i4a - Das Board
https://www.info4alien.de/cgi-bin/forum/YaBB.cgi
Ausländerrecht >> Ausweisung, Abschiebung, Straftaten, Aufhebung der Einreisesperre >> Strafbefehl wegen illegalen Aufenthalts
https://www.info4alien.de/cgi-bin/forum/YaBB.cgi?num=1205425573

Beitrag begonnen von ekmek am 13.03.2008 um 17:26:13

Titel: Strafbefehl wegen illegalen Aufenthalts
Beitrag von ekmek am 13.03.2008 um 17:26:13
Hallo!

Ein Freund von mir hat letzte Woche einen Strafbefehl über 30 Tagessätze à 10 Euro erhalten. Bei einer polizeilichen Kontrolle im Dezember letzten Jahres wurde festgestellt, dass sein türkischer Reisepass und auch die deutsche Aufenthaltserlaubnis seit Juli 2006 abgelaufen waren.
Jetzt hat er Zeit, bis 2 Wochen nach Zugangs des Schreibens schriftlich zu widersprechen, anderenfalls wird der Strafbefehl rechtskräftig.

Meine Fragen sind jetzt:
- Hat es überhaupt einen Sinn, Widerspruch einzulegen - etwa, dass man eine Strafmilderung oder gar eine Vermeidung der Strafe damit erreicht? Wie begründet man einen solchen Widerspruch am besten? Oder ist so etwas mehr oder weniger aussichtslos?

- Welche Spätfolgen kann die einmal rechtskräftig gewordene Bestrafung haben?

Gibt es jemanden, der bei solchen Fällen Erfahrungswerte hat?

Ich würde mich freuen, wenn uns jemand helfen könnte, vielen Dank schonmal!

Gruß!  :)

Titel: Re: Strafbefehl wegen illegalen Aufenthalts
Beitrag von proll am 13.03.2008 um 17:34:14
Also hat er sich von Juli 2006 bis Dezember 2007 = 1 Jahr und 5 Monate illegal aufgehalten.
Was hat er denn jetzt wieder für einen Aufenthaltsstatus ?

Tatsächlich ist nach § 95 AufenthG der Aufenthalt im Bundesgebiet ohne gültigen Pass und ohne gültige Aufenthaltserlaubnis eine Straftat.
M.E. bist du mit 30 tagessätzen recht gut bedient. Ich habe da schon ganz andere Strafbefehle gesehen.


ekmek schrieb am 13.03.2008 um 17:26:13:
- Hat es überhaupt einen Sinn, Widerspruch einzulegen - etwa, dass man eine Strafmilderung oder gar eine Vermeidung der Strafe damit erreicht? Wie begründet man einen solchen Widerspruch am besten? Oder ist so etwas mehr oder weniger aussichtslos?  

Ob es Sinn macht, Einspruch einzulegen, hängt von deiner speziellen Situation ab. Was hättest du denn zu bieten ?
Du kannst nicht erwarten, dass dir hier jetzt jemand stramildernde Formulierungen in den Mund legt.
Schreib, was du anzubieten hast und man kann dir vielleicht bei Formulierungen helfen.

Ob eine rechtskräftige Verurteilung Auswirkung auf deinen zukünftigen Aufenthalt hat, hängt von deinem aktuellen Aufenthaltsstatus ab.

proll

Titel: Re: Strafbefehl wegen illegalen Aufenthalts
Beitrag von ekmek am 13.03.2008 um 17:58:13
Hallo proll, vielen Dank für Deine Antwort!  :)

Er war heute beim türkischen Konsulat und hat seine türkischen Papiere, die er für die deutsche Behörde braucht, verlängern lassen. Damit will er die kommenden Tage zur Ausländerbehörde gehen und sich den Aufenthalt wieder legalisieren lassen. Stand "jetzt" hat er also keine Aufenthaltsberechtigung.

Er hatte damals seine Stelle verloren und nie genug Geld um sich die Papiere erneuern zu lassen. Er hat die Sache wohl zu sehr auf die leichte Schulter genommen und war sich auch der Tatsache nicht bewusst, dass es sich um eine Straftat mit entsprechenden Folgen handelt. So hat er es immer wieder vor sich her geschoben. Hauptgrund war wohl die Finanznot. Er ist sich nun seines Fehlverhaltens bewusst, bedauert es - wohl auch weil er jetzt auch die Folgen sieht - und würde es am liebsten rückgängig machen.

Jetzt steht er vor dem Problem, wegen dieser Sache ein krimineller Ausländer zu sein, obwohl er nie zuvor (er wurde hier in Deutschland geboren) mit Recht und Gesetz in Konflikt gekommen war. Das ist die einzige Sache, die er "angestellt" hat.

Nochmals danke für Deine Antwort!  :)

Titel: Re: Strafbefehl wegen illegalen Aufenthalts
Beitrag von oki am 13.03.2008 um 18:56:52

ekmek schrieb am 13.03.2008 um 17:58:13:
obwohl er nie zuvor (er wurde hier in Deutschland geboren) mit Recht und Gesetz in Konflikt gekommen war.


ekmek schrieb am 13.03.2008 um 17:26:13:
Bei einer polizeilichen Kontrolle im Dezember letzten Jahres wurde festgestellt

ekmek schrieb am 13.03.2008 um 17:26:13:
die deutsche Aufenthaltserlaubnis seit Juli 2006 abgelaufen waren.  


Wenn er in Deutschland geboren wurde,sich nichts zu schulden kommen hat lassen,müsste er doch zumindest eine unbefristete AE haben,oder nicht?

Titel: Re: Strafbefehl wegen illegalen Aufenthalts
Beitrag von proll am 13.03.2008 um 19:17:09

oki schrieb am 13.03.2008 um 18:56:52:
Wenn er in Deutschland geboren wurde,sich nichts zu schulden kommen hat lassen,müsste er doch zumindest eine unbefristete AE haben,oder nicht?

Laut Posting nicht:


ekmek schrieb am 13.03.2008 um 17:26:13:
und auch die deutsche Aufenthaltserlaubnis seit Juli 2006 abgelaufen waren.  


Danach dürfte er eine befristete Aufenthaltserlaubnis gehabt haben, wohin gegen das


ekmek schrieb am 13.03.2008 um 17:58:13:
Stand "jetzt" hat er also keine Aufenthaltsberechtigung.

wieder gegen eine befristete AE spricht.

Also, ordentlichen Blick in den Pass werfen und schreiben, was für einen Aufenthaltstitel er besitzt.


ekmek schrieb am 13.03.2008 um 17:26:13:
türkischer Reisepass  

Ggfs. kann er auch ARB Rechte ableiten.
Dies muss er aber mit seiner freundlichen ABH klären.

Was mich aber völlig stutzig macht:

ekmek schrieb am 13.03.2008 um 17:26:13:
Bei einer polizeilichen Kontrolle im Dezember letzten Jahres wurde festgestellt ...


ekmek schrieb am 13.03.2008 um 17:58:13:
Er war heute beim türkischen Konsulat und hat seine türkischen Papiere


Er hat doch nicht noch drei Monate gewartet ?

Das wäre völlig verantwortungslos.

proll

Titel: Re: Strafbefehl wegen illegalen Aufenthalts
Beitrag von ekmek am 14.03.2008 um 00:19:44

oki schrieb am 13.03.2008 um 18:56:52:
Wenn er in Deutschland geboren wurde,sich nichts zu schulden kommen hat lassen,müsste er doch zumindest eine unbefristete AE haben,oder nicht?

Nein, die hatte er wohl nicht. Die hätte er aber auch entsprechend beantragen müssen, oder?

Ich bin leider nicht so firm im Ausländerrecht.

Die Aufenthaltserlaubnis wurde nur immer Stück für Stück für die Dauer der Verlängerung seines türkischen Reisepasses verlängert. In Zeiten seiner Minderjährigkeit wurde dies alles vom Jugendamt erledigt, da er seiner Mutter weggenommen worden war. Die Problematik der Wichtigkeit dieser Dinge wurde ihm offensichtlich von den Betreuern nicht (deutlich genug) klargemacht, sodass kein Bewusstsein für entsprechende Handlungsnotwendigkeiten vorhanden war.

Titel: Re: Strafbefehl wegen illegalen Aufenthalts
Beitrag von ekmek am 14.03.2008 um 00:41:15

schrieb am 13.03.2008 um 19:17:09:
Also, ordentlichen Blick in den Pass werfen und schreiben, was für einen Aufenthaltstitel er besitzt.

Tut mir leid, wenn ich mich missverständlich ausgedrückt habe: Seine Aufenthaltserlaubnis ist defintiv mit Ablauf des Reisepasses abgelaufen. Ich hab zwar seinen Pass gerade nicht da und er ist auch nicht hier, aber ich weiß ganz genau, dass sein Aufenthalt auf das Ablaufdatum des Reisepasses begrenzt war.

schrieb am 13.03.2008 um 19:17:09:
Ggfs. kann er auch ARB Rechte ableiten.
Dies muss er aber mit seiner freundlichen ABH klären.

