i4a - Das Board
https://www.info4alien.de/cgi-bin/forum/YaBB.cgi
Randthemen >> Personenstandsrecht >> Eheschließung mit Syrer in der Türkei
https://www.info4alien.de/cgi-bin/forum/YaBB.cgi?num=1210302686

Beitrag begonnen von Tatjana am 09.05.2008 um 05:11:26

Titel: Eheschließung mit Syrer in der Türkei
Beitrag von Tatjana am 09.05.2008 um 05:11:26
Hallo Forum & Fachleute,

Ich wäre Euch dankbar wenn Ihr mir helfen könntet bei einer Verständnisfrage:

Mein Freund (Syrer) und ich (Deutsche) wollen heiraten. Allerdings nicht in Deutschland (komplizierte Einreise für ihn) und auch nicht in Syrien. Weil wir keine religiöse Eheschließung wollen, und Zivilehe ist in Syrien verboten.
Hinzu kommt, dass vor der Eheschließung mit einem/r Ausländer/in die vorherige Zustimmung des syr. Innenministeriums erforderlich ist. Zuwiderhandlung ist strafbar.
Nun haben wir überlegt, ob wir nicht z.B. in der Türkei heiraten (ohne Zustimmung des Ministeriums).

Folgende info der Serviceseite für Deutsche Staatsangehörige im Ausland hat mich allerdings stutzig gemacht:

Grundsätzlich gilt, dass eine im Ausland geschlossene Ehe in Deutschland als wirksam angesehen wird, wenn die für die Trauung im fremden Staat geltenden gesetzlichen Bestimmungen eingehalten worden sind. Zusätzlich müssen bei beiden Verlobten die nach ihrem jeweiligen Heimatrecht geltenden Eheschließungsvoraussetzungen (z.B. Ledigkeit, Mindestalter, kein unzulässiger Verwandtschaftsgrad u.ä.m.) erfüllt sein.
http://www.konsularinfo.diplo.de/Vertretung/konsularinfo/de/03/Ehe/seite__wirksamkeit.html

Die Eheschließungsvoraussetzungen in Syrien sind (wohl):
vorher. Zustimmung des Ministeriums wenn Ehe mit Ausländer
+ relig. Ehevertrag
+ Registrierung im Personenstandsregister

Daher meine Fragen:
1) Würde die Eheschließung in der Türkei in Deutschland Rechtswirkung entfalten?
2) Was genau ist mit "Wirksamkeit" gemeint?
3) Kann es sein, dass das deutsche Recht die Wirksamkeit einer Ehe von einer religiösen Eheschließung abhängig macht (da in Syrien nur diese Form der Eheschließung rechtmäßig ist)??
Oder mache ich irgendwo einen Denkfehler?!

Sorry, ist ziemlich lang geworden ...
Danke jetzt schon ganz herzlich für Eure Hilfe!

Titel: Re: Eheschließung mit Syrer in der Türkei
Beitrag von tapir am 09.05.2008 um 10:54:44
Für die Wirksamkeit einer im Ausland geschlossenen Ehe sind für das deutsche Recht relevant:

- die Beachtung der Formvorschriften des Orts der Eheschließung
- das Vorliegen der so genannten materiellen Eheschließungsvoraussetzungen nach dem Recht des Heimatstaates des jeweiligen Verlobten

Eine Formvorschrift ist bpsw., ob die Trauung zivil oder religiös abläuft, ob die Eheschließung in ein öffentliches Register eingetragen werden muss, ob Zeugen anwesend sein müssen. Wenn Ihr in der Türkei heiratet, müssen nur die dortigen Formvorschriften beachtet werden. Die religiösen Formvorschriften nach syrischem Recht sind egal.

Es müssen aber für Deinen Mann die materiellen Eheschließungsvoraussetzungen nach syrischem Recht vorliegen, und zwar egal, wo er heiratet. Zu diesen Voraussetzungen gehören z.B.: Ehemündigkeitsalter erreicht, keine bestehenden Vorehen usw. Die Voraussetzungen richten sich für Syrer überwiegend nach dem religiösen Recht der Gemeinschaft, der sie angehören.

Was die Zustimmung des Ministeriums angeht, so vermute ich, dass diese entweder von deutscher Seite als Formvoraussetzung behandelt wird (dann ohnehin egal, wenn Ihr in der Türkei heiratet) oder auch aus syrischer Sicht nur für Eheschließungen im Inland gilt.

