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Ausländerrecht >> Ehe und Familie >> Mann im Abschiebegefängnis, kein Haftbeschluss bekommen und Eheschliessung steht
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Beitrag begonnen von Islami am 23.07.2008 um 16:50:00

Titel: Mann im Abschiebegefängnis, kein Haftbeschluss bekommen und Eheschliessung steht
Beitrag von Islami am 23.07.2008 um 16:50:00
Guten Tag,

Ich bin mit einem Kosovo Albaner verlobt, der bisher hier in Deutschland geduldet war. Er hatte eine Wohnsitz auflage innerhalb eines Ortskreises, als wir vor 1 Jahr zusammen kamen, hatte er einige male seine Wohnsitz auflage verletzt um bei mir zu sein. Nun ja wir wissen das dies falsch war. Er ist aber sonst nie straffällig gewesen, dieses Jahr wollen wir heiraten und da einige seiner Papiere fehlten ist er zu seiner zuständigen ABH gefahren und dort wurde er ohne das wir jeweils eine Haftanordnung oder sonstiges bekommen haben verhaftet.
Nun ist er seit 20 tagen in Ingelheim, mittlerweile liegen alle Papiere meiner und seiner seits dem Standesamt vor, auch kümmert sich ein Anwalt und ein Sozialarbeiter um unsere Situation.
Die Sachen beim Standesamt werden morgen dem OLG zugesandt und der Anwalt sowie der Sozialarbeiter sagten mir, das nun der Tatbestand der unmittelbar bevorstehenden Eheschliessung bestände und sie nun eine Haftüberprüfung und eine Haftentlassung beantragen.
Meine Kinder und ich würden uns nichts sehnlicher wünschen als das er wieder nach Hause kommen würde.

Nun meine Frage wie lange dauert das in der Regel und kann man noch privat Beschwerde gegen die Haftbedingungen einlegen, denn das konnten mir weder Anwalt noch Sozialarbeiter genau beantworten.

( Bitte keine kindischen oder irgendwelche dummen Kommentare, dies ist eine ernst gemeinte Frage und ich möchte die nur von Fachleuten beantwortet haben. Danke !!!! )

Titel: Re: Mann im Abschiebegefängnis, kein Haftbeschluss bekommen und Eheschliessung steht
Beitrag von inge am 23.07.2008 um 20:07:08

schrieb am 23.07.2008 um 16:50:00:
Die Sachen beim Standesamt werden morgen dem OLG zugesandt und der Anwalt sowie der Sozialarbeiter sagten mir, das nun der Tatbestand der unmittelbar bevorstehenden Eheschliessung bestände  

Wird teilweise unterschiedlich gesehen. In einigen Fällen galt auch erst das "OK" vom OLG als "unmittelbar bevorstehend". Könnte ja immerhin sein, dass die im Laufe der Prüfung noch weitere Urkunden fordern.


Zitat:
und da einige seiner Papiere fehlten ist er zu seiner zuständigen ABH gefahren und dort wurde er ohne das wir jeweils eine Haftanordnung oder sonstiges bekommen haben verhaftet.

Passiert zB sehr häufig wenn im Zuge einer geplanten Hochzeit, der lange verschollene Pass glücklicherweise wieder auftaucht ...
(wenn nämlich der fehlende Pass das einzige Abschiebehindernis war)



Zitat:
Beschwerde gegen die Haftbedingungen einlegen

Soll heißen? Lebt mit 20 Mitgefangenen in einer 20 qm Zelle? Muss jeden Tag Reis und Bohnen essen?


Zitat:
möchte die nur von Fachleuten beantwortet haben.

Dann frag halt jemanden, dem du Geld dafür bezahlst. Dem kannst du Anweisungen erteilen. In nem offenen Forum eigentlich weniger.
Grundsätzlich ist es aber immer nicht schlecht, wenn man die komplette Geschichte erzählen kann (zB warum Duldung, seit wann, wie eingereist etc). zB ist es normalerweise SEHR ungewöhnlich wenn ein Duldungsinhaber zur ABH geht und dann plötzlich in Abschiebehaft kommt. Meist fehlen dann noch Infos um das Puzzle zu vervollständigen.