Was heißt "ARB"?

schrieb am 13.03.2008 um 19:17:09:
Was mich aber völlig stutzig macht:
Er hat doch nicht noch drei Monate gewartet ?

Das wäre völlig verantwortungslos.

Ja, er hat und da hast Du völlig recht, ich verstehe es auch nicht. Es war wieder mal das Geld und so ein Gefühl von "ich hab's mir eh schon verka..ckt".
Entsprechende Aufforderungen meinerseits blieben erfolglos, erst der jetzige Strafbefehl hat wohl etwas bewirkt. Eine dahinterstehende kriminelle Energie, die zu diesem Strafbefehl und den entsprechenden Spätfolgen führte, kann ich dennoch nicht erkennen. Eher Naivität und Lethargie.

Titel: Re: Strafbefehl wegen illegalen Aufenthalts
Beitrag von Speedball am 14.03.2008 um 00:43:35

schrieb am 13.03.2008 um 17:34:14:
Also hat er sich von Juli 2006 bis Dezember 2007 = 1 Jahr und 5 Monate illegal aufgehalten.
Was hat er denn jetzt wieder für einen Aufenthaltsstatus ?  


Um dir darauf zu antworten:

Jeder Ausländer für den das AufenthG anzuwenden ist, ist gem. § 3 AufenthG verpflichtet einen gültigen Pass zu besitzen, darunter fällt auch, wenn sich sein Pass bei dem jeweiligen Konsulat zur Verlängerung befindet. Besitz er keinen gültigen Pass stellt diese gem. § 95 (1) Nr. 1 AufenthG eine Straftat dar ( unerlaubter Aufenthalt ohne gültigen Pass), wenn er es Schuldhaft (nicht fahrlässig) begeht.

Weiterhin ist jeder Ausländer gem. § 4 AufenthG verpflichtet einen gültigen Aufenthaltstitel zu besitzen, wenn er nicht von der Besitzpflicht befreit ist. Da dein Bekannter Türkei ist und eine AE besessen hat hätte er ein einen neuen Aufenthaltstitel beantragen müssen. Die Frage ist ob er gem. Assoziationsabkommen eine deklaratorischen Titel bekommen hätte müssen. Falls nicht stellt das wiederum einen unerlaubten Aufenthalt gem. § 95 (1) Nr. 2 AufenthG dar, wenn er es Schuldhaft (nicht fahrlässig) gehandelt hat.
Hierfür spricht vieles, oder hat dein Bekannter die Nacht bei der Polizei verbracht, weil die Ausländerbehröde ihn Ausgeschrieben hat?

Zur Schuldform:
1. Auch der fahrlässige unerlaubte Aufenthalt ohne Pass ist eine Ordnungswidrigkeit die gem. § 98 (1) Nr. 1 AufenthG
2. Die nicht Verlängerung des Aufenthaltstitels auch für assotionsberechtigte Türken stellt gem. § 98 (2) Nr. 1 AufenthG eine Ordnungswidrigkeit dar.

Beide Ordnungswidrigkeiten könnten mit Geldbußen von jeweils bis zu 3 000 € geahndet werden.

Jedoch denke ich das dein Bekannter zumindest in Bezug auf die Straftat gem. § 95 (1) Nr. 1 AufenthG nicht fahrlässig gehandelt hat. Bei 1,5 Jahren ohne gültigen Pass kann man nicht mehr von versehen oder nicht bemerken sprechen. Auch ein Nichtwissen über die Folgen des Handelns stellt keine Fahrlässigkeit dar.

Hat den bekannter wie du hier aufführst die Verlängerung des Reisepasses immer vor sich hergeschoben so handelt er mindestens mit bedingtem Vorsatz.

Ich will noch sagen, dass ich 30 Tagessätze für 1,5 Jahre unerlaubten Aufenthalt für eine sehr geringe Strafe halte.

Mit freundlichen Grüßen
Speedball

Titel: Re: Strafbefehl wegen illegalen Aufenthalts
Beitrag von gc am 14.03.2008 um 00:57:43

ekmek schrieb am 14.03.2008 um 00:19:44:
In Zeiten seiner Minderjährigkeit wurde dies alles vom Jugendamt erledigt, da er seiner Mutter weggenommen worden war. Die Problematik der Wichtigkeit dieser Dinge wurde ihm offensichtlich von den Betreuern nicht (deutlich genug) klargemacht, sodass kein Bewusstsein für entsprechende Handlungsnotwendigkeiten vorhanden war.


Scheinbar war das keine allzu qualifizierte Jugendhilfemaßnahme, und dazu noch eine Ausländerbehörde, die ihn unzutreffend beraten hat.

Da stellt sich die Frage des Verschuldens seiner Betreuer wie auch der Ausländerbehörde, die im Rahmen ihrer Beratungspflicht auf sachdienliche Antragstellung hinweisen muss, § 25 VwVfG.

Mit 16 Jahren hätte er - da seinerzeit wohl noch in Ausbildung - eine unbefristete NE nach § 35 AufenthG beanspruchen können. Offenbar hatte ihm aber niemand - weder Betreuer noch Ausländerbehörde - gesagt dass er die beantragen muss.

Dass er jetzt in Folge der Verletzung der genannten Hinweispflichten bestraft wird, Kosten für die Erneuerung des Aufenthaltstitels entstehen und möglicherweise sogar seine AE in Gefahr geraten könnte, ist m.E. ein Sachverhalt, für den ggf. auch Amtshaftungsansprüche zu prüfen sind.

Wenn er inzwischen volljährig und arbeitslos ist, erfüllt er jetzt die Voraussetzungen des § 35 für die NE nicht mehr und die AE ist nach § 34 befristet zu verlängern. Wenn er aber seinen Unterhalt durch Arbeit sichern kann oder in Ausbildung ist, bekommt er auch jetzt noch die NE nach § 35.

gc

Titel: Re: Strafbefehl wegen illegalen Aufenthalts
Beitrag von ekmek am 14.03.2008 um 01:04:44

Speedball schrieb am 14.03.2008 um 00:43:35:
Ich will noch sagen, dass ich 30 Tagessätze für 1,5 Jahre unerlaubten Aufenthalt für eine sehr geringe Strafe halte.

Mit freundlichen Grüßen
Speedball

Vielen Dank für Dein ausführliches Posting!

Ich schließe daraus, dass ein Widerspruch gegen den Strafbefehl mit welcher Begründung auch immer wohl aussichtslos sein würde. Die darauf folgende Hauptverhandlung würde wohl auch kein besseres Ergebnis bringen, und im Zweifel nur weitere Kosten verursachen?

Richtig?

Nochmals vielen Dank für die Antwort!

Schönen Gruß!

Titel: Re: Strafbefehl wegen illegalen Aufenthalts
Beitrag von Speedball am 14.03.2008 um 01:18:59

ekmek schrieb am 14.03.2008 um 01:04:44:
Ich schließe daraus, dass ein Widerspruch gegen den Strafbefehl mit welcher Begründung auch immer wohl aussichtslos sein würde. Die darauf folgende Hauptverhandlung würde wohl auch kein besseres Ergebnis bringen, und im Zweifel nur weitere Kosten verursachen?

Richtig?  


Ich will hier niemanden davon abhalten den Rechtsweg zu gehen. Du musst dir jedoch unter den oben von mir Aufgeführten Gesichtpunkten vor Augenführen wie würde der Richter entscheiden.

Würde eine Einstellung des Strafverfahrens dann das OWI Verfahren aufleben lassen. Mit den o.g. möglichen Bußgeldern.

Die Entscheidung muss jedoch dein Bekannter selbst treffen.

Zur Amtshaftung:
Ich denke der Strafbefehl stützt sich vor allem auf § 95 (1) Nr. 1 AufenthG der unerlaubte Aufenthalt ohne Pass und dafür kann keine Ausländerbehörde etwas. Auch ein Ausländer der einen unbefristeten Aufenthaltstitel besitz aber einen abgelaufenen Pass macht sich strafbar.

Mit freundlichen Grüßen
Speedball

Titel: Re: Strafbefehl wegen illegalen Aufenthalts
Beitrag von ekmek am 14.03.2008 um 01:23:22

gc schrieb am 14.03.2008 um 00:57:43:
Scheinbar war das keine allzu qualifizierte Jugendhilfemaßnahme, und dazu noch eine Ausländerbehörde, die ihn unzutreffend beraten hat.

Da stellt sich die Frage des Verschuldens seiner Betreuer wie auch der Ausländerbehörde, die im Rahmen ihrer Beratungspflicht auf sachdienliche Antragstellung hinweisen muss, § 25 VwVfG.

Mit 16 Jahren hätte er - da seinerzeit wohl noch in Ausbildung - eine unbefristete NE nach § 35 AufenthG beanspruchen können. Offenbar hatte ihm aber niemand - weder Betreuer noch Ausländerbehörde - gesagt dass er die beantragen muss.

