wird der Aufenthaltstitel auf den in Deutschland geführten Namen gemacht und mit dem Zusatz versehen, dass das Kind im Deutschen Rechtsbereich aufgrund einer Erklärung den Familiennamen der Mutter und des Stiefvaters führt. 



Danke, das habe ich jetzt verstanden. Ist plausibel.

hge

Titel: Re: Einbenennung Stiefkind
Beitrag von Glue am 18.05.2011 um 11:10:42
Danke, Ihr habt im wesentlichen korrekt gemutmasst: der leibliche Vater ist Filipino, und es gab keine Ehe. Das Sorgerecht sollte also kein Problem sein.

Das Standesamt kann uns natürlich trotzdem Steine in den Weg legen, da es erstens die philippinische Rechtslage bzgl. Sorgerecht akzeptieren muß, und zweitens für jede philippinische Urkunde eine Urkundenprüfung verlangen kann. Wobei eigentlich ja nur die Geburtsurkunde notwendig ist, und die sollte schon im Rahmen der FZV überprüft worden sein. Ach ja, Übersetzungen und Dolmetscher könnten sicher auch noch verlangt werden, alles Dinge, an denen wir bisher, auch wegen Wohlwollens einer anderen Standesbeamtin, vorbeigekommen sind.

Ob die "hinkende Namensführung" eine praktikable Lösung ist, wird vielleicht nur die Zukunft zeigen. Langfristig können wir dann ja einen "einheitlichen" Namen widerherstellen, sei es durch Adoption oder durch ein Gerichtsverfahren zur Namensänderung in den Philippinen.

Titel: Re: Einbenennung Stiefkind
Beitrag von Runenwolf am 18.05.2011 um 11:44:14

Glue schrieb am 18.05.2011 um 11:10:42:
Wobei eigentlich ja nur die Geburtsurkunde notwendig ist, und die sollte schon im Rahmen der FZV überprüft worden sein.


Wenn diese Geburtsurkunde schon mal überprüft worden ist, dann gibt es darüber Unterlagen. Frag doch mal bei der ABH nach, wenn die Echtheit und der Inhalt bereits bestätigt sind, dann wäre es Unsinn, jetzt nochmals eine Überprüfung zu verlangen. Was sollte eine erneute Überprüfung einer Urkunde ergeben? Soll sie jetzt auf einmal falsch sein?

Eine Übersetzung der Urkunde muss auch vorhanden sein. Die wird die ABH ebenfalls gebraucht haben.

Ruf mal bei der ABH an, frag nach Urkunde mit Übersetzung und Überprüfung. Wenn das da ist, dann melde dich noch mal beim Standesamt und erkläre der Dame, dass deiner Auffassung nach eine Einbenennung möglich sein muss. Berufe dich auf die Vorschriften, die ich dir genannt habe. Die Standesbeamtin kann bei ihrer Aufsicht anrufen und sich wegen den philippinischen Sorgerechtsregelungen erkundigen und wenn sie nicht sicher ist, dass die Einbenennung geht.

Mit der hinkenden Namensführung ist das so eine Sache. Manche bekommen damit Schwierigkeiten, andere gar nicht. Vielleicht solltet ihr mal auf dem philippinischem Konsulat nachfragen, ob die wegen einer solchen Namenserklärung Theater machen.
Ich hab nochmal bei einer Kollegin nachgefragt. Der Aufenthaltstitel wird bei uns immer mit dem Namen ausgestellt, wie er aus dem Pass hervorgeht und dann noch ein Zusatz angebracht, dass der Passinhaber nach deutschem Recht seit dem ... (Datum) den Familiennamen .... führt. Insoweit waren meine obigen Ausführungen nicht so ganz korrekt.

Noch ein Tipp. Wenn die Standesbeamtin das mit den Erklärungen nicht auf die Reihe bekommt. Die Erklärungen könnt ihr auf jedem x-beliebigen Standesamt abgeben. Wirksam wird die Erklärung mit Entgegennahme beim zuständigen Standesamt. Das ist in eurem Fall euer Wohnsitzstandesamt. Dann muss die Standesbeamtin die Erklärungen aber in jedem Fall prüfen. Die Erklärungen liegen schon mal vor und dann ist es an ihr tätig zu werden.
Lehnt die Standesbeamtin die Entgegennahme ab, dann wendet euch an die Aufsicht oder geht ans Amtsgericht. Melde dich ruhig nochmal, wenn du da Schwierigkeiten bekommst.

Gruß

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