Titel: Re: Mann im Abschiebegefängnis, kein Haftbeschluss bekommen und Eheschliessung steht
Beitrag von Islami am 23.07.2008 um 20:31:45

inge schrieb am 23.07.2008 um 20:07:08:
Wird teilweise unterschiedlich gesehen. In einigen Fällen galt auch erst das "OK" vom OLG als "unmittelbar bevorstehend". Könnte ja immerhin sein, dass die im Laufe der Prüfung noch weitere Urkunden fordern.

Haben bisher alles abgegeben was von uns verlangt wurde, dürfte also nicht der Fall werden.


Zitat:
Passiert zB sehr häufig wenn im Zuge einer geplanten Hochzeit, der lange verschollene Pass glücklicherweise wieder auftaucht ...
(wenn nämlich der fehlende Pass das einzige Abschiebehindernis war)


Er galt als untergetaucht, nur weil er sich nicht im landkreis aufhielt wo er sein sollte. Und die ABH wusste wo er war, ich war im ständigen Kontakt mit ihnen, also galt er meines erachtens nicht als untergetaucht, da ich ständigen Kontakt mit der ABH hatte.


Zitat:
Soll heißen? Lebt mit 20 Mitgefangenen in einer 20 qm Zelle? Muss jeden Tag Reis und Bohnen essen?


Nein das nicht, aber ich meines damit, sie hätten ihn erst anhören müssen und einen Haftbescheid aushändigen bzw. schicken müssen haben beides nicht gemacht, obwohl sie wussten wo er sich aufhält.


Zitat:
Dann frag halt jemanden, dem du Geld dafür bezahlst. Dem kannst du Anweisungen erteilen. In nem offenen Forum eigentlich weniger.
Grundsätzlich ist es aber immer nicht schlecht, wenn man die komplette Geschichte erzählen kann (zB warum Duldung, seit wann, wie eingereist etc). zB ist es normalerweise SEHR ungewöhnlich wenn ein Duldungsinhaber zur ABH geht und dann plötzlich in Abschiebehaft kommt. Meist fehlen dann noch Infos um das Puzzle zu vervollständigen.


Das war nicht böse gemeint nur manches mal liest man dumme Kommentare die nicht von einem Erwachsenen stammen können und deshalb meinte ich nur Fachleute, da ich keinen Kindergarten eröffnen will.

Titel: Re: Mann im Abschiebegefängnis, kein Haftbeschluss bekommen und Eheschliessung steht
Beitrag von fons am 23.07.2008 um 20:52:15

schrieb am 23.07.2008 um 20:31:45:
da ich keinen Kindergarten eröffnen will.  

Schon o.k., aber darauf achten hier schon die Admins  8-)

Titel: Re: Mann im Abschiebegefängnis, kein Haftbeschluss bekommen und Eheschliessung steht
Beitrag von Islami am 23.07.2008 um 21:25:47
Tut mir leid, wenn das falsch rüberkommt. Nur ich suche brauchbare Tips und Ratschläge um weiter zu kommen und nicht um endlos zu diskutieren wieso wes´halb warum.

Meine Nerven sind halt momentan nicht die besten. :-[ :'(

Titel: Re: Mann im Abschiebegefängnis, kein Haftbeschluss bekommen und Eheschliessung steht
Beitrag von tapir am 24.07.2008 um 00:12:17

schrieb am 23.07.2008 um 20:31:45:
Nein das nicht, aber ich meines damit, sie hätten ihn erst anhören müssen und einen Haftbescheid aushändigen bzw. schicken müssen haben beides nicht gemacht, obwohl sie wussten wo er sich aufhält.


In der Tat ist eine Freiheitsentziehung grundsätzlich nur bei vorheriger richterlicher Anordnung zulässig, Art. 104 Abs. 2 GG. Ausnahmen bei Abschiebungshaft: Siehe § 62 Abs. 4 AufenthG. In diesen Ausnahmefällen ist unverzüglich nach der Ingewahrsamnahme die richterliche Entscheidung nachzuholen, der Betroffene ist zwingend anzuhören, die Vorschriften des FEVG sind zu beachten. Sollte Dein Mann tatsächlich nicht angehört worden sein, wäre die fortdauernde Freiheitsentziehung rechtswidrig. Dein Anwalt kann dann die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Haft sowie ggf. auch die Entlassung aus der Haft erwirken. Wende Dich für die näheren Details an Deinen Anwalt, da dieser mit dem Fall bereits vertraut ist und daher besser helfen kann als dieses board.