Dass er jetzt in Folge der Verletzung der genannten Hinweispflichten bestraft wird, Kosten für die Erneuerung des Aufenthaltstitels entstehen und möglicherweise sogar seine AE in Gefahr geraten könnte, ist m.E. ein Sachverhalt, für den ggf. auch Amtshaftungsansprüche zu prüfen sind.

Wenn er inzwischen volljährig und arbeitslos ist, erfüllt er jetzt die Voraussetzungen des § 35 für die NE nicht mehr und die AE ist nach § 34 befristet zu verlängern. Wenn er aber seinen Unterhalt durch Arbeit sichern kann oder in Ausbildung ist, bekommt er auch jetzt noch die NE nach § 35.

gc

Vielen Dank für diese Antwort!

Aber wie will man ein derartiges Verschulden etwa der Ausländerbehörde jetzt noch nachweisen?
Man müsste in diesem Fall wohl einen Anwalt einschalten, aber das Geld dafür ist - wie zu erwarten - natürlich nicht vorhanden; auch eine Rechtschutzversicherung nicht. Ist es denn sinnvoll, einen Widerspruch gegen den Strafbefehl, der am 18. März eingegangen sein muss, damit aufzubauen, ohne anwaltlich vertreten zu sein?

Gruß!  :)

Titel: Re: Strafbefehl wegen illegalen Aufenthalts
Beitrag von ekmek am 14.03.2008 um 01:51:16

Speedball schrieb am 14.03.2008 um 01:18:59:
Ich will hier niemanden davon abhalten den Rechtsweg zu gehen. Du musst dir jedoch unter den oben von mir Aufgeführten Gesichtpunkten vor Augenführen wie würde der Richter entscheiden.

Würde eine Einstellung des Strafverfahrens dann das OWI Verfahren aufleben lassen. Mit den o.g. möglichen Bußgeldern.

Die Entscheidung muss jedoch dein Bekannter selbst treffen.

Zur Amtshaftung:
Ich denke der Strafbefehl stützt sich vor allem auf § 95 (1) Nr. 1 AufenthG der unerlaubte Aufenthalt ohne Pass und dafür kann keine Ausländerbehörde etwas. Auch ein Ausländer der einen unbefristeten Aufenthaltstitel besitz aber einen abgelaufenen Pass macht sich strafbar.

Mit freundlichen Grüßen
Speedball

Danke für diese zusätzlichen Hinweise.
Ich muss mir nochmal den Strafbefehl auf die Paragraphen hin anschauen, hab ihn nicht hier.

Titel: Re: Strafbefehl wegen illegalen Aufenthalts
Beitrag von Giesinger am 14.03.2008 um 09:05:44
@gc "Mit 16 Jahren hätte er - da seinerzeit wohl noch in Ausbildung - eine unbefristete NE nach § 35 AufenthG beanspruchen können. Offenbar hatte ihm aber niemand - weder Betreuer noch Ausländerbehörde - gesagt dass er die beantragen muss. "

Diese Antragspflicht ist mir nicht bekannt...ich bitte um Aufklärung !



Titel: Re: Strafbefehl wegen illegalen Aufenthalts
Beitrag von Reni am 14.03.2008 um 09:06:08
Ich frage mich nach deinen Ausführungen, wie alt der junge Mann ist. Wenn er noch unter 21 ist, käme ja noch Jugendstrafrecht in Betracht. Bedenkt man die Vorgeschichte, sprich, mangelnde Betreuung und Beratung, könnte man versuchen, Einspruch einzulegen, mit dem Richter zu reden und schlimmstenfalls den Einspruch zurückzuziehen. Leider gibt es viele Jugendamtsmitarbeiter, die zwar ausländische Kinder betreuen sollen, aber keine Ahnung vom Ausländerrecht haben. Wenn dann diese Kinder erwachsen sind, fehlt ihnen jegliche Information über ihre Pflichten - insofern kann ich den Fall nachvollziehen.

Titel: Re: Strafbefehl wegen illegalen Aufenthalts
Beitrag von ronny am 14.03.2008 um 09:31:47

Giesinger schrieb am 14.03.2008 um 09:05:44:
Diese Antragspflicht ist mir nicht bekannt...ich bitte um Aufklärung !  


Mir auch nicht aber evtl. werden wirja noch schlauer.

Was mich mal interessieren würde (aus dem Sachverhalt kann ich es noch nicht erkennen)  , wäre

1. ob evtl. Ausschlußgründe im Sinne von § 35 Abs. 3 gegriffen haben,

2. warum er (was auch nicht sooo grundlos geschieht) in die Verantwortung des JA gegeben wurde (was aber evtl. auch schon die Atwort auf Frage 1 wäre).

Wie man bei dem  Sachverhalt allerdings auf dieses dünne Brett kommen kann:



gc schrieb am 14.03.2008 um 00:57:43:
Dass er jetzt in Folge der Verletzung der genannten Hinweispflichten bestraft wird, Kosten für die Erneuerung des Aufenthaltstitels entstehen und möglicherweise sogar seine AE in Gefahr geraten könnte, ist m.E. ein Sachverhalt, für den ggf. auch Amtshaftungsansprüche zu prüfen sind.



erschließt sich mir ohne die ideologische Brille noch nicht . Aber ich arbeite ja auch nicht in diesem Bereich.....

Grüße
Ronny ;)

Titel: Re: Strafbefehl wegen illegalen Aufenthalts
Beitrag von Mick am 14.03.2008 um 09:41:34

ronny schrieb am 14.03.2008 um 09:31:47:
Wie man bei dem  Sachverhalt allerdings auf dieses dünne Brett kommen kann:  


Hoi,
so ganz dünn ist das Brett nicht. Kommt aber ganz
erheblich darauf an, wann der Pursche 16 geworden
ist. Vor oder nach dem 01.01.2005?

Titel: Re: Strafbefehl wegen illegalen Aufenthalts
Beitrag von gc am 14.03.2008 um 11:15:10
Ich sprach nicht von einer Antragspflicht. sondern von einer Beratungspflicht der Ausländerbehörde nach § 25 VwVfG, die den Kunden dahingehend zu beraten hatte, die seiner Situation jeweils angemessenen Anträge zu stellen.

Was z.B. nicht geht, uns aber leider allzuoft berichtet wurde: "Was wollen Sie denn gerne haben, eine Aufenthaltserlaubnis oder nur eine Aufenthaltsberechtigung/NE?" Der uninformierte Kunde meint dann, die AE wäre die für ihn bessere Variante...

Die fehlerhafte Beratung der Ausländerbehörde hat ihn vermutlich mit in die missliche Lage gebracht. Die Jugendhilfe ist kein Hinderungsgrund für die NE, § 35 III Nr. 3 AufenthG. Vor dem 1.1.2005 galt sinngemäß dasselbe für die unbefristete Aufenhaltsberechtigung, § 26 AuslG.

Etwas anderes (kein Anspruch auf Aufenhaltsberechtigung/NE) gilt nur, wenn seinerzeit eine Verurteilung zu einer Jugendstrafe (Haftstrafe, ggf. auf Bewährung) vorlag, nicht aber zu einer Erziehungsmaßregel, Jugendarrest usw. Oder er war mit 16 weder in einer Ausbildung noch einer Schule, was ich angesichts einer betreuten Jugendhilfemaßnahme aber nicht vorstellen kann.

gc

Titel: Re: Strafbefehl wegen illegalen Aufenthalts
Beitrag von proll am 14.03.2008 um 13:00:43

gc schrieb am 14.03.2008 um 11:15:10:
Die fehlerhafte Beratung der Ausländerbehörde hat ihn vermutlich mit in die missliche Lage gebracht.

Das ist doch alles reine Spekulation und nie zu beweisen. Darüber hinaus ist es derzeit in keiner Weise relevant, weil er eine befristete AE hatte, die seit 1 1/2 Jahren abgelaufen ist. Diskutiert nicht, "was wäre wenn", sondern "wie kann es jetzt weiter gehen"

Ohne AE kann er seit Jahren ausreisepflichtig sein.

Er muss sofort mit seienr ABH sprechen.

proll

Titel: Re: Strafbefehl wegen illegalen Aufenthalts
Beitrag von gc am 14.03.2008 um 13:22:21

schrieb am 14.03.2008 um 13:00:43:

Das ist doch alles reine Spekulation und nie zu beweisen. Darüber hinaus ist es derzeit in keiner Weise relevant, ....


Danke Proll,

genau das ist die Haltung zur Beratungspflicht, mit der ich ein Problem habe.

Rechtlich relevant ist eine fehlerhafte Beratung durchaus, auch dafür wie es jetzt weitergehen kann. Stichworte Verfahrensfehler, Amtshaftung, Folgenbeseitigung... Schau doch mal in die Kommentierung zu § 25 VwVfG.

