Hallo zusammen,

zunächst auch von mir als newbie ein großes Lob an dieses Forum mit all seinen engagierten Menschen!

Gestern ist meiner chinesischen Verlobten in Beijing ein einmonatiges Besuchsvisum verweigert worden.

Wir kennen uns seit Beginn des Jahres. Ich bin seit 3 Jahren in Beijing tätig, seit 3 Monaten in Deutschland und werde Anfang Dezember nach Beijing zurückkehren.

Nachdem meine Verlobte vor zwei Wochen schon einmal von einer chinesischen Schalterbeamtin in einer unwürdigen Art und Weise wegen eines fehlenden Dokuments abgewiesen worden ist, nahm man Ihre Unterlagen letzten Dienstag entgegen.

Ich habe gestern sofort mit der stellvertretenden Leiterin der Visaabteilung gesprochen. Sie konnte meine Aufregung verstehen und bat meine Verlobte zu remonstrieren. Ich habe mir von Ihr ebenfalls eine Vollmacht ausstellen lassen.

Nach einer langen Nacht, die von Internetrecherchen geprägt war, habe ich nun folgende Fragen:

1. Wie hilfreich ist das AA in solchen Fällen wirklich?
2. Wer hat Erfahrungen mit einer Petition?
3. Besuchszweck und Rückkehrbereitschaft scheinen oftmals der Hauptgrund zu einer Ablehnung zu sein. Welche Art von Verwurzelung zählen ausser einem gesicherten Einkommen, Anteil an der Wohnung des Großvaters, sowie Wohnen in der elterlichen Wohnung in Beijing?
4. Was ist Eures Erachtens der Hauptgrund für eine relat. hohe Anzahl abgewiesener visa?
a) BRD möcht so wenig wie möglich Besucher aus Entwicklungsländern
b) Willkür der gesandten Beamten vor Ort
c) Quotenvorgaben

Es muss doch möglich sein, seine Verlobte, die studiert und eine Zeit lang bei Siemens in China gearbeitet hat, die ein gesichertes Einkommen hat und zwei Wohnungen Ihrer Familie nutzen kann, für 4 Wochen einladen zu können.

Warum werden alle Ausländerinnen von Entwicklungsländern denn dermaßen unter Generalverdacht gestellt? Wenn man einen Menschen aufmerksam beobachtet und Ihn kennenlernt, kann man seinen Charakter erkennen. Ich kenne in Beijing und Deutschland an die 10 Deutsch-Chinesische Paare, die im Schnitt 8 Jahre verheiratet sind. Wir haben 5 Monate zusammen gewohnt und haben alles gemeinsam gemeistert.

Könnte es eine Taktik der Botschaft sein, die Visabedingungen so zu verschärfen, daß schwarze Schafe rechtzeitig aufgeben?

Für Eure wertvollen Beiträge und Anregungen schonmal vorab ein herzliches Dankeschön!

Mario

Das Problem ist einfach das Wohlstandsgefälle. In Deutschland leben vermutlich je nach Saison 1 bis 1,5 Millionen Menschen ohne Aufenthaltserlaubnis, darunter mehrheitlich "overstayers", also Leute, die mit Besuchsvisum, Heiratsvisum, Studienvisum reingekommen und dann geblieben sind.

Die Konsulate werden wohl angehalten, vorsichtig und zurückhaltend zu sein. Dennoch wird ja die große Mehrheit der Visumanträge genehmigt.

Remonstration: Ich habe kaum Erfahrungen, allerdings bei zwei Remonstrationen zweimal Erfolg. Bei beiden ist die von mir gewählte Begründung allerdings individuell gewesen, also auf andere Ablehnungen nicht übertragbar. Mir haben dabei auch Erfahrungen anderer überhaupt nichts geholfen. Eine Remonstration bezieht sich auf eine bestimmte Person, ihre Lebensumstände und ihre Pläne.

Richtig ist: Es geht darum, die Rückkehrabsicht glaubhaft zu machen.

Kann ich gut verstehen. Ich bin aber im November zur Vorbereitung für meinen nächsten Auslandseinsatz im Rahmen der Wirtschaftlichen Entwicklungszusammenarbeit bei der Vorbereitungsstätte in Bad Honnef. Sie ist dort als Gast schon angemeldet.

Meine Freundin ist bei Ihrem Großvater aufgewachsen, weil die Eltern früh geschieden waren. Sie ist anhänglich und träumt von einer Familie genauso wie ich. Sie hat mir schon oft gesagt, dass sie mir überall hin folgen würde und genausogut mit mir in China leben könnte. Sie hängt sehr an Ihrem Großvater, der Hochschullehrer war.

Das traurige uist, daß ich dort in Botschaft einige Menschen kenne, die uns vorher beraten haben. Nun will mich keiner mehr kennen.

Da stimmt doch etwas nicht.

chinasunrise schrieb am 01.11.2008 um 17:42:04:

4. Was ist Eures Erachtens der Hauptgrund für eine relat. hohe Anzahl abgewiesener visa?

Also ich finde weniger als 10% nicht unbedingt eine relativ hohe Anzahl

http://www.auswaertiges-amt.de/diplo/de/WillkommeninD/EinreiseUndAufenthalt/Visabestimmungen.html#t10

Der Hauptgrund dürfte übrigends die schon die schon angesprochene Rückkehrbereitschaft sein.