Titel: Re: Mann im Abschiebegefängnis, kein Haftbeschluss bekommen und Eheschliessung steht
Beitrag von Mick am 24.07.2008 um 00:53:09
Hoi,

wenn jemand für zwanzig Tage (und mehr) in Ab-
schiebehaft geht, dann gab es mit Sicherheit eine
richterliche Anhörung und es wurde auch ein Be-
schluss ausgehändigt.

Klingt eher so, dass man gerne die richterliche
Entscheidung vor der Vorsprache bei der ABH
gehabt hätte.


schrieb am 23.07.2008 um 16:50:00:
ist er zu seiner zuständigen ABH gefahren und dort wurde er ohne das wir jeweils eine Haftanordnung oder sonstiges bekommen haben verhaftet.


Titel: Re: Mann im Abschiebegefängnis, kein Haftbeschluss bekommen und Eheschliessung steht
Beitrag von tapir am 24.07.2008 um 01:22:00

Mick schrieb am 24.07.2008 um 00:53:09:
Klingt eher so, dass man gerne die richterliche
Entscheidung vor der Vorsprache bei der ABH
gehabt hätte.

Und so sehen es GG und AufenthG auch vor (natürlich nicht notwendigerweise vor der Vorsprache, aber im Regelfall vor der Ingewahrsamnahme). Für das Vorliegen der Voraussetzungen der Ausnahmevorschrift § 62 Abs. 4 S. 1 Nr. 1-3 AufenthG ist die ABH darlegungs- und beweispflichtig. Lagen die Voraussetzungen nicht vor, ist nach Auffassung des LG Frankfurt/Oder (hier: http://www.asyl.net/Magazin/Docs/2007/M-9/13193.pdf) die Fortdauer der Freiheitsentziehung auch nach der Einholung eines Haftbefehls unmittelbar nach der Ingewahrsamnahme rechtswidrig.

Titel: Re: Mann im Abschiebegefängnis, kein Haftbeschluss bekommen und Eheschliessung steht
Beitrag von Muleta am 24.07.2008 um 07:01:19

tapir schrieb am 24.07.2008 um 00:12:17:
Sollte Dein Mann tatsächlich nicht angehört worden sein, wäre die fortdauernde Freiheitsentziehung rechtswidrig. Dein Anwalt kann dann die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Haft sowie ggf. auch die Entlassung aus der Haft erwirken.


Feststellung der Rechwidrigkeit ja und zwar bis zur erfolgten Anhörung. Soweit tatsächlich Haftgründe vorliegen ist die Haft ab dem Zeitpunkt der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen rechtmäßig; eine Entlassung ist dann auf diesem Wege nicht zu erreichen.

Muleta

Titel: Re: Mann im Abschiebegefängnis, kein Haftbeschluss bekommen und Eheschliessung steht
Beitrag von ronny am 24.07.2008 um 07:02:25

schrieb am 23.07.2008 um 16:50:00:
Die Sachen beim Standesamt werden morgen dem OLG zugesandt und der Anwalt sowie der Sozialarbeiter sagten mir, das nun der Tatbestand der unmittelbar bevorstehenden Eheschliessung bestände  


Das wäre zu klären, denn nicht in jedem Bundesland gilt diese (irrige) Annahme.

Eine Eheschließung kann aus Sicht eines Standesbeamten immer nur dann unmittelbar bevorstehen wenn (falls ein solches erforderlich wird) die Befreiung von der Beibringung des EFZ vorliegt.

Wie RLP das sieht kann evtl. ein geschätzter Kollege aus dieser Gegend erläutern?

Grüße
Ronny ;)

Titel: Re: Mann im Abschiebegefängnis, kein Haftbeschluss bekommen und Eheschliessung steht
Beitrag von Kosova2008 am 24.07.2008 um 08:01:54

Zitat:
Eine Eheschließung kann aus Sicht eines Standesbeamten immer nur dann unmittelbar bevorstehen wenn (falls ein solches erforderlich wird) die Befreiung von der Beibringung des EFZ vorliegt.