Richtig ist natürlich, dass jetzt umgehend eine Verlängerung der AE bzw. eine NE beantragt werden sollte, und dass es damit sowohl im Hinblick auf den o.g. aus Verletzung des § 25 VwVfG wahrscheinlich vorliegenden Verfahrensfehler der Behörde, als auch auf die Rechte aus den ARB EU/Türkei, auf Art 8 EMRK und auf das EFA keine Probleme geben sollte Wenn doch: Anwalt aufsuchen.

gc

Titel: Re: Strafbefehl wegen illegalen Aufenthalts
Beitrag von proll am 14.03.2008 um 14:38:02

gc schrieb am 14.03.2008 um 13:22:21:
genau das ist die Haltung zur Beratungspflicht, mit der ich ein Problem habe.  

Jau, sowas liebe ich auch.
Schade gc, dass du es nicht verstanden hast.
Woher willst du wissen, dass er nicht beraten wurde ? Vielleicht wurde er beraten ud erfüllt die Voraussetzungen nicht. Vielleicht wurde er beraten und stellte keinen Antrag ?
Ekmek wird sich ohne Nachfragen an seinen Freund, wenn der sich überhaupt daran erinnern kann, hier nie zu posten können.

Und diese pauschale Unterstellung "Es wird nicht beraten" ist nicht hinnehmbar und da reitest du zu stark völlig ohne irgendwelche Beweise rum:


gc schrieb am 14.03.2008 um 00:57:43:
Scheinbar war das keine allzu qualifizierte Jugendhilfemaßnahme, und dazu noch eine Ausländerbehörde, die ihn unzutreffend beraten hat.


gc schrieb am 14.03.2008 um 00:57:43:
Dass er jetzt in Folge der Verletzung der genannten Hinweispflichten bestraft wird, Kosten für die Erneuerung des Aufenthaltstitels entstehen und möglicherweise sogar seine AE in Gefahr geraten könnte, ist m.E. ein Sachverhalt, für den ggf. auch Amtshaftungsansprüche zu prüfen sind


gc schrieb am 14.03.2008 um 11:15:10:
Die fehlerhafte Beratung der Ausländerbehörde hat ihn vermutlich mit in die missliche Lage gebracht


gc schrieb am 14.03.2008 um 13:22:21:
Rechtlich relevant ist eine fehlerhafte Beratung durchaus,  

Wenn man mir immer vorwirft ich wäre stur, was bist du dann ?

Und das Verhalten des Betroffenen, weder Pass noch AE zu verlängern und selbst nach Anzeige immer noch in Lethargie zu verharren, spricht für sich.

Also, nicht nur immer auf den bösen ABH's rumhacken. Passt nicht und bringt hier den Themenstarter nicht einen Deut weiter.

proll

Titel: Re: Strafbefehl wegen illegalen Aufenthalts
Beitrag von ekmek am 14.03.2008 um 19:33:37
Hallo,

vielen Dank an alle Teilnehmer für die rege Beteiligung!

Mein Bekannter ist heute 26 Jahre alt und seit Geburt in Deutschland. Im März 1994 wurde er vom Jugendamt (nach Gerichtsbeschluss) seiner Mutter weggenommen, weil sie ihren erzieherischen Pflichten nicht ausreichend nachgekommen war. Nur aus diesem Grund kam er in die Jugendhilfe. Er hat keinerlei Straftaten oder ähnliches begangen, auch während der Jugendhilfemaßnahme nicht.
Bis zu seiner Volljährigkeit im Jahre 2000 wurden die ausländerrechtlichen Behördengänge von seinen Betreuern der Jugendhilfe übernommen.


gc schrieb am 14.03.2008 um 11:15:10:
Ich sprach nicht von einer Antragspflicht. sondern von einer Beratungspflicht der Ausländerbehörde nach § 25 VwVfG, die den Kunden dahingehend zu beraten hatte, die seiner Situation jeweils angemessenen Anträge zu stellen.

Was z.B. nicht geht, uns aber leider allzuoft berichtet wurde: "Was wollen Sie denn gerne haben, eine Aufenthaltserlaubnis oder nur eine Aufenthaltsberechtigung/NE?" Der uninformierte Kunde meint dann, die AE wäre die für ihn bessere Variante...

Die fehlerhafte Beratung der Ausländerbehörde hat ihn vermutlich mit in die missliche Lage gebracht. Die Jugendhilfe ist kein Hinderungsgrund für die NE, § 35 III Nr. 3 AufenthG. Vor dem 1.1.2005 galt sinngemäß dasselbe für die unbefristete Aufenhaltsberechtigung, § 26 AuslG.

Etwas anderes (kein Anspruch auf Aufenhaltsberechtigung/NE) gilt nur, wenn seinerzeit eine Verurteilung zu einer Jugendstrafe (Haftstrafe, ggf. auf Bewährung) vorlag, nicht aber zu einer Erziehungsmaßregel, Jugendarrest usw. Oder er war mit 16 weder in einer Ausbildung noch einer Schule, was ich angesichts einer betreuten Jugendhilfemaßnahme aber nicht vorstellen kann.

gc

Der türkische Reisepass lief nach Volljährigkeit das erste Mal am 18.08.2001 ab. Und wurde daraufhin, damals noch von seiner Tante, bis 25.07.2006 verlängert. Gestern wurde der Pass nochmals bis 13.09.2008 verlängert.

Nachdem die dt. Aufenthaltserlaubnis, die noch über seine Betreuer erledigt wurde, am 31.12.2001 ablief, wurde am 16.01.2002 ein neuer Titel ("Aufenthaltserlaubnis") erteilt (diesmal durch seinen ersten Besuch bei der ABH), der seltsamerweise nur bis 31.12.2004 befristet war, obwohl zum damaligen Zeitpunkt der türkische Pass noch bis 25.07.2006 gültig war. Auf seine dortige Frage, warum er nicht einen unbefristeten Aufenthalt bekäme obwohl er sogar eine seit Mitte 1999 gültige unbefristete Arbeitserlaubnis hat, antwortete die ABH-Sachbearbeiterin, dass er dafür noch nicht genügend Rentenversicherungsbeiträge (mind. 60?) eingezahlt hätte. Von einer Möglichkeit einer unbefristeten NE wusste er nichts.

Die letzte AE lief mit Ablauf des Reisepasses am 25.07.2006 ab.

Selbstverständlich war er während seiner Jugendhilfezeit in der Schule, bzw. hat eine Ausbildung gemacht.

Titel: Re: Strafbefehl wegen illegalen Aufenthalts
Beitrag von thom am 14.03.2008 um 20:12:39
Nach § 26.1 AuslG musste hier zum 16. (und wohl auch zum 18. Geburtstag) unbefristet verlängert werden. Damals wurde dies aber gerne mit Bezug auf Abs.3 "Jugendhilfeleistungen" verweigert. Kann das heute tatsächlich noch relevant sein?

Jugendhilfebetreuer konnten übrigens den Antragsteller immer nur begleiten, nicht ihn vertreten, sie kennen sich im Ausländerrecht meist kaum aus und haften für Beratungsfehler nicht. Dass ein junger Mann von 26 die Befristung seiner AE so überhaupt nicht kennt, das gibts nicht.
thom

Titel: Re: Strafbefehl wegen illegalen Aufenthalts
Beitrag von thom am 14.03.2008 um 21:10:57

thom schrieb am 14.03.2008 um 20:12:39:
Nach § 26.1 AuslG musste hier zum 16. (und wohl auch zum 18. Geburtstag) unbefristet verlängert werden.
Damals wurde dies aber gerne mit Bezug auf Abs.3 "Jugendhilfeleistungen" verweigert. Kann das heute tatsächlich noch relevant sein?  

besteht dieser Rechtsanspruch fort?

Mick schrieb am 14.03.2008 um 09:41:34:
so ganz dünn ist das Brett nicht.

Titel: Re: Strafbefehl wegen illegalen Aufenthalts
Beitrag von Mick am 14.03.2008 um 21:27:35

thom schrieb am 14.03.2008 um 21:10:57:

besteht dieser Rechtsanspruch fort?

Hm, um das zu verifizieren müsste ich im Büro sein.
Und das bin ich erst nach Ostern wieder ;)
Jedenfalls gilt: Eine ABH war nach altem AuslR ver-
pflichtet auf die unbefr. AE hinzuweisen und grund-
sätzlich war eine befristete Verlängerung auch aus-
geschlossen, wenn eine unbefr. AE erteilt werden
konnte.

Nr. 24.0.4.1 AuslG-VwV:

Zitat:
Sobald die Voraussetzungen für die unbefristete Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 24 bis 26 vorliegen, darf die Aufenthaltserlaubnis grundsätzlich nicht mehr befristet verlängert werden. Die Ausländerbehörde hat die Voraussetzungen nach der Aktenlage zu prüfen. Sie soll den Ausländer dahingehend beraten, einen entsprechenden Antrag zu stellen.