Zu Deinen Fragen:
1) Ja.
2) Ihr seid aus deutscher Sicht verheiratet. Einer besonderen Anerkennung bedarf es nicht. Bei einer Eheschließung in der Türkei bittet Ihr um Ausstellung einer Internationalen Heiratsurkunde (Uluslararası Evlenme Kayıt Örneği, mehrsprachig). Der deutsche Standesbeamte legt für Euch ein Familienbuch an, wenn Ihr das beantragt.
3) In Syrien kann nur religiös geheiratet werden. Wenn Ihr in Syrien anders als religiös heiratet, ist diese Ehe grdsl. in D nicht wirksam. Wenn Ihr aber in einem anderen Staat heiratet, kommt es auf die syrischen Formvoraussetzungen nicht mehr an, sondern auf die vor Ort geltenden (Ortsform).

Titel: Re: Eheschließung mit Syrer in der Türkei
Beitrag von Tatjana am 09.05.2008 um 16:18:49
tapir, Danke!!

Deine Anwort klar und deutlich und rückt alles zurecht: Unterscheidung zwischen formellen und materiellen Eheschließungsvoraussetzungen (warum können Gesetze nicht so eindeutig sein ... ok, rhetorische Frage). Aufatmen...

Da Du Dich mit Eheschließung in der Türkei auszukennen scheinst würde ich gerne zwei Frage nachschieben:
- muß diese internationale Heiratsurkunde bei der dt. Botschaft in der Türkei legalisiert werden?
- in welche Sprachen ist sie verfaßt? Wenn wir z.B. in die USA als Ehepaar reisen wollten - würde sie anerkannt werden, oder bräuchten wir da eine Legalisierung der amerikanischen Botschaft in der Türkei?

Hab nochmals vielen Dank!

Titel: Re: Eheschließung mit Syrer in der Türkei
Beitrag von streets am 09.05.2008 um 17:21:37
mein Familienrechtsdozent erwähnte letztens das man sich in der Türkei vorm Standesbeamten auch vertreten lassen kann bei der Eheschließung gilt das nur für Türken oder würde das für jeden gelten?

Titel: Re: Eheschließung mit Syrer in der Türkei
Beitrag von trixie am 09.05.2008 um 17:24:50

streets schrieb am 09.05.2008 um 17:21:37:
das man sich in der Türkei vorm Standesbeamten auch vertreten lassen kann bei der Eheschließung  


Sprichst du hier von einer sog. Handschuh-Ehe? Hierzu findest zwei oder drei Threads, die vor nicht allzu langer Zeit hier behandelt wurden.

trixie

Titel: Re: Eheschließung mit Syrer in der Türkei
Beitrag von tapir am 09.05.2008 um 17:35:54

Troja schrieb am 09.05.2008 um 16:18:49:
muß diese internationale Heiratsurkunde bei der dt. Botschaft in der Türkei legalisiert werden?  

Die mehrsprachige Internationale Heiratsurkunde nach CIEC-Übereinkommen Nr. 16 wird vom deutschen Standesamt ohne weiteres anerkannt.


Troja schrieb am 09.05.2008 um 16:18:49:
in welche Sprachen ist sie verfaßt?

Das Übk. sieht vor, dass die Urkunde mindestens in zwei Sprachen, darunter die Amtssprache des Ausstellungsstaates und französisch ausgestellt wird. Die letzte türkische Urkunde dieser Art habe ich vor einigen Jahren gesehen, damals waren es vielleicht sechs Sprachen, darunter auch deutsch und englisch.


Troja schrieb am 09.05.2008 um 16:18:49:
Wenn wir z.B. in die USA als Ehepaar reisen wollten - würde sie anerkannt werden, oder bräuchten wir da eine Legalisierung der amerikanischen Botschaft in der Türkei?  

Es geht um eine Urlaubsreise? Dann glaube ich nicht, dass der US-Konsularangestellte in Frankfurt von ihm eine (apostillierte, nicht legalisierte) Heiratsurkunde erwartet. Falls doch (z.B. im Rahmen der Rückkehrbereitschaft), ein (erst mal nicht apostillierter) Auszug aus dem deutschen Familienbuch sollte es auch tun.

Wenn es unter irgendeinem Gesichtspunkt wirklich nötig wäre, Eure Ehe 150%ig wasserdicht einer US-Behörde nachzuweisen, gilt folgendes: Die USA und die Türkei sind "Apostille-Staaten", d.h. sie haben das Haager Übk. zur Befreiung ausländsicher öffentlicher Urkunden von der Legalisation ratifiziert. An die Stelle der umständlichen Legalisation tritt die Bestätigung der Echtheit für den internationalen Rechtsverkehr durch eine Behörde des Ausstellungsstaates. Diese Bestätigung heißt Apostille. Für türkische Personenstandsurkunden gibt's Apostillen beim Vilayet.