Das Ehefähigkeitszeugnis haben wir ja und das liegt dem Standesamt auch vor. Und es ist gerade mal 2 Wochen alt.


Titel: Re: Mann im Abschiebegefängnis, kein Haftbeschluss bekommen und Eheschliessung steht
Beitrag von ronny am 24.07.2008 um 08:19:26
Ja watt nu?


schrieb am 23.07.2008 um 16:50:00:
Die Sachen beim Standesamt werden morgen dem OLG zugesandt  


oder


Kosova2008 schrieb am 24.07.2008 um 08:01:54:
Das Ehefähigkeitszeugnis haben wir ja und das liegt dem Standesamt auch vor. Und es ist gerade mal 2 Wochen alt.


Ist wie in der Ü-Ei-Werbung:

Beides zusammen geht nicht.

Entweder liegt ein EFZ vor , dann ist das Befreiungsverfahren (=Zitat 1) überflüssig, oder es liegt nicht vor, dann ist Zitat 2 falsch ....

Was trifft jetzt zu ?

[edit]Wieso taucht die TE bei Schnellzitat einaml mit dem ersten und einmal mit dem zweiten Nick auf? Bug?[/edit]

Titel: Re: Mann im Abschiebegefängnis, kein Haftbeschluss bekommen und Eheschliessung steht
Beitrag von inge am 24.07.2008 um 09:11:32

schrieb am 23.07.2008 um 20:31:45:
Haben bisher alles abgegeben was von uns verlangt wurde, dürfte also nicht der Fall werden.

Es kommt durchaus vor, dass das OLG im Laufe der Prüfungen feststellt, dass Angaben nicht ausreichend sind etc. Und dann wird man halt aufgefordert noch weitere Unterlagen o.ä. gefordert.


schrieb am 23.07.2008 um 20:31:45:
Er galt als untergetaucht, nur weil er sich nicht im landkreis aufhielt wo er sein sollte. Und die ABH wusste wo er war, ich war im ständigen Kontakt mit ihnen, also galt er meines erachtens nicht als untergetaucht, da ich ständigen Kontakt mit der ABH hatte.

Klingt erstmal nicht so, als wäre er nicht nur mal für einen oder zwei Tage bei dir gewesen, sondern eher nach einem etwas längeren Zeitraum. Außerdem wird die ABH doch wohl darauf hingewiesen haben, dass er sich mal unverzüglich wieder in seinen Landkreis bewegen soll, oder?

Bzgl "er musste zur ABH wegen Papieren" -> heißt? Im Normalfall hat die ABH kein Papier, dass man zur Heirat benötigt. Außer evtl ... ->
War sein Pass dort? HAT er einen (gültigen) Pass?


schrieb am 23.07.2008 um 21:25:47:
nicht um endlos zu diskutieren wieso wes´halb warum.  

Du solltest allerdings auch berücksichtigen, dass zu einer halbwegs brauchbaren Beurteilung der Sachlage die Kenntniss aller Umstände durchaus hilfreich ist.
Es kommt leider immer wieder vor, dass hier jemand seine "Geschichte" schildert und dann Tipps etc bekommt, die sich im Nachhinein als völlig unzutreffend erweisen, weil kleine aber wichtige Details nicht genannt wurden.
zB ist mir immer noch nicht klar, warum er jetzt plätzlich in Abschiebehaft gekommen ist. "Duldung" heißt ja dass man ihn nicht abschieben kann/darf. "Untertauchgefahr" ändert daran ja erstmal nix. Das wäre erst dann wichtig, wenn die Abschiebung jetzt eigentlich möglich wäre und nur daran scheitern würde, wenn der Betreffende nicht greifbar wäre.

Titel: Re: Mann im Abschiebegefängnis, kein Haftbeschluss bekommen und Eheschliessung steht
Beitrag von Kosova2008 am 24.07.2008 um 09:15:35
zu Ronny: Sorry mein Fehler hab dies mit der Ledigkeitsbescheinigung verwechselt. Die liegt nämlich vor.