Titel: Re: Strafbefehl wegen illegalen Aufenthalts
Beitrag von gc am 14.03.2008 um 21:31:36

ekmek schrieb am 14.03.2008 um 19:33:37:
Nachdem die dt. Aufenthaltserlaubnis, die noch über seine Betreuer erledigt wurde, am 31.12.2001 ablief, wurde am 16.01.2002 ein neuer Titel ("Aufenthaltserlaubnis") erteilt ..., der seltsamerweise nur bis 31.12.2004 befristet war...

Auf seine dortige Frage, warum er nicht einen unbefristeten Aufenthalt bekäme obwohl er sogar eine seit Mitte 1999 gültige unbefristete Arbeitserlaubnis hat, antwortete die ABH-Sachbearbeiterin, dass er dafür noch nicht genügend Rentenversicherungsbeiträge (mind. 60?) eingezahlt hätte. ...


Zwei Fragen:

1. Wann wurde die erste AE erteilt, und war er da in Schule oder Ausbildung?

2. War er am 16.01.2002 (zweite AE) noch in Schule oder einer Ausbildung, oder hatte er da eine Arbeit die seinen Lebensunterhalt gesichert hat?

Ist die Antwort "Ja", hätte er zum jeweiligen Termin eine unbefristete AE nach § 26 AuslG bekommen müssen. Der Hinweis auf die 60 Rentenbeiträge ist dann definitiv falsch, weil in § 26 AuslG nicht gefordert.


Die nur befristeten AE waren ggf. in beiden Fällen rechtswidrig, d.h. Beratungsfehler, Folgenbeseitigungsanspruch, Amtshaftung, § 25 VwVfG.


@ Thom: Jugendhilfe ist wie erwähnt bei Schule oder Ausbildung kein Hindernis für die unbefristete AE bzw. die NE, § 26 III AuslG, § 35 III AufenthG.


@ Proll: nur schwerste Straftaten (Haftstrafen nach JGG) kommen bei realistischer Betrachtungsweise (Ausbildung oder Schulbesuch mit 16 Jahren) und zutreffender Beratung für hier aufgewachsene Jugendliche als Ausschlussgründe für die unbefristete AE nach § 26 AuslG/§ 35 AufenthG in Betracht.

Da ich das, weil sehr unwahrscheinlich - und ja auch offenbar zutreffend - erstmal nicht unterstellen würde, dürfte hier eine wie eingangs erwähnt eine Verletzung der Beratungspflicht der ABH vorliegen.

gc


Titel: Re: Strafbefehl wegen illegalen Aufenthalts
Beitrag von ekmek am 15.03.2008 um 00:45:03

Mick schrieb am 14.03.2008 um 09:41:34:
Hoi,
so ganz dünn ist das Brett nicht. Kommt aber ganz
erheblich darauf an, wann der Pursche 16 geworden
ist. Vor oder nach dem 01.01.2005?

Er wurde 1998 16 Jahre alt.

Zu diesem Zeitpunkt war er definitiv in der Schule. Dies war er bis 1999, da er in seiner Schullaufbahn 2 Ehrenrunden drehen musste.

Titel: Re: Strafbefehl wegen illegalen Aufenthalts
Beitrag von ekmek am 15.03.2008 um 01:25:29

gc schrieb am 14.03.2008 um 21:31:36:
Zwei Fragen:

1. Wann wurde die erste AE erteilt, und war er da in Schule oder Ausbildung?

2. War er am 16.01.2002 (zweite AE) noch in Schule oder einer Ausbildung, oder hatte er da eine Arbeit die seinen Lebensunterhalt gesichert hat?

Ist die Antwort "Ja", hätte er zum jeweiligen Termin eine unbefristete AE nach § 26 AuslG bekommen müssen. Der Hinweis auf die 60 Rentenbeiträge ist dann definitiv falsch, weil in § 26 AuslG nicht gefordert.


Die nur befristeten AE waren ggf. in beiden Fällen rechtswidrig, d.h. Beratungsfehler, Folgenbeseitigungsanspruch, Amtshaftung, § 25 VwVfG.

Zur ersten Frage:
Die erste AE wurde lt. seiner Aussage im Kindesalter erteilt, 7, 8 oder 9 Jahre, er weiß es nicht mehr genau. Der entsprechende Pass ist nicht mehr vorhanden, weil er durch den jetzigen ersetzt wurde. Die früheste im jetzigen Pass dokumentierte AE wurde am 24.07.1998 erteilt (mit dem Vermerk: "Übertrag der am 08.01.1998 erteilten Aufenthaltserlaubnis") und lief am 31.12.1999 ab. Sie enthielt, wie alle folgenden AE's die Nebenbestimmung: "Selbständige oder vergleichbare unselbständige Erwerbstätigkeit nicht gestattet".

Sowohl zum Zeitpunkt der ersten als auch der AE vom 24.07.1998 war er in der Schule.

Die zweite Frage kann ich wohl erst später beantworten, da er jetzt nicht hier ist.

Titel: Re: Strafbefehl wegen illegalen Aufenthalts
Beitrag von ekmek am 15.03.2008 um 02:06:52
Im Folgenden poste ich mal den vollständigen Wortlaut des hier besprochenen Strafbefehls mit allen Paragraphen:

"Strafbefehl

Die Staatsanwaltschaft legt Ihnen folgenden Sachverhalt zur Last:

Sie sind türkischer Staatsangehöriger. Seit 26.07.2006 bis zu Ihrer polizeilichen Kontrolle am 02.12.2007 in XXX hielten Sie sich im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland, überwiegend in XXX, auf.

Die Ihnen erteilte Aufenthaltserlaubnis war bis zum 25.07.2006 befristet und nicht verlängert worden. Auch Ihr türkischer Reisepass war lediglich bis zum 25.07.2006 gültig. Sie besaßen mithin, wie Sie wussten, weder den erforderlichen Aufenthaltstitel für die Bundesrepublik Deutschland noch einen gültigen Pass oder Ausweisersatz. Sie wussten, das Sie vollziehbar ausreisepflichtig waren und Ihre Abschiebung nicht ausgesetzt war.

Die Strafverfolgung wurde gemäß § 154 a StPO auf vorstehenden Sachverhalt und die genannten Gesetzesverletzungen vorläufig beschränkt.

Sie werden daher beschuldigt,
sich im Bundesgebiet ohne den erforderlichen Aufenthaltstitel und ohne Pass oder Ausweisersatz aufgehalten zu haben,
strafbar als
unerlaubter Aufenthalt in Tateinheit mit unerlaubtem Aufenthalt ohne Pass
gemäß §§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 1, 48 Abs. 2, 95 Abs. 1 Nr. 1, 2 AufenthG, § 52 StGB.

Beweismittel:
Ihr Geständnis vom 03.12.2007

Zeugen: XXX
Urkunden: Auskunft aus dem Bundeszentralregister
Sonstiges: Auszugsweise Ablichtung der Ausländerakte

Gegen Sie wird eine Geldstrafe in Höhe von 30 Tagessätzen verhängt. Der Tagessatz wird auf 10,-- EUR festgesetzt. Die Geldstrafe beträgt somit insgesamt 300,-- EUR.

An die Stelle einer uneinbringlichen Geldstrafe tritt Freiheitsstrafe.
Einem Tagessatz entspricht ein Tag Freiheitsstrafe.
Sie haben die Kosten des Verfahrens und Ihre notwendigen Auslagen zu tragen.

Dieser Strafbefehl wird rechtskräftig und vollstreckbar, soweit Sie nicht innerhalb von zwei Wochen nach der Zustellung bei dem vorstehend bezeichneten Amtsgericht schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle Einspruch erheben.

Die schriftliche Erklärung muß in deutscher Sprache erfolgen.

Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen den anliegenden Strafbefehl können Sie innerhalb von 2 Wochen nach Zustellung Einspruch einlegen. Der Einspruch kann auf einzelne Beschwerdepunkte beschränkt werden.

Bei rechtzeitigem Einspruch findet eine Hauptverhandlung statt, falls nicht die Staatsanwaltschaft die Klage fallen läßt oder Sie Ihren Einspruch zurücknehmen.
Wollen Sie nur die Entscheidung über die Verfahrenskosten und die notwendigen Auslagen anfechten, so können Sie hiergegen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- EUR übersteigt, binnen einer Woche nach Zustellung des Strafbefehls sofortige Beschwerde einlegen.

..."

Zugegangen ist dieser Strafbefehl am 05.03.2008. Er muss also einen evtl. Einspruch so zur Post geben, dass dieser spätestens am 19.03.2008 beim Gericht eingeht.

