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Ausländerrecht >> EU- und Schengenrecht (inclusive Besuchsaufenthalte) >> Freizügigkeitsgesetz/EU
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Beitrag begonnen von thomas2403 am 19.06.2006 um 09:41:07

Titel: Freizügigkeitsgesetz/EU
Beitrag von thomas2403 am 19.06.2006 um 09:41:07
Hallo,

eine Bekannte von mir, die russische Staatsbürgerin ist, ist mit einem Ungarn verheiratet. Ungarn ist ja bekanntlicherweise Mitglied in der EU, aber nicht im Schengener Abkommen.

Nun wollen die beiden mich in Deutschland besuchen kommen.

Was die Einreise betrifft, habe ich bisher zwei verschiedene Auskünfte bekommen: A. Meine Bekannte braucht ein Visum, weil Ungarn nicht im Schengener Abkommen ist. B. Sie braucht kein Visum, weil nach dem Feizügigkeitsgesetz sie als Ehegattin eines EU-Bürgers ein Recht auf Einreise hat.

Bei der Bürger-Hotline des Auswärtigen Amtes habe ich keine klare Antwort bekommen. Man sagte mir, ich solle bei der Deutschen Botschaft in Ungarn anrufen.

Weiß einer von Euch Bescheid? Was natürlich sein könnte, wäre Rechtsanspruch ja, aber trotzdem Visum. Oder grundsätzlicher Anspruch ja. Aber mit Ablehnungsmöglichkeit bei bspw. Zweifel an der Rückkehrbereitschaft.

Titel: Re: Freizügigkeitsgesetz/EU
Beitrag von Ulf am 19.06.2006 um 12:00:17

thomas2403 schrieb am 19.06.2006 um 09:41:07:
Hallo,

eine Bekannte von mir, die russische Staatsbürgerin ist, ist mit einem Ungarn verheiratet. Ungarn ist ja bekanntlicherweise Mitglied in der EU, aber nicht im Schengener Abkommen.

Nun wollen die beiden mich in Deutschland besuchen kommen.

Was die Einreise betrifft, habe ich bisher zwei verschiedene Auskünfte bekommen: A. Meine Bekannte braucht ein Visum, weil Ungarn nicht im Schengener Abkommen ist. B. Sie braucht kein Visum, weil nach dem Feizügigkeitsgesetz sie als Ehegattin eines EU-Bürgers ein Recht auf Einreise hat.



Nach dem Freizügigkeitsgesetz m.E. nicht oder nicht unmittelbar, aber nach dem EuGH:

"1. Artikel 3 der Richtlinie 68/360/EWG des Rates vom 15. Oktober 1968 zur Aufhebung der Reise- und Aufenthaltsbeschränkungen für Arbeitnehmer der Mitgliedstaaten und ihre Familienangehörigen innerhalb der Gemeinschaft, Artikel 3 der Richtlinie 73/148/EWG des Rates vom 21. Mai 1973 zur Aufhebung der Reise- und Aufenthaltsbeschränkungen für Staatsangehörige der Mitgliedstaaten innerhalb der Gemeinschaft auf dem Gebiet der Niederlassung und des Dienstleistungsverkehrs sowie die Verordnung (EG) Nr. 2317/95 des Rates vom 25. September 1995 zur Bestimmung der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen der Mitgliedstaaten im Besitz eines Visums sein müssen, sind im Licht des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit dahin auszulegen, dass ein Mitgliedstaat einen mit einem Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats verheirateten Staatsangehörigen eines Drittstaats, der versucht, in sein Hoheitsgebiet einzureisen, ohne über einen gültigen Personalausweis oder Reisepass oder gegebenenfalls ein Visum zu verfügen, nicht an der Grenze zurückweisen darf, wenn der Betroffene seine Identität und die Ehe nachweisen kann und wenn es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass er eine Gefahr für die öffentliche Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit im Sinne von Artikel 10 der Richtlinie 68/360 und Artikel 8 der Richtlinie 73/148 darstellt."

http://europa.eu.int/smartapi/cgi/sga_doc?smartapi!celexapi!prod!CELEXnumdoc&lg=DE&numdoc=61999J0459&model=guichett

Wenn man das unter Vorlage der Heiratsurkunde und der Wohnsitznachweise nicht ausdiskutieren will, kostenloses Visum beantragen oder nach Art. 9 ff. RL 2004/38/EG von den ungarischen Behörden eine Aufenthaltskarte ausstellen lassen.
http://europa.eu.int/smartapi/cgi/sga_doc?smartapi!celexapi!prod!CELEXnumdoc&lg=DE&numdoc=32004L0038R(01)&model=guichett

Das gilt jetzt alles für Einreise *mit dem ungarischen Gatten oder ihm nachfolgend*.

Gruß, ULF

Titel: Re: Freizügigkeitsgesetz/EU
Beitrag von Doc am 22.06.2006 um 19:23:07
Die Auslegung des Art. 21 SDÜ ist in dieser Hinsicht noch nicht ganz abschließend beurteilt.

Laut Anhang I der Beitrittsakte sind die Beitrittsstaaten sehrwohl auch Schengenstaaten, allerdings wird u.a. Art. 21 SDÜ noch nicht in den Beitrittsstaaten angewendet. Aber einige Mindermeinungen gehen eben nicht von einer Gegenseitigkeit aus, so dass für die "alten" Schengenländer Art. 21 SDÜ auch für ungarische Aufenthaltstitel anzuwenden wäre.

Allerdings hat Ulf sehr berechtigt die RL 2004/38/EG zitiert, die ab dem 30.04.2006 gilt und nach Art. 5 Abs. 2 der RL einem ansonsten visumpflichtigen Drittausländer ein Visum unverzüglich und kostenlos zu erteilen ist.

Ich kann daher nur empfehlen, ein gewöhnliches Besuchsvisum zu beantragen, weil es ansonsten bei der Einreise oder während des Aufenthaltes zu unnötigen Problemen kommen könnte.

Doc  ;)

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