Titel: Re: Mann im Abschiebegefängnis, kein Haftbeschluss bekommen und Eheschliessung steht
Beitrag von inge am 24.07.2008 um 09:38:50
Hier mal ein Urteil des OVG Sachsen:
http://www.juraforum.de/urteile/begriffe/unmittelbar-bevorstehende-eheschliessung.html

In Kurzform:
Unmittelbar, wenn Termin feststeht.
Aber auch wenn alle vom Standesbeamten geforderte Unterlagen beim OLG sind.
Nicht mehr, wenn das OLG dann neue Dokumente fordert.

So ganz einfach ist das mit "unmittelbar bevorstehend" also nicht unbedingt ...

Titel: Re: Mann im Abschiebegefängnis, kein Haftbeschluss bekommen und Eheschliessung steht
Beitrag von tapir am 24.07.2008 um 10:49:53

Muleta schrieb am 24.07.2008 um 07:01:19:
Feststellung der Rechwidrigkeit ja und zwar bis zur erfolgten Anhörung. Soweit tatsächlich Haftgründe vorliegen ist die Haft ab dem Zeitpunkt der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen rechtmäßig; eine Entlassung ist dann auf diesem Wege nicht zu erreichen.

Dann lies bitte http://www.asyl.net/Magazin/Docs/2007/M-9/13193.pdf , die sehen das anders (S. 8 f.): "Die Ingewahrsamnahme des Betroffenen am 27.3.2008 zwecks der Überstellung zum Amtsgericht erfolgte nicht in rechtmäßiger Weise. Die Rechtswidrigkeit der vorübergehenden Freiheitsentziehung führt nach Auffassung der Kammer dazu, dass auch der nachfolgende Haftbeschluss an einem nicht mehr heilbaren Makel leidet. [...] Zum Zeitpunkt des Aufgreifens des Betroffenen, mit der Absicht ihm dem Amtsgericht vorzuführen, fehlte es an einer hierzu ermächtigenden richterlichen Entscheidung [...]. Auch die Voraussetzungen des § 62 Abs. 4 AufenthG waren vorliegend nicht gegeben. [Wird ausgeführt.] Der Makel der fehlerhaften Freiheitsentziehung wirkt auch in dem angefochtenen Beschluss des Amtsgerichts fort. Erst der zu Unrecht erfolgte Eingriff in das Freiheitsrecht des Betroffenen hat dessen nachfolgende Verhaftung ermöglicht. EIn Aufrechterhalten des Haftbeschlusses würde diese Rechtswidrigkeit perpetuieren. Der Verfassungsrang des beeinträchtigten Freiheitsrechts des Betroffenen gebietet daher die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung. Wenn schon das Unterlassen einer verfahrensrechtlich gebotenen Anhörung der Haft zur Sicherung der Abschiebung den Makel einer rechtswidrigen Freiheitsentziehung aufdrückt (BVerfG Beschl. v. 12.3.2008, 2 BvR 2042/05; OLG Celle InfAuslR 2008, 136) so hat dies erst recht zu gelten, wenn die anfängliche Ingewahrsahmnahme des Betroffenen nicht rechtsstaatlichen Grundsätzen entsprochen hat."

Titel: Re: Mann im Abschiebegefängnis, kein Haftbeschluss bekommen und Eheschliessung steht
Beitrag von Muleta am 24.07.2008 um 11:17:51

tapir schrieb am 24.07.2008 um 10:49:53:
Dann lies bitte http://www.asyl.net/Magazin/Docs/2007/M-9/13193.pdf , die sehen das anders (S. 8 f.):


das LG Frankfurt/O meint also, dass man einem Betroffenen, der rechtswidrig in Gewahrsam genommen wurde (insbes. auch dann, wenn tatsächlich Haftgründe vorliegen sollten!), zunächst wieder laufen lassen müsse. Erst dann könne überhaupt erfolgreich ein neuer Haftantrag gestellt werden auf deren Basis dann eine Fahndung eingeleitet werden dürfe.

Bei allem Respekt: da hat sich das LG gründlich vergaloppiert und die Rechtsprechung des BVerfG massiv überinterpretiert. Der Betroffene ist darauf zu verweisen, dass er die Rechtswidrigkeit der Freiheitsentziehung feststellen lassen kann (Fortsetzungsfeststellungsinteresse gegeben) und ggf. Schadensersatzansprüche geltend machen kann.