Titel: Re: Strafbefehl wegen illegalen Aufenthalts
Beitrag von Reni am 15.03.2008 um 05:45:08
Man kann einen Einspruch erst mal fristwahrend einlegen, dann gewinnt man Zeit. Zurücknehmen ohne jede weiteren Kosten kann man ihn immer noch. In der Zeit könnte man auch einen Anwalt aufsuchen und die Sache prüfen lassen - der hätte dann auch die Möglichkeit, Akteneinsicht in die Strafakte zu nehmen und kennt meist auch die zuständigen Richter, kann also absehen, ob es sich lohnt, die Hauptverhandlung durchführen zu lassen.

Titel: Re: Strafbefehl wegen illegalen Aufenthalts
Beitrag von ekmek am 15.03.2008 um 14:48:55
Das im Folgenden Zitierte muss ich unten leicht korrigieren:

ekmek schrieb am 15.03.2008 um 01:25:29:
Zur ersten Frage:
Die erste AE wurde lt. seiner Aussage im Kindesalter erteilt, 7, 8 oder 9 Jahre, er weiß es nicht mehr genau. Der entsprechende Pass ist nicht mehr vorhanden, weil er durch den jetzigen ersetzt wurde. Die früheste im jetzigen Pass dokumentierte AE wurde am 24.07.1998 erteilt (mit dem Vermerk: "Übertrag der am 08.01.1998 erteilten Aufenthaltserlaubnis") und lief am 31.12.1999 ab. Sie enthielt, wie alle folgenden AE's die Nebenbestimmung: "Selbständige oder vergleichbare unselbständige Erwerbstätigkeit nicht gestattet".

Sowohl zum Zeitpunkt der ersten als auch der AE vom 24.07.1998 war er in der Schule.

Die zweite Frage kann ich wohl erst später beantworten, da er jetzt nicht hier ist.

Zur ersten Frage:
Er weiß nicht, wann er die erste AE seines Lebens erhielt. Der entsprechende Pass ist nicht mehr vorhanden, weil er durch den jetzigen ersetzt wurde. Bekommt man eine AE nicht bei Geburt (er wurde ja in Deutschland geboren)? Das weiß ich nicht. Wie bereits geschrieben, bekam er jedoch schon einige AE während seiner Jugendhilfezeit.
Die früheste im jetzigen Pass dokumentierte AE wurde am 24.07.1998 erteilt (mit dem Vermerk: "Übertrag der am 08.01.1998 erteilten Aufenthaltserlaubnis") und lief am 31.12.1999 ab. Sie enthielt, wie alle folgenden AE's die Nebenbestimmung: "Selbständige oder vergleichbare unselbständige Erwerbstätigkeit nicht gestattet".

Zum Zeitpunkt der AE vom 24.07.1998 war er in der Schule.


[edit]Ich füge deine zwei Folgeposts hier ein      Tippi[/edit]




[edit]Nr. 1[/edit]


gc schrieb am 14.03.2008 um 21:31:36:
2. War er am 16.01.2002 (zweite AE) noch in Schule oder einer Ausbildung, oder hatte er da eine Arbeit die seinen Lebensunterhalt gesichert hat?

Ist die Antwort "Ja", hätte er zum jeweiligen Termin eine unbefristete AE nach § 26 AuslG bekommen müssen. Der Hinweis auf die 60 Rentenbeiträge ist dann definitiv falsch, weil in § 26 AuslG nicht gefordert.


Die nur befristeten AE waren ggf. in beiden Fällen rechtswidrig, d.h. Beratungsfehler, Folgenbeseitigungsanspruch, Amtshaftung, § 25 VwVfG.

Zur zweiten Frage:

Ja, er war vom 26.11.2001 bis 21.03.2003 beschäftigt. Das hat er schriftlich. Somit also fiel der Zeitpunkt der Verlängerung der betreffenden AE genau in diese Zeit.

Auch zum Zeitpunkt der darauf folgenden Verlängerung am 23.12.2004 war er in Beschäftigung.


[edit]Nr. 2[/edit]


thom schrieb am 14.03.2008 um 20:12:39:
Nach § 26.1 AuslG musste hier zum 16. (und wohl auch zum 18. Geburtstag) unbefristet verlängert werden. Damals wurde dies aber gerne mit Bezug auf Abs.3 "Jugendhilfeleistungen" verweigert. Kann das heute tatsächlich noch relevant sein?

Das weiß ich auch nicht...  :-[

thom schrieb am 14.03.2008 um 20:12:39:
Jugendhilfebetreuer konnten übrigens den Antragsteller immer nur begleiten, nicht ihn vertreten, sie kennen sich im Ausländerrecht meist kaum aus und haften für Beratungsfehler nicht.
thom

Er wurde bei den Amtsgängen ja auch "nur" begleitet, da er ja immer unterschreiben musste.

Titel: Re: Strafbefehl wegen illegalen Aufenthalts
Beitrag von gc am 15.03.2008 um 16:39:36

ekmek schrieb am 15.03.2008 um 14:48:55:
Zum Zeitpunkt der AE vom 24.07.1998 war er in der Schule.

Zur zweiten Frage: Ja, er war vom 26.11.2001 bis 21.03.2003 beschäftigt. Das hat er schriftlich. Somit also fiel der Zeitpunkt der Verlängerung der betreffenden AE genau in diese Zeit.

Auch zum Zeitpunkt der darauf folgenden Verlängerung am 23.12.2004 war er in Beschäftigung.


Am 8.1.1998 war er vermutlich schon 16 Jahre alt, jedenfalls aber am 24.07.98. Demnach hätte ihm zu allen 3 Terminen (sofern die Jobs lebensunterhaltssichernd waren) gemäß § 26 AuslG eine unbefristete AE erteilt werden müssen.

Er ist wahrscheinlich gleich dreimal von der ABH falsch beraten worden. Der Hinweis der ABH auf 60 Rentenbeiträge war falsch, der Bezug von Jugendhilfe ist bei Schulbesuch oder Ausbildung egal, und zum Zeitpunkt der weiteren Verlängerungen dürfte die (stationäre) Jugendhilfe aus Altersgründen bereits beendet gewesen sein.

Offenbar dreimal Verstoß der ABH gegen die VwV AuslG und gegen § 25 VwVfG. Die Fehler der ABH sind m.E. sowohl im Hinblick auf die aktuell anstehende Klärung des Aufenthaltsstatus als auch im Hinblick auf den Strafbefehl relevant. Ohne diese Fehler hätte er gar kein Problem bekommen.

Sicher aufklären lässt sich das ganze allerdings nur mit Hilfe von Akteneinsichtnahme durch einen Anwalt.

gc

Titel: Re: Strafbefehl wegen illegalen Aufenthalts
Beitrag von gc am 15.03.2008 um 16:47:39

thom schrieb am 14.03.2008 um 20:12:39:
Damals wurde dies aber gerne mit Bezug auf Abs.3 "Jugendhilfeleistungen" verweigert.

Jugendhilfebetreuer ... kennen sich im Ausländerrecht meist kaum aus und haften für Beratungsfehler nicht.


Jugendhilfe ist bei Schule oder Ausbildung egal, siehe Wortlaut § 26 AuslG/§ 35 AufenhG.

Von Mitarbeitern der Jugendhilfe kann man m.E schon erwarten, dass sie sich vor einem Behördentermin über die Basics (hier: befristete/unbefristete AE?) der Ansprüche von ihnen betreuter ausländischer Jugendlicher sachkundig machen. Da reicht das Bauchgefühl nicht aus, zur Sozialarbeiterausbildung gehört nicht umsonst auch das Fach "Recht".

gc

Titel: Re: Strafbefehl wegen illegalen Aufenthalts
Beitrag von Muleta am 15.03.2008 um 16:49:35

gc schrieb am 15.03.2008 um 16:39:36:
Sicher aufklären lässt sich das ganze allerdings nur mit Hilfe von Akteneinsichtnahme durch einen Anwalt.


der dann hinsichtlich eines gesetzlichen Aufenthaltsrechts auch gleich nochmal Art. 7 ARB 1/80 prüfen sollte...

Aber wenn ich mich recht entsinne, ist für einen Anwalt kein Geld vorhanden.

Muleta

Titel: Re: Strafbefehl wegen illegalen Aufenthalts
Beitrag von thom am 15.03.2008 um 17:43:50

gc schrieb am 15.03.2008 um 16:39:36:
Er ist wahrscheinlich gleich dreimal von der ABH falsch beraten worden.

Geht es nicht eher darum, dass hier gegen das Gesetz selbst und unmittelbar verstoßen wurde? Bei Vorliegen der (wenigen) Voraussetzungen musste der AT unbefristet verlängert werden, dazu gab es gar keine Alternative.


gc schrieb am 15.03.2008 um 16:47:39:
Von Mitarbeitern der Jugendhilfe kann man m.E schon erwarten,  
...kannn man meinetwegen, ist halt ein Lottospiel, kommt aufs Niveau der Einrichtung und einzelner Personen an. Jedenfalls kannst Du Amtshaftung, VwVfG etc. pp hier komplett vergessen.