[edit]Zitat von streets am Heute um 16:21:37:
das man sich in der Türkei vorm Standesbeamten auch vertreten lassen kann bei der Eheschließung gilt das nur für Türken oder würde das für jeden gelten?  
Da würde ich aber durchaus ein paar YTL drauf verwetten, dass das in der Türkei nicht geht. Das ZGB-CH und die ZStV-CH, die die rezipieren, sehen es nicht vor. Und ich vermute auch mal, die TR wäre sonst wohl schon länger eher hochkant aus der CIEC rausgeflogen und ronny hätte nicht nur alle paar Monate mal diese obskuren Fälle, wie z.B. aus Pakistan, dort ist das nämlich möglich.   . [/edit]

Titel: Re: Eheschließung mit Syrer in der Türkei
Beitrag von Tatjana am 09.05.2008 um 17:50:31
tapir, Du weißt wirklich Bescheid! Danke - hast uns viel Rennerei und rauchende Köpfe erspart.
Vilayet ist sowas wie ... Bezirksamt? Gut, dies kann ich auch bei dem türkischen Konsulat nachfragen.

Titel: Re: Eheschließung mit Syrer in der Türkei
Beitrag von Blaise am 09.05.2008 um 18:01:56
Hallo,

ich bin nicht tapir, versuche aber auch mal Ihre Fragen zu beantworten:


Troja schrieb am 09.05.2008 um 16:18:49:
...
- muß diese internationale Heiratsurkunde bei der dt. Botschaft in der Türkei legalisiert werden?

Nein. Die Türkei ist einem Abkommen beigetreten und stellt sog. "mehrsprachiche Urkunden" (auch in deutscher und englischer Sprache) aus.

Solche Urkunden bedürfen zur Anerkennung in den Mitgliederstaaten keiner Beglaubigung oder Übersetzung.


Zitat:
- in welche Sprachen ist sie verfaßt?

in türkischer, deutscher, französischer, englischer, italienischer ... Sprache


Zitat:
Wenn wir z.B. in die USA als Ehepaar reisen wollten - würde sie anerkannt werden, oder bräuchten wir da eine Legalisierung der amerikanischen Botschaft in der Türkei?

Ich verstehe die Frage nicht so ganz. Ich bin schon mehrfach in den USA gewesen, eine Heiratsurkunde musste ich nie vorlegen. Ob (und in welcher Form) Personen aus dem arabischen Raum Heiratsurkunden für ein Visum in den USA vorlegen müssen, ist mir nicht bekannt...

Blaise

Edit: Da war tapir schneller ... hat sich wohl erledigt...

Titel: Re: Eheschließung mit Syrer in der Türkei
Beitrag von tapir am 09.05.2008 um 18:02:56

Troja schrieb am 09.05.2008 um 17:50:31:
Vilayet ist sowas wie ... Bezirksamt

Sorry, hab da was verwechselt ... Vilayet (bzw. Vilayetler) - kam mir auch schon gleich irgendwie komisch vor - gibt's schon lange nicht mehr :-) Das ist eine historische Bezeichnung aus der osmanischen Zeit. Ich meinte den Vali, das ist der Provinzgouverneur. Weitere Infos, wenn Ihr türkisch könnt, unter www.nvi.gov.tr , www.e-konsolosluk.net. Ja, auch die Botschaft und auch die deutsche Botschaft und der türkische Standesbeamte bzw. das Belediyesi (örtliche Allzweckbehörde) helfen weiter.

Titel: Re: Eheschließung mit Syrer in der Türkei
Beitrag von Tatjana am 09.05.2008 um 18:50:16

Blaise schrieb am 09.05.2008 um 18:01:56:
Ob (und in welcher Form) Personen aus dem arabischen Raum Heiratsurkunden für ein Visum in den USA vorlegen müssen, ist mir nicht bekannt...  

Na ja, wenn z.B. einer der Ehepartner ein Arbeitsvisum erhält, dann kann der andere mitreisen und hat aufgrund des Visums des Ehepartners ein Aufenthaltsrecht.



tapir schrieb am 09.05.2008 um 18:02:56:
Vali, das ist der Provinzgouverneur
 
Kein Problem: Vali oder nicht Vali - wir sprechen beide kein türkisch :) und hinsichtlich dieser Geschichten müssen wir uns dann tatsächlich genauer erkundigen. Hilfreich, wenn man im Vorfeld weiß, was man so alles zu tun hat...

i4a - Das Board » Powered by YaBB 2.4!
YaBB © 2000-2009. Alle Rechte vorbehalten.