Muleta

P.S. Ich lasse mich überzeugen, wenn ich das von mindestens einem OLG lese oder Melchior sich mit plausibler Begründung dem LG-Beschluss anschließt...

Titel: Re: Mann im Abschiebegefängnis, kein Haftbeschluss bekommen und Eheschliessung steht
Beitrag von tapir am 24.07.2008 um 11:29:59
Wenn nach wie vor Haftgründe, aber nicht die besonderen Voraussetzungen des § 62 Abs. 4 vorliegen, warum soll der Betroffene dann nicht erst in Freiheit gesetzt werden, bevor er auf Antrag der Behörde richterlich angehört wird? Meint die Behörde dagegen, im zweiten Anlauf nun wirklich § 62 Abs. 4 bejahen zu können, kann sie den Betroffenen ja wiederum "auf eigenes Risiko" bis zur Anhörung aus eigener Machtvollkommenheit im Knast behalten (eine Art "Übergewahrsam").

Titel: Re: Mann im Abschiebegefängnis, kein Haftbeschluss bekommen und Eheschliessung steht
Beitrag von Muleta am 24.07.2008 um 11:51:37

tapir schrieb am 24.07.2008 um 11:29:59:
Wenn nach wie vor Haftgründe, aber nicht die besonderen Voraussetzungen des § 62 Abs. 4 vorliegen, warum soll der Betroffene dann nicht erst in Freiheit gesetzt werden, bevor er auf Antrag der Behörde richterlich angehört wird?


klar muss die Behörde ihn dann freilassen. Wir reden aber über einen Fall, in dem die Behörde den Betroffenen zunächst rechtswidrig in Gewahrsam behalten und dann einen formell und materiell nicht zu beanstandenden Haftbeschluss erwirkt hat. (ggf. hat sich da in der Behörde noch jemand strafbar gemacht, aber das spielt diesbzgl. keine Rolle).

Warum sollte das AG in so einer Situation sagen: "Nee, liebe ABH: erstmal lasst ihr den Betroffenen herausspazieren, dann zählen wir gemeinsam bis 20, dann kriegt ihr Euren (vorläufigen) Haftbeschluss und dann kann die Polizei ihm ja hinterher rennen!"


Zitat:
Meint die Behörde dagegen, im zweiten Anlauf nun wirklich § 62 Abs. 4 bejahen zu können, kann sie den Betroffenen ja wiederum "auf eigenes Risiko" bis zur Anhörung aus eigener Machtvollkommenheit im Knast behalten (eine Art "Übergewahrsam").


die Behörde "meint" immer 62 Abs. 4 bejahen zu können. Folgt man aber LG Frankfurt/O, dann ist im Falle eines Irrtums der ABH der Betroffene auch dann wieder auf freien Fuß zu setzen, wenn tatsächlich Haftgründe vorliegen und der Betroffene vom Amtsgericht auch ordnungsgemäß gehört wurde. Die Behörde könnte, um die 'Perpetuierung der rechtswidrigen Freiheitsentziehung' zu beenden, einen neuen Haftantrag dem zu Folge faktisch auch erst stellen, wenn der Betroffene bereits entlassen wurde.

Muleta

Titel: Re: Mann im Abschiebegefängnis, kein Haftbeschluss bekommen und Eheschliessung steht
Beitrag von tapir am 24.07.2008 um 12:36:22

Muleta schrieb am 24.07.2008 um 11:51:37:
Wir reden aber über einen Fall, in dem die Behörde den Betroffenen zunächst rechtswidrig in Gewahrsam behalten und dann einen formell und materiell nicht zu beanstandenden Haftbeschluss erwirkt hat.