Probleme wg. Jugendhilfeleistungen gabs damals bei befristeten AT und Unbegleiteten - den Verwechsler hatte ich bereits schön durchgestrichen.
thom


Titel: Re: Strafbefehl wegen illegalen Aufenthalts
Beitrag von ekmek am 15.03.2008 um 19:14:19

gc schrieb am 15.03.2008 um 16:39:36:
Am 8.1.1998 war er vermutlich schon 16 Jahre alt, ...

Nein, er wurde erst 4 Tage (!!) später, also am 12.01.1998, 16 Jahre alt.

gc schrieb am 15.03.2008 um 16:39:36:
...jedenfalls aber am 24.07.98.

So ist es.

gc schrieb am 15.03.2008 um 16:39:36:
Er ist wahrscheinlich gleich dreimal von der ABH falsch beraten worden.

"Beraten"? So wie ich das bisherige verstanden habe, hätte es doch gar keiner Beratung diesbezüglich bedurft, da zwangsläufig die unbegrenzte AE hätte erteilt werden müssen (wie auch thom es schrieb), oder täusche ich mich?

gc schrieb am 15.03.2008 um 16:39:36:
...zum Zeitpunkt der weiteren Verlängerungen dürfte die (stationäre) Jugendhilfe aus Altersgründen bereits beendet gewesen sein.

So war es.

gc schrieb am 15.03.2008 um 16:39:36:
Offenbar dreimal Verstoß der ABH gegen die VwV AuslG und gegen § 25 VwVfG. Die Fehler der ABH sind m.E. sowohl im Hinblick auf die aktuell anstehende Klärung des Aufenthaltsstatus als auch im Hinblick auf den Strafbefehl relevant. Ohne diese Fehler hätte er gar kein Problem bekommen.

So scheint es.

Aber er hat doch, selbst wenn die ABH ein Verschulden trifft, trotzdem wissentlich eine begrenzte AE nach ihrem Ablauf nicht verlängert, worauf sich der Strafbefehl ja bezieht.
Ist es also trotzdem sinnvoll, Einspruch gegen diesen Strafbefehl einzulegen, mit Hinweis etwa auf ein Mitverschulden der ABH dadurch, dass er nicht längst im Besitz einer unbefristeten AE war? Könnte das eine Einstellung des Verfahrens bewirken?
Es geht ja bei der ganzen Sache nicht nur um den Strafbetrag von 300,- EUR, die auf lange Sicht vernachlässigbar sein dürften. Wichtiger ist es ja wohl, zu vermeiden, dass er bei Rechtswirksamkeit dann als straffälliger Ausländer gelten würde, mit allen weiteren Folgen.

gc schrieb am 15.03.2008 um 16:39:36:
Sicher aufklären lässt sich das ganze allerdings nur mit Hilfe von Akteneinsichtnahme durch einen Anwalt.

Das ist das Problem, er hat eben keinen Anwalt. Er kann sich auch keinen leisten.
Gibt es nicht irgendwelche Stellen, an die man sich wenden könnte, die sich um genau solche "sozial schwachen" Fälle, die eben nicht ausreichend finanzielle Mittel für Anwälte haben, kümmern?

Kann es vor diesem Hintergrund immer noch Sinn haben, gegen den Strafbefehl Einspruch zu erheben, wenn man sich als Laie doch sowieso nicht gut genug verteidigen kann?

Titel: Re: Strafbefehl wegen illegalen Aufenthalts
Beitrag von ekmek am 17.03.2008 um 01:29:53
Schade, dass mir offensichtlich keiner mehr auf die letzten Fragen antworten will (kann?).

Ich habe zwar, dank der eifrigen Gesprächsteilnehmer, eine Menge theoretischen Wissens über das Ausländerrecht erworben, kann es aber wohl nicht einsetzen. Dann werden wir wohl auf gut Glück einen Einspruch verfassen, der evtl. wenigstens aufschiebende Wirkung erreicht, wie eine Seite zuvor erwähnt. Wir haben ja keine Zeit mehr...

Vielen Dank für die vielen Antworten!

Titel: Re: Strafbefehl wegen illegalen Aufenthalts
Beitrag von thom am 17.03.2008 um 10:08:17
ekmek, vielleicht sagt ja noch jemand was dazu.
Ich würde angesichts der niedrigen Strafe, die m.E. keine gravierenden Folgen hat, keinen Widerspruch einlegen. Es bleibt ja, dass er seinen Pass nicht verlängert hat, unabhängig vom Titel. Leider weiß ich nicht, ob durch den Widerspruch auch eine höhere Strafe (und nach 10 Jahren noch Korrekturen am Status) möglich wären. thom

Titel: Re: Strafbefehl wegen illegalen Aufenthalts
Beitrag von Speedball am 17.03.2008 um 15:13:51

ekmek schrieb am 17.03.2008 um 01:29:53:
Es geht ja bei der ganzen Sache nicht nur um den Strafbetrag von 300,- EUR, die auf lange Sicht vernachlässigbar sein dürften. Wichtiger ist es ja wohl, zu vermeiden, dass er bei Rechtswirksamkeit dann als straffälliger Ausländer gelten würde, mit allen weiteren Folgen.  


Ein Strafbefehl über 300 € ist wie ich zuvor beschrieben habe ein sehr milder Strafbefehl. richtig ist, dass er ein Vergehen begangen hat. Aber das ist doch auch nicht zu leugnen, wenn das seine einzigste Verfehlung war.

Jede Trunkenheitsfahrt hat schlimmer folgen. Er würde nur Probleme bekommen, wenn er im selben Deliktsbereich z.B. er lässt seinen Reisepass nun wieder nicht verlängern, wieder straffällig wird.

Die Tatsache, dass dein Freund nicht direkt in AB Haft aus dem Polizeigewahrsam genommen wurde sondern wie ich denke mit einer Meldebescheinigung zu seiner zust. ALA geschickt wurde zeigt doch das seine Aufenthaltsrecht nun durch die ALA geprüft wird und eine Abschiebung nicht direkt geplant ist.

Da ich nicht alle AZR und INPOL Auszüge kenne oder besser gesagt die Ermittlungsakte der Polizei (nicht der StA) ist es schwierig direkte Aussagen zu treffen und diese Akte wirst du oder er nie sehen.


Reni schrieb am 15.03.2008 um 05:45:08:
Man kann einen Einspruch erst mal fristwahrend einlegen, dann gewinnt man Zeit. Zurücknehmen ohne jede weiteren Kosten kann man ihn immer noch. In der Zeit könnte man auch einen Anwalt aufsuchen und die Sache prüfen lassen - der hätte dann auch die Möglichkeit, Akteneinsicht in die Strafakte zu nehmen und kennt meist auch die zuständigen Richter, kann also absehen, ob es sich lohnt, die Hauptverhandlung durchführen zu lassen.  


So ganz stimmt das nicht, wir Einspruch erhoben und es kommt zur Hauptverhandlung kann man nur mit Zustimmung der StA den Einspruch zurücknehmen anderenfalls ergeht ein Urteil. Die Kosten für Zeugen wie z.B. für den Polizeibeamten der ihn Aufgegriffen hat u.s.w. würden dann noch dazu kommen.

Man muss sich nun mal Frage welche neuen Beweise Vorzubringen sind.

Er hatte nun mal keinen Aufenthaltstitel und wenn er 1998 16 Jahre alt war, war er 2007 min 25 Jahre alt also weit entfernt von Jugendhilfe u.s.w.

Tatbestandsmäßig sind § 95 (1) Nr. 1 und Nr. 2 AufenthG erfüllt und da er wusste, dass sein Pass abgelaufen ist und sein AT ist das Vorsatz.

Mit freundlichen Grüßen
Speedball

Titel: Re: Strafbefehl wegen illegalen Aufenthalts
Beitrag von ekmek am 17.03.2008 um 15:36:04
Ok, nehmen wir an, es wird kein Einspruch eingelegt.

Dann ist der Strafbefehl rechtskräftig.

Welche weiteren negativen Folgen wird das dann für ihn weiterhin haben, abgesehen davon, dass er die 300,-- EUR zahlen muss oder in den Bau geht?

Könnte er dann z.B. trotzdem noch die unbefristete AE bekommen?

Titel: Re: Strafbefehl wegen illegalen Aufenthalts
Beitrag von Speedball am 17.03.2008 um 16:52:07

ekmek schrieb am 17.03.2008 um 15:36:04:
Könnte er dann z.B. trotzdem noch die unbefristete AE bekommen?  


Könnte er.

Was hat denn seine Ausländerbehörde gesagt?

Denn so sein Strafbefehl braucht ja Zeit und die Tatzeit war 2007 als vor min 3 Monaten.

MfG Speedball

Titel: Re: Strafbefehl wegen illegalen Aufenthalts
Beitrag von Muleta am 17.03.2008 um 17:36:16

ekmek schrieb am 15.03.2008 um 19:14:19:
Das ist das Problem, er hat eben keinen Anwalt. Er kann sich auch keinen leisten.
Gibt es nicht irgendwelche Stellen, an die man sich wenden könnte, die sich um genau solche "sozial schwachen" Fälle, die eben nicht ausreichend finanzielle Mittel für Anwälte haben, kümmern?