Aloha

janetm schrieb am 01.11.2008 um 20:57:43:

Also ich finde weniger als 10% nicht unbedingt eine relativ hohe Anzahl

wohin rechnest Du die 147.498 Anträge im Jahr 2007, die das AA in der Ergebnisstatistik unterschlägt?

SCNR...

Muleta

Evtl. Antrag zurückgezogen?

chinasunrise schrieb am 01.11.2008 um 17:42:04:

1. Wie hilfreich ist das AA in solchen Fällen wirklich?

Ich habe mit dem AA sehr gute Erfahrungen, soweit man einen persönlichen Kontakt herstellt (telefonisch).


Zitat:

Wer hat Erfahrungen mit einer Petition?

Hat meist keinen Zweck und wenn, dann dauert es meist sehr lange.
Remonstration ist da der bessere Weg.
Nach Möglichkeit alles wie in deinem Eingangsthread beschrieben in der Remo darlegen, besonders Studium, Siemens, gesichertes Einkommen in China und zwei Wohnungen. Auch die Notwendigkeit wieso Du vorübergehend in Deutschland bist.
Ev. kann hier auch eine Bestätigung deines Arbeitgebers nützlich sein, aus der auch deine vorübergehende Anwesenheit in Deutschland ersichtlich ist (kann man direkt an das Konsulat Faxen).


Zitat:

Nachdem meine Verlobte vor zwei Wochen schon einmal von einer chinesischen Schalterbeamtin in einer unwürdigen Art und Weise wegen eines fehlenden Dokuments abgewiesen worden ist

Leider ist sowas kein Einzelfall und kommt des öfteren auf Konsulaten von Drittstaaten vor. Als deutscher Staatsbürger sollte dir dieses nicht passieren.


schrieb am 01.11.2008 um 22:18:35:

Evtl. Antrag zurückgezogen?

Zurückgezogene Anträge sollten da nicht zählen, da es ja um, ich zitiere: "Zahl der von den deutschen Auslandsvertretungen insgesamt bearbeiteten Anträge" geht.

Muki

reinhard schrieb am 01.11.2008 um 17:56:08:

In Deutschland leben vermutlich je nach Saison 1 bis 1,5 Millionen Menschen ohne Aufenthaltserlaubnis, ... Die Konsulate werden wohl angehalten, vorsichtig und zurückhaltend zu sein. Dennoch wird ja die große Mehrheit der Visumanträge genehmigt.

Darf ich bitte fragen wo diese Zahlenangaben herkommen? Ich konnte sie nirgends in dieser Größenordnung finden.

Mit dem AA habe ich auch sehr gute Erfahrungen, wie gesagt, wenn es ein telefonischer Kontakt wird.

Allerdings reihe ich mich sofort bei denjenigen ein, die sagen, dass man bei den Botschaften "Glück" haben muss: Glück, dass man einen kompetenten einheimischen und deutschen Bearbeiter bekommt.
Sehr oft entscheidet Willkür (amtlich wohl Ermessensspielraum) über ein Visum.
Natürlich kann man die 10 % als hoch bezeichnen - insbesondere, wenn man die seriösen Visa rausrechnet und nur die "Wackelkandidaten" nimmt: In Asien (Bangkok, Manila, jakarta) habe ich (lt. Auskunft eines Mitarbeiters einer Visaabteilung) in diesen Bereichen z. B. rund 40 - 48 % Ablehnungsquote.

Ob das jetzt sinnvoll oder falsch ist, sei dahingestellt, eine Wertung sei in obiger Aussage nicht enthalten.

Wobei die Ablehnungsquoten vermutlich durch Einladungen für Familienangehörige und andere eher einfache Fälle auf ein niedrigeres Niveau gedrückt werden. Wenn es darum geht, nichtverwandte junge Leute ohne Privilegien (z.B. viel Geld etc.) einzuladen, die noch dazu aus Entwicklungsländern kommen, dürfte die Ablehnungsquote weit höher liegen.

OT: Statistik
Zahl der von den deutschen Auslandsvertretungen erteilten Schengen-Visa für kurzfristige Aufenthalte (Transit, Besuch, Geschäft, Tourismus und andere) im Jahr 2007: 1.815.329 (2006: 1.827.684).

Zahl der von den deutschen Auslandsvertretungen erteilten nationalen Visa (in der Regel für längerfristige Aufenthalte bzw. für Aufenthalte, die zu einer Erwerbstätigkeit führen sollten) im Jahr 2007: 136.138 (2006:169.884).

Zahl der von den deutschen Auslandsvertretungen schriftlich abgelehnten Visumanträge im Jahr  2007: 209.788 (2006: 233.561).

Zahl der von den deutschen Auslandsvertretungen insgesamt bearbeiteten Anträge im Jahr  2007: 2.308.526 (2006: 2.430.790).

Quelle:Auswärtiges Amt