Das ist Deine Auffassung. Das LG Frankfurt/Oder ist der Auffassung, dass eine Haftanordnung, die ergeht, während der Betroffene sich rechtswidrig in nicht richterlich angeordnetem Gewahrsam befindet, rechtlich sehr wohl zu beanstanden ist. Über die Makeltheorie des LG hinaus lässt sich das durchaus auch damit begründen,

- dass der Zweck des Richtervorbehalts u.a. auch darin liegt, dass die Vorbereitung auf eine Anhörung, an deren Ende eine Haftanordnung stehen kann, in Freiheit sehr viel effektiver wirksam ist als aus dem Gewahrsam heraus;

- dass der Richtervorbehalt leerlaufen würde, wenn die Behörde folgenlos rechtswidrig festnehmen könnte und sich immer erst hinterher die Haftanordnung besorgen würde. Die Fortsetzungsfeststellung strengt vielleicht jeder 20. Betroffene überhaupt an, muss dann oft genug bis zum OLG oder sogar in der Vergangenheit auch BVerfG gehen, um eine vernünftige Sachbearbeitung erreichen zu können. Auch die staatshaftungsrechtliche Behandlung ist ja nicht wirklich befriedigend.


Muleta schrieb am 24.07.2008 um 11:51:37:
Die Behörde könnte, um die 'Perpetuierung der rechtswidrigen Freiheitsentziehung' zu beenden, einen neuen Haftantrag dem zu Folge faktisch auch erst stellen, wenn der Betroffene bereits entlassen wurde.

Nein, die zuständige Behörde kann in den Fällen des § 62 Abs. 4 AufenthG den Betroffenen auch dann bis zur unverzüglich herbeizuführenden richterlichen Anhörung in Haft belassen, wenn eine richterliche Anordnung gerade nicht besteht. Da § 62 Abs. 4 die Ergreifung und Ingewahrsamnahme ermöglicht, ist m.E. erst recht das Andauernlassen einer Freiheitsentziehung trotz Aufhebung einer dieser vorher zu Grunde liegenden Haftanordnung (und damit "Umwidmung" von Haft zu vorläufiger Ingewahrsamnahme nach § 62 Abs. 4) möglich, wenn die ABH neue "begründete Tatsachen" für Gefahr im Verzug auf dem Tisch legen kann, die der Aufhebungsbeschluss noch nicht zerschossen hat. Allerdings muss dann wirklich substantiiert was zu § 62 Abs. 4 kommen, sonst wäre der Mitarbeiter m.E. ziemlich schnell im Bereich Freiheitsberaubung im Amt.

Titel: Re: Mann im Abschiebegefängnis, kein Haftbeschluss bekommen und Eheschliessung steht
Beitrag von Knepfle am 24.07.2008 um 13:37:19
Stand in der Duldung evtl.:
"Erlischt wenn der Abschiebeflug eingebucht ist" (oder ne ähnliche Formulierung)?

Titel: Re: Mann im Abschiebegefängnis, kein Haftbeschluss bekommen und Eheschliessung steht
Beitrag von Muleta am 24.07.2008 um 21:09:00

tapir schrieb am 24.07.2008 um 12:36:22:
Das ist Deine Auffassung. Das LG Frankfurt/Oder ist der Auffassung, dass eine Haftanordnung, die ergeht, während der Betroffene sich rechtswidrig in nicht richterlich angeordnetem Gewahrsam befindet, rechtlich sehr wohl zu beanstanden ist. Über die Makeltheorie des LG hinaus lässt sich das durchaus auch damit begründen,


das LG bleibt zu der Frage, woher die Rechtswidrigkeit des haftanordnenden Beschlusses denn herkommen soll, doch völlig nebulös:


Zitat:
Erst der zu Unrecht erfolgte Eingriff in das Freiheitsrecht des Betroffenen hat dessen nachfolgende Verhaftung ermöglicht.


ja sicher, aber das kann dem AG doch völlig egal sein. Denn das AG hat nicht ohne besonderen Antrag über die Rechtswidrigkeit vor der eigenen amtsgerichtlichen Entscheidung zu befinden, sondern nur darüber, ob die Voraussetzungen für die Anordnung von Haft zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung vorliegen. Und zu den Voraussetzungen gehört nicht, dass der Betroffene freiwillig oder rechtmäßig zwangsweise vorgeführt wurde.