Kann es vor diesem Hintergrund immer noch Sinn haben, gegen den Strafbefehl Einspruch zu erheben, wenn man sich als Laie doch sowieso nicht gut genug verteidigen kann?


Antrag auf Pflichtverteidigung nach 140 Abs. 2(!) StPO. Kriegt aber nur ein guter Ausländerrechtler durch.

Muleta

Titel: Re: Strafbefehl wegen illegalen Aufenthalts
Beitrag von thom am 17.03.2008 um 18:34:59

Muleta schrieb am 17.03.2008 um 17:36:16:
Kriegt aber nur ein guter Ausländerrechtler durch.  
hört sich nicht sehr erfolgversprechend an.
Was ist aber damit, dass die alte AE damals wohl hätte unbefristet verlängert werden müssen - bekommt er da noch einen Fuß in die Tür oder ist die schon lange zu?

Titel: Re: Strafbefehl wegen illegalen Aufenthalts
Beitrag von Muleta am 17.03.2008 um 19:46:34

thom schrieb am 17.03.2008 um 18:34:59:
hört sich nicht sehr erfolgversprechend an.
Was ist aber damit, dass die alte AE damals wohl hätte unbefristet verlängert werden müssen - bekommt er da noch einen Fuß in die Tür oder ist die schon lange zu?


es spricht doch einiges dafür, dass er jedenfalls ein gesetzliches Aufenthaltsrecht nach Art. 7 ARB 1/80 hatte und auch noch hat. Damit würde der Aufenthalt ohne Aufenthaltstitel in den Range einer OWi herabgestuft werden (§ 98 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG). Der fehlende Pass bleibt damit aber in der Welt.

Angesichts des langen Tiefschlafs des Betroffenen wird er wohl auf den 30 TS sitzen bleiben. Sein Aufenthaltsrecht, so denn eines besteht oder bestanden hätte, dürfte davon nicht betroffen sein. Machen die einschlägigen Hilfsorganisation in solchen Fällen wirklich noch einen Topf auf?!?!?

Muleta

Titel: Re: Strafbefehl wegen illegalen Aufenthalts
Beitrag von ekmek am 18.03.2008 um 00:15:38

Speedball schrieb am 17.03.2008 um 16:52:07:


Könnte er.

Was hat denn seine Ausländerbehörde gesagt?

Denn so sein Strafbefehl braucht ja Zeit und die Tatzeit war 2007 als vor min 3 Monaten.

MfG Speedball

Ja, so ein Strafbefehl braucht wohl Zeit, das stimmt.
Seine ABH hat noch nichts gesagt, weil er ja bisher noch nicht dort war.

Ausgenommen folgendem:
Das Landratsamt (ABH)hat sich mit Datum 11.03.2008 (Zugang: 13.03.) bei ihm schriftlich gemeldet. Dieses Schreiben hat er mir heute vorbeigebracht.

Darin wird u.a. ein Nachweis seiner Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhalts/Verdienstbescheinigung verlangt, den er nicht beibringen kann, da er, wie bereits erwähnt, vor dem 25.07.2006 (Ablauf seiner AE) seine Stelle verloren hatte und seitdem keine neue bekommen hat (wg. nicht vorhandener AE). Er lebt auch nicht von Sozialleistungen sondern ausschliesslich von Zuwendungen seiner Mutter, die nicht nachweisbar sind.

Desweiteren hat er als Anlage einen Bogen erhalten, auf dem er ankreuzen soll, ob er eine Verlängerung des Aufenthaltstitels um xxx Tage/Monate/Jahre wünscht oder eine Erteilung einer Niederlassungserlaubnis (unbefr. A`titel).
Letztere wird nach jetzigem AuslG wohl wesentlich schwieriger zu erlangen sein, als vor diesem. Darum dreht sich auch sein Problem, welches nicht vorhanden gewesen wäre, wenn er den unbefristeten AE-Titel schon längst hätte.

Titel: Re: Strafbefehl wegen illegalen Aufenthalts
Beitrag von ekmek am 18.03.2008 um 00:31:48

thom schrieb am 17.03.2008 um 18:34:59:
Was ist aber damit, dass die alte AE damals wohl hätte unbefristet verlängert werden müssen - bekommt er da noch einen Fuß in die Tür oder ist die schon lange zu?

Ja, was ist damit?

Die Bereitschaft, die entsprechende Strafe zu akzeptieren, ist vorhanden, d.h. die 30 TS werden wahrscheinlich so oder so beglichen werden (da kein entgegenlautender Ratschlag nichtanwaltlicher Seite vorliegt). Der Punkt ist eher die Folgewirkung etwa des Führungszeugniseintrags und der ausländerrechtlichen Punkte à la krimineller Ausländer und unbefristeter AE oder nicht oder gar keiner.

Titel: Re: Strafbefehl wegen illegalen Aufenthalts
Beitrag von Speedball am 18.03.2008 um 08:08:58

ekmek schrieb am 18.03.2008 um 00:15:38:
Ja, so ein Strafbefehl braucht wohl Zeit, das stimmt.
Seine ABH hat noch nichts gesagt, weil er ja bisher noch nicht dort war.  



ekmek schrieb am 15.03.2008 um 02:06:52:
Seit 26.07.2006 bis zu Ihrer polizeilichen Kontrolle am 02.12.2007 in XXX hielten Sie sich im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland, überwiegend in XXX, auf.  



ekmek schrieb am 18.03.2008 um 00:15:38:
Ja, so ein Strafbefehl braucht wohl Zeit, das stimmt.
Seine ABH hat noch nichts gesagt, weil er ja bisher noch nicht dort war.

Ausgenommen folgendem:
Das Landratsamt (ABH)hat sich mit Datum 11.03.2008 (Zugang: 13.03.) bei ihm schriftlich gemeldet. Dieses Schreiben hat er mir heute vorbeigebracht.  


Will dein Freund eigentlich hier bleiben oder nicht?

Den nach dem 02.12.2007 hätte er sich doch um eine AE oder NE bemühen müssen. Er wusste, dass er eine braucht, dies konnte natürlich nur in einen Gültigen Reisepass erteilt werden, aber wie du davor beschrieben hast hat er mit der Verlängerung auch noch eine ganze Zeit gewartet.

Ich verstehe deinen Freund nicht warum geht er nicht zur ALA und redet dort mal mit dem Sachbearbeiter z.B. mit dir zusammen. Da die ALA ihm ja bereits Briefe schreibt (was hätten sie für einen AT denn gerne?) und nicht mit der Polizei zur Abschiebung vor der Türe steht ist es für mich unverständlich wie man einfach so in den Tag hineinleben kann ohne an der Situation etwas zu ändern.

Mit freundlichen Grüßen
Speedball

Titel: Re: Strafbefehl wegen illegalen Aufenthalts
Beitrag von ekmek am 18.03.2008 um 20:30:20

Speedball schrieb am 18.03.2008 um 08:08:58:
Will dein Freund eigentlich hier bleiben oder nicht?

Den nach dem 02.12.2007 hätte er sich doch um eine AE oder NE bemühen müssen. Er wusste, dass er eine braucht, dies konnte natürlich nur in einen Gültigen Reisepass erteilt werden, aber wie du davor beschrieben hast hat er mit der Verlängerung auch noch eine ganze Zeit gewartet.

Ich verstehe deinen Freund nicht warum geht er nicht zur ALA und redet dort mal mit dem Sachbearbeiter z.B. mit dir zusammen. Da die ALA ihm ja bereits Briefe schreibt (was hätten sie für einen AT denn gerne?) und nicht mit der Polizei zur Abschiebung vor der Türe steht ist es für mich unverständlich wie man einfach so in den Tag hineinleben kann ohne an der Situation etwas zu ändern.

Mit freundlichen Grüßen
Speedball

Du hast völlig recht. Ich verstehe das auch nicht. Der Hauptgrund, den er immer genannt hat, war das fehlende Geld. Über die Folgen, die er jetzt zu tragen hat, und dass es jetzt noch mehr Geld kostet (Strafe), hatte er sich keine Gedanken gemacht.
Wir fahren da morgen zusammen hin.

Wir werden uns dann auch nach Beratungshilfe etc. erkundigen, die ihm ermöglichen könnte, sich für ganz wenig Geld darüber zu erkundigen, ob die ABH sich damals falsch oder doch richtig verhalten hat, ihm lediglich eine befristete AE zu erteilen. Dann kann man ja immer noch weiter sehen. Andere Wege fallen mir zur Zeit nicht ein, da er ja keine Zeit mehr hat.

i4a - Das Board » Powered by YaBB 2.4!
YaBB © 2000-2009. Alle Rechte vorbehalten.