Zitat:
Wenn schon das Unterlassen einer verfahrensrechtlich gebotenen Anhörung der Haft ... den Makel einer rechtswidrigen Freiheitsentziehung aufdrückt ..., so hat dies erst Recht zu gelten, wenn die anfängliche Ingewahrsamnahme des Betroffenen nicht rechtstaatlichen Grundsätzen entsprochen hat.


hier vergleicht das LG Äpfel mit Birnen und kommt daher zu einer m.E. offensichtlich falschen Folgerung:

Bei Anhörungsmängeln verstößt das Gericht(!) gegen eine gesetzliches Gebot (§ 5 Abs. 1 FEVG). Ein solcher Verstoß stellt einen unheilbaren Verfahrensfehler im gerichtlichen Verfahren dar und führt daher zur Aufhebbarkeit der gerichtlichen Entscheidung. Eine Nachholung der Anhörung in der Beschwerdeinstanz führt dann nach h.M. aber zur Rechtmäßigkeit der Haft ab diesem Zeitpunkt, lediglich die Haft in der Vergangenheit bleibt unheilbar rechtswidrig.

Das LG Frankfurt/O hingegen hält den benannten Fehler der ABH für so gravierend, dass die Freiheitsentziehung auch durch einen in jeder (sonstigen) Hinsicht beanstandungsfreien Beschluss eines Gerichts nicht mehr zu einer rechtmäßigen Freiheitsentziehung in der Zukunft führen kann. Ergebnis: Fehler der ABH sind bis zu einer Entlassung irreparabel (Haft muss unterbrochen werden), Fehler eines Gerichts sind nur bis zur "Reparatur" unheilbar (Haft muss idR nicht unterbrochen werden).

BTW: ich begrüße ja ausdrücklich die erzieherischen Ansätze des LG Frankfurt/O - denn einige ABH weigern sich hartnäckig, geltendes Recht zu akzeptieren und in der Tat werden Strafanzeigen nur höchst selten gestellt, so dass auf diesem Wege keine Sanktionierung von (fortgesetztem, vorsätzlichen) Fehlverhalten erfolgt. Aber es ändert nichts daran, dass dem LG eine solche Erziehungskompetenz m.E. in keiner Weise zukommt.

Muleta

Titel: Re: Mann im Abschiebegefängnis, kein Haftbeschluss bekommen und Eheschliessung steht
Beitrag von tapir am 25.07.2008 um 01:41:34

Muleta schrieb am 24.07.2008 um 21:09:00:
woher die Rechtswidrigkeit des haftanordnenden Beschlusses denn herkommen soll, doch völlig nebulös

Im Ergebnis geht es doch einfach darum, dass leichtfertige Verstöße gegen habeas corpus sich für die ABH eben nicht lohnen dürfen, sondern im Gegenteil wehtun, d.h. erhebliche Mehrarbeit machen und Geld kosten sollen. Das ist eben der effet utile von Art. 104 Abs. 2 GG, oder wenn man so will der Import von "fruit of the poisonous tree" ins deutsche Freiheitsentziehungsrecht. Sicher hätte man es ausführlicher begründen dürfen. Die Lage ist aber m.E. durchaus mit absoluten Beweisverwertungsverboten im Strafprozess vergleichbar. Auch diese dienen in ihrer Absolutheit nicht nur dem Schutz des individuellen Betroffenen, sondern auch und gerade der Globalsteuerung von Behördenhandeln.


Muleta schrieb am 24.07.2008 um 21:09:00:
Eine Nachholung der Anhörung in der Beschwerdeinstanz führt dann nach h.M. aber zur Rechtmäßigkeit der Haft ab diesem Zeitpunkt, lediglich die Haft in der Vergangenheit bleibt unheilbar rechtswidrig.

Die Frage wurde in BVerfG v. 12.3.08 - 2 BvR 2042/05 - ausdrücklich offen gelassen.

Titel: Re: Mann im Abschiebegefängnis, kein Haftbeschluss bekommen und Eheschliessung steht
Beitrag von fons am 25.07.2008 um 07:44:25
Ob  Kosova2008 mit eurer Theoretisiererei geholfen ist
frag ich mich gerade  :fragz:

Titel: Re: Mann im Abschiebegefängnis, kein Haftbeschluss bekommen und Eheschliessung steht
Beitrag von Kosova2008 am 25.07.2008 um 09:32:53
Ich glaube in der Duldung stand nichts dergleichen, bin mir aber nicht sicher.

@fons: Vielen Dank der Nachfrage, ich versuche mich durch zu wurschteln und das wichtigste rauszukopieren , damit ich es ausdrucken kann.

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